Und er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt: Sühnung [iJlasmovς]: Es heißt hier nicht, dass der Herr die Sühnung vollbracht hat, sondern dass Er selbst die Sühnung ist. Macht uns das den Herrn nicht noch größer? Johannes sucht die Briefempfänger in eine enge Beziehung zu Christus zu führen. Das ist das Heilmittel gegen alle Verführung.
Im ganzen Neuen Testament kommt „Sühnung“ nur hier und noch in Kapitel 4,10 vor. Das Verb iJlavskomai in Lukas 18,13 (gnädig sein) und Hebräer 2,17 „[Sünden] sühnen“. Sühnung ist nicht Stellvertretung. Sühnung geschieht für alle Menschen bzw. die ganze Welt, Stellvertretung nur für die Glaubenden (vgl. 1Tim 2,6). Durch iJlasmovς wird nicht der Mensch angenehm, sondern wird Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit Genüge getan. Die Sühnung ist für Gott im Blick auf (periV) unsere Sünden. Gott hat die Sühnung bereitet. iJlasthvrion ist der Gnadenstuhl (Röm 3,25; Heb 9,5). Die Sühnung ist die Voraussetzung dafür, dass Gott Sünden vergeben kann. Die Grundlage ist das für Gott vergossene Blut; das Wasser dient zu unserer Reinigung (Joh 19,34).
Die Sühnung geschieht (a) für unsere Sünden und (b) für die ganze Welt. Dabei sind zwei Dinge wichtig: Was bedeutet hier genau Welt? Ist es die Menschenwelt oder die Welt im Sinn von Weltall (kovsmoς)? In jedem Fall müssen wir den Unterschied zwischen Sühnung und Stellvertretung beachten. Im Blick auf die Sünden von Gläubigen ist der Herr sowohl die Sühnung als auch die Stellvertretung, im Blick auf die Welt ist der Herr nur die Sühnung. Siehe auch den Unterschied zwischen erlösen und erkaufen. In diesem Sinn hat der Herr für alle Menschen den Tod geschmeckt = Sühnung (Heb 2,7-10).
Der Herr Jesus war als Sachwalter tätig:
Im Voraus hatte Er für Petrus gebetet (Lk 22,32)
Er sieht ihn an, nachdem Petrus gesündigt hatte (Lk 22,61)
Er stellt Petrus wieder her (Joh 21,15-17)
Sühnung und Stellvertretung: 1. Timotheus 2,6: Für alle [uJpeVr pavntwn] im Blick auf (= Sühnung); in Matthäus 20,28 ajntiV pollw`n = für oder anstelle von vielen (= Stellvertretung). Die Reichweite des Werkes bezieht alle Menschen mit ein, reicht für sie aus: „... gegen alle [Sühnung] und auf alle [Stellvertretung], die da glauben“ (Röm 3,22). Siehe auch die beiden Böcke in 3. Mose 16 (vgl. WK, Was von Anfang war, S. 76–78).
Anhang Fragenbeantwortung (Bible Treasury, Band N2, S. 302, Juli 1899)
Frage: War Christus ein Sühnopfer „für die Sünden der ganzen Welt“ (1Joh 2,2). Lehrt Johannes 1,29 dies? Gilt 1. Petrus 2,24 gleichermaßen für alle Gläubigen und Ungläubigen? W. R. W.
Antwort: Es kann nicht oft genug betont werden, dass „für die Sünden der“ eine Einfügung ist, die nicht nur unangebracht ist, sondern auch über die Wahrheit hinausgeht und daher falsch ist, wie alle Übertreibungen. „Für unsere Sünden“ ist eine klare Unterscheidung. „Für die ganze Welt“ ist eine ausreichende Ermutigung für die Verkündigung des Evangeliums an diejenigen, die noch im Unglauben sind, ohne die gefährliche Illusion zu rechtfertigen, dass die Sünden der ganzen Welt weg sind. Das würde natürlich dazu führen, jedem zu sagen, dass ihm vergeben ist, was im offenen Widerspruch zur allgemeinen Warnung der Schrift an alle Unbekehrten stünde. Daher ist es nicht gerecht, diesen letzten Teil des Satzes mit 1. Petrus 2,24 zu verwechseln, der eher damit zusammenhängt, dass Christus ein Sühnopfer für unsere Sünden ist. Er war unser Stellvertreter; wenn die Menschen an das Evangelium glauben, können wir und sie das von ihnen sagen. Aber Er ist ein Lösegeld für alle, denn Er ist ein Sühnopfer für die ganze Welt. Johannes 1,29 fährt fort mit dem vollständigen Wegnehmen (nicht „Tragen unserer Sünden“) der Sünde der Welt, wie es in dem neuen Himmel und der neuen Erde offenbar werden wird, wie Hebräer 9,26. Das Opfer ist bereits dargebracht und angenommen worden, aber alle seine Ergebnisse sind noch nicht eingetreten und werden noch nicht genossen. Es wird im Tausendjährigen Reich angewandt werden, und zwar vollständig im ewigen Zustand. Zu sagen, dass das Richten „nach den Werken“ nicht „Sünden“ bedeutet, ist reine Spitzfindigkeit. Die „Werke“ der Ungläubigen, der Gottlosen, sind nichts anderes als „Sünden“, für die sie, wenn sie auferweckt werden, ihren Teil im Feuer- und Schwefelsee, dem zweiten Tod, haben werden.
W. Kelly