Haltet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallt: Die gläubigen Juden erwarteten äußere Zeichen der Gunst Gottes. Sie konnten sich daher durch Drangsale und Anfeindungen niederdrücken lassen. Jakobus fordert sie auf, sich über Bedrängnisse und Nöte zu freuen. Diese Aufforderung entspricht den Glückseligpreisungen (Mt 5,3-12).
Lauter Freude [pa`san caraVn]: ganz, gesamt, jeder, in allen Stücken, gänzlich, durchaus, durchgängig, fortwährend. Sie sollen sich freuen, weil ihr Lohn in den Himmeln groß ist (Mt 5,12). Gott benutzt alle Widerwärtigkeiten zur Erziehung seiner Kinder (Heb 12,4-11). Er verwandelt Leiden in Segen. Voraussetzung ist, dass man seine Führung erbittet und das beachtet, was hier steht. Leiden treiben uns zu Gott und lassen uns seine Gemeinschaft suchen. Wir haben es mit einem Gott zu tun, ohne dessen Willen kein Spatz vom Himmel fällt (Lk 12,7). Der Eigenwille verhärtet und macht anfällig für Entmutigung und sogar Verzweiflung.
Christus ist auch darin unser Vorbild. Obwohl Er der Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut war, hatte Er zugleich eine tiefe Freude, die Er auch seinen Jüngern wünschte (Joh 15,11; 16,24; 17,13; vgl. 1Joh 1,4). – Der Herr schalt die Städte, wo seine meisten Wunder geschehen waren, und zugleich drückte Er seine Ergebenheit in den Willen des Vaters aus (Mt 11,20-30).
Meine Brüder: Hier könnte die Anrede Brüder sich noch auf das gesamte Volk beziehen. Später ist „Brüder“ eine Bezeichnung für die gläubigen, wiedergeborenen Juden (1,19; 2.1.14; 3.1; 4,11; 5,7.12.19).
Wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallt [poikivloς peirasmovς]: Prüfungen, Erprobungen, Anfechtungen mancherlei oder verschiedenartig (1Pet 1,6). Es sind nicht nur persönliche Nöte, sondern vor allem Leiden aufgrund eines gottesfürchtigen Lebens, für die Gerechtigkeit, für Christus (Mt 5,10-11).
Versuchung [peiravsmoς]: Gräz.: der Test, um Medikamente in ihrer Wirkung gegen bestimmte Krankheiten zu testen (8,501).
Verschiedene Arten von Versuchungen sind
Versuchung im guten und neutralen Sinn: die Prüfung, das Experiment, die Probe, die Erprobung; pass. (Versuchung = Anfechtung): das Versuchtwerden (besonders durch Schwierigkeiten von Gott zugelassen) (Mt 6,13; 1Kor 10,13; Gal 4,14; Jak 1,12; 1Pet 4,12; Off 3,10) u. a.
die Versuchung als eine Verlockung zur Sünde, das aktive Versuchen des Teufels (Lk 4,13; 1Tim 6,9)
die Versuchung oder Prüfung Gottes durch die Menschen (die Rebellion gegen Gott) (Heb 3,8).
In Kapitel 1 finden wir zwei unterschiedliche Arten von Versuchungen:
Versuchungen in Kapitel 1,2 | Versuchungen in Kapitel 1,13 |
zum Nutzen, zum Leben, zur Bewährung des Glaubens | zur Sünde |
von außen | von innen (aus dem Fleisch) |
führen zum Ausharren | führen zu Sünde |
wenn in Gemeinschaft mit Gott | wenn die Gemeinschaft schwach ist |
Versuchungen in Bezug auf | |
die Jünger | Mt 6,13; 26,41 |
den Herrn | Lk 4,13; 22,28; Mt 4,1; Heb 2,18; 4,15 |
Scheingläubige | Lk 8,13 |
Paulus | Apg 20,19; Gal 4,4 |
Gläubige | 1Kor 10,13; 1Tim 6,9; Jak 1,2.12-14 |
Gott | Mt 4,7; 1Kor 10,19; Heb 3,8 |
Abraham | Heb 11,17; 1Mo 22,1 |
Versuchungen vonseiten | |
Gottes | Mt 6,13; 26,41 |
des Teufels | Lk 4,13 |
der eigenen Lust | 1Tim 6,9; Jak 1,13-14; 1Kor 10 |
Ungläubiger | Apg 20,19; Jak 1,2 |
Nur echter Glaube freut sich über Versuchungen, und zwar, wenn der eigene Wille sich dem Willen Gottes gebeugt hat (vgl. Kol 1,11; Röm 5,4). Nur der Glaube sieht Gottes Hand im Leiden. Paulus hatte Wohlgefallen an jeder Versuchung, an Schwachheiten, Schmähungen, Nöten, Verfolgungen (2Kor 12,10).
Fallt [perpivptw]: Apg 27,41; „in etwas (Schlimmes) geraten oder stürzen“. Ein unbeabsichtigtes, unvorhergesehenes Ereignis.