Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“: Der große Unterschied zwischen dem Alten Testament und dem Neuen Testament ist dieser: Im Alten Testament forderte Gott Gerechtigkeit vom Menschen. Im Neuen Testament offenbart und schenkt Gott seine eigene Gerechtigkeit. Gott konnte im Alten Testament seine ganze Gerechtigkeit nicht offenbaren, denn das hätte für die Menschen Gericht bedeutet. Die völlige Offenbarung [ajpokaluvpsiς] der Gerechtigkeit ist erst durch das Werk Christi möglich geworden. Im Gericht über den Sohn Gottes sehen wir die unverminderte Gerechtigkeit Gottes. Darum kann Gott in Gnade jedem Menschen „aus Glauben zu Glauben“ seine eigene Gerechtigkeit schenken.
Gerechtigkeit Gottes: Das ist das Gerechtsein und das gerechte Handeln Gottes. Im Besonderen hat sich die Gerechtigkeit Gottes in der Auferweckung (Joh 16,8) und in der Verherrlichung Christi erwiesen. Denn Christus hat Gott vollkommen in der Welt verherrlicht (Joh 17,4; 13,31-32). Vergleiche „gerechter Vater“ in Johannes 17,25.
Christus aber hat als Mensch Gott vollkommen verherrlicht in allem, was er ist, und Gott hat ihn nach seiner Gerechtigkeit verherrlicht. Das Evangelium nun verkündigt diese Gerechtigkeit Gottes, nämlich dass Christus in dem, was er für uns getan hat, Gott verherrlicht hat und daher als Mensch verherrlicht ist und, mit göttlicher Herrlichkeit bekleidet, zur Rechten Gottes sitzt, und ferner, dass unsere Stellung vor Gott die Folge ist von dem, was Christus getan hat. Unsere Rechtfertigung und Verherrlichung ist ein Teil der Gerechtigkeit Gottes, weil das, was Christus getan hat, um Gott zu verherrlichen, für uns getan worden ist. Wir sind Gerechtigkeit Gottes in ihm (2Kor 5,21). Christus würde die Frucht seines Werkes verlieren, wenn wir nicht bei ihm in der Herrlichkeit sein würden, als die Frucht der Mühsal seiner Seele, nachdem er alles, was in Gott ist, verherrlicht hat, obwohl wir in uns selbst durchaus unwürdig sind (JND).
Aus Glauben: auf dem Grundsatz des Glaubens, hier als Gegensatz zum Gesetz, den Werken des Gesetzes. Sogar im Alten Testament galt bereits der Grundsatz, dass der Gerechte aus Glauben (ejk pisteoς) leben würde (Hab 2,4; vgl. Gal 3,11; Heb 10,38).
Zu Glauben: Das bedeutet: für alle, die glauben. Somit sind die Segnungen des Evangeliums nicht allein auf Israel beschränkt (Röm 3,22), sondern werden allen überall zuteil, wo Glaube vorhanden ist.
Gerechtigkeit: kommt vor in
Die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes bedeutet nicht das Einpflanzen in den Menschen (seine neue Natur usw.), sondern das gerechte Handeln Gottes im Blick auf die Sünde und den Sünder. Es ist gerecht von Gott, dem Sünder zu vergeben, ihm neues Leben zu schenken, ihn mit Christus in die himmlischen Örter zu versetzen, weil Christus die Grundlage dazu auf dem Kreuz gelegt hat. Christus hat Gott dort so verherrlicht, dass Er alles geben kann. Durch Gesetzeswerke konnten wir nichts erlangen. Der Mensch konnte überhaupt nichts tun, Gott hat alles getan.
Die Verse 1–17 sind eine Einleitung zum Brief an die Römer. Nun beginnt Paulus mit seinem eigentlichen Thema und zeigt, dass Heiden und Juden vor Gott gleich schuldig sind. Die Juden schauten wegen ihrer bevorrechtigten Stellung auf die Heiden herab, und die Heiden hätten sich ihrerseits damit entschuldigen können, dass sie nichts von Gott wussten. Dieser Abschnitt beweist das Gegenteil! Sie hatten Kenntnis von Gott – wenn auch nicht in dem Maß wie die Juden –, sie haben aber nicht entsprechend dieser Kenntnis gehandelt (V. 19.20.28.32).
Hier haben wir den Abschnitt, die auf die vieldiskutierte Frage bezüglich der Verantwortung der Heiden eingeht. Was ist mit den Heiden? Einige Tatsachen treten hier sehr deutlich zutage.
Jene Völker, die jetzt Heiden sind, kannten Gott einst. Die Entwicklung der Menschheit hat nicht von der Vielgötterei zum Glauben an einen Gott geführt, wie einige Träumer uns glauben machen wollen, sondern genau umgekehrt. Sie sind aus dem Licht in die Finsternis hinabgesunken. Einst „kannten sie Gott“ (V. 21), doch es ist eine Tatsache, dass „sie es nicht für gut fanden, Gott in Erkenntnis zu haben“ (V. 28).
Der ursächliche Grund dieses Abfallens lag darin, dass sie Gott nicht die Ehre geben wollten, die Ihm gebührte. Vielmehr wünschten sie, sich selbst als Weise auszugeben, wie wir in den Versen 21 und 22 sehen. Kurz ausgedrückt war Stolz die Wurzel, und Gott hat bewirkt, dass sie zu Narren geworden sind.
Ihr Abstieg erfolgte stufenweise. Zuerst waren da ihre törichten Überlegungen, dann die Verfinsterung des Verstandes, dann grober Götzendienst, abscheuliche Sünden, durch die sie unter die Stufe des Tieres sanken. Jede Generation übertraf die Torheiten der vorhergehenden und hieß damit das frühere Abweichen gut.
In diesen Zustand sind sie unter der Regierung Gottes geraten. Dreimal hintereinander finden wir den Ausdruck: „Gott hat sie dahingegeben ...“ Wenn die Menschen nicht mehr an Gott denken wollen und Ihm den Rücken kehren, dann haben sie auch keinen Grund zur Klage, wenn Er sie dahingibt. Wenn sie Gott aufgeben und damit auch das Gute, dann finden sie sich natürlicherweise allem überlassen, was böse und entwürdigend ist. Es gibt eine Ironie der Gerechtigkeit bezüglich der Regierung Gottes.
Der letzte Punkt in dieser schrecklichen Tragödie ist, dass sie wohl wissen, dass ihre Praktiken schuldhaft und todeswürdig sind, und doch fahren sie nicht nur fort damit, sondern lassen sich von ihnen völlig in den Bann zu ziehen. Sie ergötzen sich so sehr daran, dass sie an anderen Gefallen haben, die ebenso wie sie in diesen Sünden leben (nach F. B. Hole).