Behandelter Abschnitt Heb 11,1-2
Einleitung
Dieses Kapitel ist eine Illustration des Zitates aus Habakuk: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ Es schließt an die letzten Verse des vorhergehenden Kapitels an. Wir fanden dort das Ausharren der Gläubigen, die Erwartung des Kommens des Herrn, das Leben des Gerechten aus Glauben, kein Zurückziehen, den Glauben zur Errettung der Seele.
Hebräer 11 ist das große Kapitel des Glaubens, so wie 1. Korinther 13 das Kapitel der Liebe ist und 1. Thessalonicher 4,13 - 5,11 das Kapitel der Hoffnung.
Jesus ist der Anführer auf dem Weg durch die Wüste (10,35–12,11)
Fragen zum Glauben:
Wie wirkt der Glaube nun, was tut er; nicht: was ist er?
Was sind seine wesentlichen Inhalte?
Wie hat der Glaube sich in den Glaubenden zur Zeit des Alten Testaments gezeigt?
Wie richtet sich der Glaube auf die Zukunft aus und wirkt er in der Gegenwart?
Einteilung Kapitel 10,35‒12,11
Bibelstelle | Inhalt | |
1. | 10,35–11,2 | Das Leben aus Glauben – wie der Glaube wirkt |
2. | 11,3–7 | Die Grundsätze des Glaubens – Glaubensmänner aus der Zeit vor der Flut: der rettende Glaube |
2.1. | 11,3 | Schöpfung (die Herrlichkeit des Schöpfers) |
2.2. | 11,4 | Abel: Rechtfertigung und Opfer |
2.3. | 11,5.6 | Henoch: Wandel (Wohlgefallen) mit Gott |
2.4. | 11,7 | Noah: Zeugnis vor der Welt und Rettung der Familie |
3. | 11,8–22 | Das Ausharren des Glaubens – Glaubensmänner aus der Zeit nach der Flut bis zum Gesetz: der sehende Glaube |
3.1. | Abrahams Glaube | |
3.1.1. | 11,8 | Gehorsam: der Glaube vertraut Gott im Blick auf das Erbteil, ohne es gesehen zu haben |
3.1.2. | 11,9.10 | Fremdlingschaft: keine irdische Sicherheit; keine Häuser; aber eine zukünftige, unsichtbare, himmlische Stadt |
3.1.3. | 11,11–16 | Das Glaubensleben Abrahams oder seiner Frau: Sara hat keine Kraft in sich selbst |
3.1.4. | 11,17–19 | Glaube an Leben aus dem Tod: (a) Geburt aus Gestorbenen, (b) Auferstehung des Geopferten: die Kraft, das Beste zu opfern |
3.2. | 11,20 | Isaak: Fernrohr in die Zukunft: Isaak segnet seine Söhne |
3.3. | 11,21 | Jakob: Auf der Höhe des Glaubens tut er einen großartigen Blick in die ferne Zukunft: Jakob segnet sterbend seine Söhne |
3.4. | 11,22 | Joseph: Glaube an die Auferstehung – er würde die Erfüllung der Verheißungen miterleben: Joseph will im Land begraben werden |
4. | 11,23–40 | Die Energie oder Kraft des Glaubens, die alle Schwierigkeiten überwindet – Glaube nach dem Gesetz: der leidende Glaube |
4.1. | 11,23–28 | Energie des Glaubens angesichts der Welt |
4.1.1. | 1123 | Moses Eltern überwanden die Furcht vor dem Pharao |
4.1.2. | 11,24–26 | Mose überwand die Freundschaft der Welt |
4.1.3. | 11,27 | Mose überwand die Feindschaft der Welt |
4.1.4. | 11,28 | Mose überwand den Verderber der Welt |
4.2. | 11,29–31 | Beginn und Ende der Wüstenreise (nicht die Reise selbst) |
4.2.1. | 11,29 | Die Rettung des Volkes, der Tod, bedeutet zugleich Gericht für die Welt |
4.2.2. | 11,30 | Durch Glauben fallen die Mauern, nicht durch Macht |
4.2.3. | 11,31 | Der Glaube Rahabs ließ sie die Seite des Volkes Gottes wählen |
4.3. | 11,32–40 | Das Volk im Land – auch hier viele Möglichkeiten des Glaubens |
5. | 11,39–12,3 | Der Wettlauf des Glaubens |
6. | 12,4–11 | Die Erprobung des Glaubens |
Eine weitere Einteilung:
Bei den Patriarchen in den Versen 4‒7 sehen wir den rettenden Glauben.
Bei den Patriarchen in den Versen 8‒22 sehen wir den sehenden Glauben.
Bei den Glaubenszeugen in den Versen 23 bis zum Schluss sehen wir den leidenden Glauben.
Das ganze Kapitel ist gleichsam ein Kommentar zu dem kurzen Satz aus Habakuk: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ Es wird uns gezeigt, dass Gott von Beginn der Menschheitsgeschichte an wohlgefällig auf den Glauben unter Seinem Volk sah. Uns scheint das einleuchtend zu sein, aber für einen Durchschnittsjuden war es zweifellos ein umwälzender Gedanke, denn für ihn waren die Zeremonien und Opfer des Judaismus das, was Gott wohlgefiel, wie auch die damit verbundenen Gesetzeswerke. Aber hier geht der Geist Gottes hinter die Handlungen der alttestamentlichen Gläubigen zurück und bringt den Glauben ans Licht, der sie antrieb und inspirierte. Ihre Werke waren nicht Werke des Gesetzes, sondern des Glaubens. In diesem Zusammenhang tun wir gut daran, unsere Erinnerung an Römer 4 und Jakobus 2 aufzufrischen, um zu beachten, wie Paulus hinsichtlich unserer Rechtfertigung die Werke des Gesetzes ausschließt und wie Jakobus auf Werken des Glaubens besteht als Beweis für die Lebenskraft des Glaubens, den wir bekennen (FBH).
Verse 1.2
Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, eine Überzeugung {o. ein Überführtsein} von Dingen, die man nicht sieht. Denn in diesem {d. h. in der Kraft dieses Glaubens} haben die Alten Zeugnis erlangt: Der Glaube ist Treue, Vertrauen, auf jemand rechnen, ihn für treu erachten. In Apostelgeschichte 17,31: Beweis, Sicherheit.
Was ist nun der Glaube? Eine Hoffnung? Nein, eine Verwirklichung (o. die Wirklichkeit) dessen, was man hofft. Glaube offenbart sich im Leben eines Gläubigen. Hier fehlt vor Glaube jeweils der Artikel: Es geht um das Wirken des Glaubens. Hoffnung und Sehen bilden in Römer 8,24-25 den Gegensatz. Hoffnung ist die Vorwegnahme zukünftiger beziehungsweise unsichtbarer Dinge. Die unsichtbaren und zukünftigen Dinge werden durch den Glauben eine Realität im Leben eines Gläubigen.
Glaube und Hoffnung stehen in sehr engem Zusammenhang. Der Glaube ist wie ein Fernrohr, mit dem man in die unsichtbare Welt und in die zukünftige Welt blicken kann. – Der Glaube macht die Hoffnung zur Wirklichkeit.
Verwirklichung [uJpovstasiς]: oder Verkörperung; (wahres) Wesen (1,3); Vertrauen (3,14), Treue, Zuversicht, feste Überzeugung, Wirklichkeit, Zuverlässigkeit, gegebenes Wort, Glaubwürdigkeit, Beweis. Ich tue etwas, was ich sonst nicht tun würde.
Überzeugung [ejvlegcoς]: Beweis, Garantie, Bürgschaft, Beweismittel, Überführung, Widerlegung, Rechenschaft, Entscheidung. Das ist die subjektive Glaubenshaltung im Gläubigen.
Zeugnis [marturevomai]: Gott hat den Alten (= frühere Generationen Israels; Mt 15,2; Mk 7,3.5), also den Gläubigen zur Zeit des Alten Testamentes, ein gutes Zeugnis gegeben (vgl. V. 4; Lk 4,22; Apg 6,3 10,22; 16,2; 22,12; 1Tim 5,10; Heb 11,39). Er hat ihren Glauben bezeugt, indem Er bestimmte Einzelheiten ihres Lebens beschrieb, an denen man ihr Handeln im Glauben erkennen kann. – Der Schreiber stellt zuerst einmal die Erzväter vor, weil sie noch nicht im Land waren. Sie mussten ausharren. Es gab viele, die diese Glaubensenergie entwickelten.
Der Glaube ist das Auge in die unsichtbare Welt (da sehen wir Gott, Christus, das Heiligtum) und in die zukünftige Welt (das gelobte Land). – Der Glaube sieht nach oben und in die Ferne (oder nach vorn). – In den Versen 8–22 harrt der Gläubige aus und erwartet das Erbe; in den Versen 23–28 finden wir die Standfestigkeit im Vertrauen auf Gott. Mose handelte, als sähe er den Unsichtbaren.
Bei der Erschaffung der Welten schaut der Glaube zurück und sieht die Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Beim Opfer schaut er ebenfalls zurück und sieht die Herrlichkeit in der Erlösung; Henoch schaute nach oben, Noah nach vorn.