Einleitung
Gerechtigkeit
Im Abschnitt 2,28–3,12 ist dreimal von „Gerechtigkeit tun“ bzw. nicht tun die Rede (2,28; 3,7.12). Sonst kommt gerecht nur noch vor in Kapitel 1,9. In Kapitel 2,3ff. ging es nacheinander um Gehorsam und Liebe. Hier nun geht es ab 3,4ff. um Gerechtigkeit und Liebe.
Definition für Gerechtigkeit
Die Erfüllung des Willens Gottes. Im Alten Testament war es die Gerechtigkeit des Volkes Israel, die Gebote Gottes zu erfüllen (5Mo 6,25). Im Neuen Testament ist es unsere Gerechtigkeit, die Gebote des Herrn Jesus zu erfüllen (Joh 13,34; 14,15.21; 15,10.12; 1Joh 3,23) oder sein Wort (1Joh 1,10; 2,5.7.14). Ungerechtigkeit ist die Missachtung des Willens Gottes.
Gerechtigkeit ist Handeln in Übereinstimmung mit Licht und Liebe, der Natur und dem Wesen Gottes. Sie sind Kennzeichen des göttlichen Lebens.
Gerechtigkeit ist das rechte Handeln in Übereinstimmung mit der neuen Beziehung, in die Kinder Gottes zu Gott gekommen sind: „Obwohl die Gerechtigkeit stets durch Gehorsam geprägt ist, ist sie doch nicht nur der Ausdruck der Unterwerfung unter die Autorität Gottes, sondern auch der Übereinstimmung mit unserer Beziehung zu ihm“ (WK). Vgl. Ungerechtigkeit in Kapitel 1,9.
Unsere Gerechtigkeit hat ein weitaus höheres Niveau als die Gerechtigkeit des Gesetzes.
Als der Herr sich taufen ließ, wollte Er alle Gerechtigkeit erfüllen. Es war damals der Weg Gottes, dass man Ihm wohlgefiel, wenn man sich taufen ließ (Mt 3,15).
Was ist charakteristisch für die neue Beziehung, in der der Gläubige zu Gott gebracht ist? Die Liebe Gottes, des Vaters. Die Liebe ging vom Vater aus.
Einteilung
Die Liebe des Vaters und die Selbstreinigung (V. 1–3)
Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit (V. 4.5)
Wer Gerechtigkeit tut ist aus Gott (V. 6–10)
Die Brüder lieben (V. 11–18)
Freimütigkeit zu Gott (V. 19–22)
Das Gebot der Bruderliebe (V. 23.24)
Vers 1
Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es. Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat: „Welch eine“ ist potaphVn: wie beschaffen (Mt 8,27; Mk 13,1; Lk 1,29; 7,39; 2Pet 3,11), nicht nur der Umfang, sondern auch die Art der Liebe. Man spürt die Freude, die darin zum Ausdruck kommt. Die Liebe des Vaters übersteigt alles Denken. Was wäre es, wenn wir uns Tag für Tag daran erfreuen könnten? Die Liebe des Vaters ist die Quelle der Gerechtigkeit, sowohl, was die Rechtfertigung betrifft als auch die Offenbarung der Gerechtigkeit im täglichen Wandel. Aus dieser Liebe schöpft der Gläubige Kraft. Diese Liebe liebt unverändert; darin unterscheidet sie sich von Zuneigungen, die sich gegenseitig bedingen.
Dass wir Kinder Gottes heißen sollen [kalevw]: rufen, berufen, herbeirufen; heißen ist zu schwach, wir sind berufen, Kinder Gottes zu sein. Die entsprechende Konsequenz ist, dass ein Kind Gottes verpflichtet ist, das in der Welt zu offenbaren.
Kinder: Kinder haben Leben aus Gott, sind aus Gott geboren. Sohnschaft ist die erhabene Stellung. Das Vater-Kind-Verhältnis stellt die Liebe vor, das Sohn-Vater-Verhältnis Einsicht und Begreifen.
„Übrigens drückt die Kindesbeziehung in der Familie viel größere Innigkeit aus als die Sohnesstellung“ (WK).
„Kinder Gottes“ finden wir zum ersten Mal in Johannes 1,12. Wer die Verwerfung Christi teilt, darf sich an der Liebe des Vaters erfreuen. Der Vater liebt seine Kinder, wie Er den Herrn Jesus liebt (Joh 17,23).
Und wir sind es: WK ist der Meinung, dass diese Wörter zum ursprünglichen Text gehören. Wir heißen nicht nur so, sind nicht nur dazu berufen, nein, wir sind es. Wer an seiner Kindschaft oder an der Liebe Gottes zweifelt, gibt sich jedem Irrtum und jeder Verführung preis. Johannes will nicht verunsichern, sondern befestigen.
Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat: Mit einem Satz erklärt Johannes das Verhältnis des Christen zur Welt. Weil die Welt Christus nicht erkannt hat, sondern verwarf, erkennt sie auch die Seinen nicht und verwirft sie. Das ist eine Bestätigung unseres Einsseins mit Christus. Alles resultiert aus der Beziehung der Liebe des Vaters zu Christus und jetzt auch zu uns: Wir stehen in der gleichen Beziehung zum Vater wie der Herr, daher teilen wir auch sein Los. Er ist nicht von der Welt, wir sind nicht von der Welt (Joh 17,14.16).
Welt [kovsmoς]: Das von Satan regierte Weltensystem.
Bekanntlich trachtet man in der Welt mit größter Anstrengung nach Macht, Ruhm, Behaglichkeit und Vergnügen. Bemühen sich nicht die meisten Menschen darum, Reichtum und etwas von der Ehre in dieser Welt zu erlangen? Geht man zu weit mit der Behauptung, dass dies auch das Trachten vieler Christen ist? (WK, S. 188).