Und ihr seid aufgebläht und habt nicht vielmehr Leid getragen, damit der, der diese Tat begangen hat, aus eurer Mitte weggetan würde: Hier geht es nicht nur um die Sünde dieses einen Mannes, sondern um den Zustand der gesamten Versammlung. Das trifft auf jeden Zuchtfall zu. Man ist stolz, obwohl Sünde vorhanden ist. Die Korinther waren sich des Bösen nicht bewusst, obwohl es darüber hinaus sehr wohl bekannt war. Es ist Gleichgültigkeit gegenüber dem Bösen.
Aufgebläht [fusiovw]: vgl. 4,6.18.19; 8,1; 13,4; Kol 2,18: Überheblichkeit. Vine: „stolz aufgeblasen“. Mehr Schein als Sein. Waren die Korinther, statt leidzutragen, auch noch stolz auf diesen Mann, der das getan hatte? Das Eindringen des Bösen kann man nicht immer verhindern, doch die Haltung der Korinther zu dieser Sünde war noch schlimmer. Das war eine Sünde der ganzen Versammlung. Sie mussten nicht nur mit dem Bösen handeln, sondern die Sünde auch aus ihrem eigenen Herzen entfernen.
Leid tragen: Ist das Argument stichhaltig, dass die Korinther wenig über die Zucht belehrt waren? Sie hätten jedoch zumindest Leid über die Sünde im Gebet vor Gott ausdrücken können. „Demütigung und Gebet sind die Hilfsquellen derer, die Böses empfinden und noch keine Lösung wissen“ (WK). Es mag Fälle geben, wo auch wir nicht wissen, wie wir Böses behandeln sollen, doch es ist ein großer Unterschied, ob man leidträgt und sich demütigt oder nicht. In weltlichen Gerichten weinen Richter nicht, wohl aber in der Versammlung.
Aus eurer Mitte weggetan: Aus der Mitte heißt nicht nur vom Brotbrechen, sondern von jedem Kontakt des Ausgeschlossenen mit den Gläubigen. Die Versammlung ist der Tempel Gottes, und der muss rein sein. Es ist sehr betrüblich, dass böse Lehre (z. B. Leugnung der Auferstehung – Kapitel 15) usw. und Unmoral hier zusammengehen. Die Korinther hatten kein Bewusstsein für die Heiligkeit der Gegenwart Gottes in seinem Tempel, den sie ja bildeten (3,16).
Hier wird deutlich, wie falsch der Grundsatz ist, dass jeder allein verantwortlich ist für das eigene Böse und nicht füreinander (Bethesda). Dieser Grundsatz verrät ein mangelndes Verständnis für die Gegenwart Gottes in der Versammlung. Wenn Böses nicht gerichtet wird, wird man abgestumpft gegenüber dem Bösen und lässt schließlich alles zu.