Einleitung
Der Beweis der Verdorbenheit des Menschen ist mit dem vorhergehenden Kapitel nicht abgeschlossen. Durchaus nicht alle Menschen haben Wohlgefallen an denen, „die es tun“. Wenn jemand sagt, dass er sieht, bleibt seine Sünde (Joh 9,39-41).
In Kapitel 1 ging es um die Verdorbenheit der Heiden, nun geht es um die moralisch hochstehenden Heiden und schließlich um die die Verdorbenheit der Juden. Alle sind schuldig.
Einteilung
Der Maßstab des göttlichen Gerichts (V. 1‒11)
Juden und Heiden gehen trotz Gesetz oder Gewissen verloren (V. 12‒16)
Die Anklage gegen die Juden (V. 17‒29)
Vers 1
Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch, jeder, der da richtet; denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst; denn du, der du richtest, tust dasselbe: In diesem Abschnitt wird die Frage behandelt, ob es denn niemand unter den Heiden gab, der diese schrecklichen Sünden „der Barbaren“ (wie die Griechen sie nannten) verurteilte? Ja, das gab es durchaus. Man darf die Heiden nicht alle über einen Kamm scheren. Denken wir nur an die philosophischen Moralisten mit ihrer hohen Zivilisation wie zum Beispiel die Griechen mit ihrem Kodex äußerlicher Moral. Sie liebten Schönheit und Kraft und kultivierten ihre Leiber mit diesem Ziel. Das bewahrte sie vor den ausfälligen Sünden der Heiden.
Unter dem Begriff Griechen fasste Paulus all diejenigen zusammen, die zu der Zeit gebildet und kultiviert waren durch den Einfluss der griechischen Kultur (F. B. Hole).
Sie sündigten zwar nicht in der groben Weise wie die Heiden, doch im Grunde taten sie dasselbe (Mt 5,21-32). Statt Gottes Gütigkeit anzunehmen, verschlimmerten sie ihre Lage. Die Wahrheit ist, dass die Philosophen Gott nicht kennen und daher auch nicht sein Gericht.
Wir können auch an die Gründer großer Religionen denken wie Konfuzius (551–479 v. Chr.) – chinesische Staatsreligion), dann Buddha (560–480 v. Chr.) – indischer Religionsstifter und schließlich Mohammed (560–632 n. Chr.) – Begründer des Islam. Sie lehrten vor allem, dass der Mensch seine Begierden überwinden müsse. Doch worin alle diese Moralisten andere Menschen verurteilten, verdammten sie sich selbst. Sie waren ebenso verdorben und schuldig vor Gott wie alle anderen Heiden, die in den Sünden lebten, die in Römer 1 beschrieben werden.
Nicht zu entschuldigen: (vgl. 1,20). Das ist das Verachten der Gnade (2,4; vgl. Heb 10,28-29).
Verdammst du dich selbst: Kein Mensch hat das Recht, andere zu richten. Das kann allein Gott tun. Tut ein Mensch es doch, spricht er sein eigenes Verdammungsurteil aus. Außerdem kann ein Mensch nur das beurteilen, was ein anderer Mensch tut; die Motive, das, was im Herzen vorgeht, kann er nicht beurteilen, dass kann allein Gott beurteilen. Er wir das Verborgene der Menschen richten (V. 16). Die Moralisten waren doppelt schuldig: Sie anerkannten Gottes gerechtes Gericht, indem sie richteten. Trotzdem taten sie dasselbe.