Behandelter Abschnitt Heb 11,1-2
Wir kommen jetzt zu Kapitel 11. Wie schon angedeutet, bildet Kapitel 10,34 das Bindeglied zwischen den beiden leitenden Gedanken des Briefes, daß nämlich das Christentum uns innerhalb des Vorhangs und außerhalb des Lagers führt. Das heißt: es zerstört das Werk Satans, der uns von Gott entfremdete und uns heimisch machte in einer verderbten Welt. Denn das ist gerade der Zweck des Kommens Christi, das Werk Satans zunichte zu machen. Wie beeindruckend ist der Gegensatz, der sich zwischen der Schlange und dem Schlangenzertreter zeigt!
Die „große Belohnung” tritt jetzt in dem Leben des Glaubens, das wir betrachten wollen, ans Licht. Wir sind berufen, wie John Bunyan sagt, „uns männlich zu erweisen”. Von innen Glück, von außen Kampf, das ist gleichsam des Christen Losung. Hebräer 11 zeigt uns die Auserwählten aller Zeitalter, wie sie sich „männlich” erwiesen haben in der Kraft des zuversichtlichen Glaubens, der in ihnen wirkte.
Werfen wir deshalb unsere Zuversicht nicht weg; denn wir sehen hier deutlich, daß sie „eine große Belohnung” hat. Der Glaube erfaßt zwei Dinge von Gottes Seite: Zunächst sieht er in Ihm Den, der den Gottlosen rechtfertigt (wie in Römer 4), und dann eignet er sich Gott an als Den, der „denen, die Ihn suchen, ein Belohner ist”. In dem Augenblick, da man Gott ergreift durch einen Glauben, der nicht wirkt, gelangt man zu einem Glauben, der wirkt. Das mag etwas sonderbar klingen, aber es ist doch so. Demselben scheinbaren Widerspruch begegnen wir in den beiden Stellen Hebräer 11,31 und Jakobus 2,25. Mit Recht schätzen wir einen Glauben, der unsere Seelen errettet; laßt uns dann aber auch nicht gleichgültig sein hinsichtlich eines Glaubens, der unserem Heiland zu dienen begehrt. Mit wieviel Stolz behaupten wir oft unsere Rechte als Gläubige! Aber die ernste Frage lautet: Schätzen wir wirklich unser Erbteil? Es ist eine jämmerliche Sache, sich jener Rechte zu rühmen und dabei zu zeigen, daß das Herz nur wenig durch die Hoffnung auf das Erbteil bewegt wird. Ebenso traurig ist es, wenn ich mich des rechtfertigenden Glaubens rühme und dabei bezüglich des in Hebräer 11 vorgestellten Glaubens Gleichgültigkeit an den Tag lege.
„Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht”. Er war die Kraft aller Glaubenshelden im Alten Testament, die in ihm „Zeugnis erlangt haben” - ein neuer Beweis für unsere Behauptung, daß alles in diesem Brief darauf hinausläuft, das Gesetz beiseitezusetzen. Denn wäre es selbst möglich, das Gesetz als die geheime Kraft meiner Seele zu nehmen, um auf diesem Weg etwas für Gott zu tun, so wäre doch das, was ich täte, nicht für Gott, sondern für mich selbst. Das Gesetz mag mich strafen und züchtigen und mich auffordern, mir ein Anrecht an das Leben zu verdienen, aber schließlich diene ich damit doch nur mir selbst. Der Glaube setzt das Gesetz beiseite.