Behandelter Abschnitt Röm 2,1-16
Die moralisch hoch stehenden Menschen (Kapitel 2,1–16)
„Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch, jeder, der da richtet; denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst; denn du, der du richtest, tust dasselbe“ (2,1).
Der Apostel hat im ersten Kapitel ein lebendiges Bild der schrecklichen Entartung der Menschen im Heidentum gezeichnet. Trotz seiner furchterregenden Verdorbenheit behält der Mensch die Fähigkeit, das Böse in seinen Mitmenschen zu beurteilen und zu verurteilen. Diese Fähigkeit als solche ist ein Beweis, dass wir gefallene Geschöpfe sind. Denn die Kenntnis von gut und böse wurde durch den Sündenfall „erworben“ (vgl. 1Mo 3,5). Inmitten des Heidentums entstand eine besondere Klasse von Menschen, die man Philosophen nannte. Durch die Pflege ihrer intellektuellen Fertigkeiten entwickelten diese Menschen in einem Höchstmaß gerade die Fähigkeit, das Böse zu identifizieren.
Überblick über Kapitel 2
Im ersten Teil des zweiten Kapitels (Verse 1–16) entlarvt der Apostel diese philosophischen und moralisch hoch stehenden Menschen, wo auch immer sie sich befinden mögen: unter den Heiden, den Juden oder sogar in der Christenheit. Paulus hat schon gezeigt, dass das Zeugnis der Schöpfung den Menschen ohne Entschuldigung lässt. Nun macht er deutlich, dass die Fähigkeit, das Böse zu verurteilen, den Menschen ebenso ohne Entschuldigung lässt. Denn die Fähigkeit zu besitzen, das Böse zu verurteilen, gibt doch keine Kraft, dem Bösen zu widerstehen. Insofern verurteilten diese Menschen zwar das Böse, begingen aber selbst gerade diejenigen Übel, die sie verurteilten.
Daher kommt die Frage auf: Kann mich die Fähigkeit, das Böse zu verurteilen, vor dem gerechten Gericht Gottes retten, wenn ich gerade das Übel ausführe, das ich verurteile? Auf diese Frage kann es nur eine Antwort geben: Solche Menschen werden dem Gericht Gottes nicht entfliehen.
Das bringt den Apostel dazu, vier äußerst wichtige Grundsätze zu entfalten, die dem Gericht Gottes über böse Taten und Menschen zugrunde liegen. Jedes dieser Prinzipien verurteilt den moralisch denken Menschen vollständig und setzt ihn dem Gericht Gottes aus.