Behandelter Abschnitt Lk 1,1-4
Einleitung
Dieses Evangelium könnte überschrieben werden mit: Die Gnade kennt keine Schranken. Es ist das Evangelium der Entfaltung rettender, himmlischer, ewiger Gnade und Barmherzigkeit. Die Menschen werden gesehen als Gefäße der Gnade. Daher kann die Gnade auch nicht auf ein Volk beschränkt sein, sondern erstreckt sich zu allen Völkern, zu allen Menschen (Tit 2,11).
Der Herr Jesus wird nicht nur in den Evangelien auf verschiedene Weise (König, Prophet, Mensch, Sohn Gottes) vorgestellt, sondern Gott offenbart sich auch in Ihm auf verschiedene Weise. Auch die Menschen werden in den Evangelien auf verschiedene Weise vorgestellt: In Matthäus geht es hauptsächlich um Israel, dann auch um die Versammlung. In Markus sind die Gläubigen ebenfalls Diener. In Johannes sind die Gläubigen die Familie Gottes und in Lukas haben wir die Offenbarung der Gnade Gottes an eine verlorene Menschheit. Die Gläubigen sind da die Empfänger der Gnade und Barmherzigkeit Gottes, d. h. vor allem auch, was Gott aus den Gläubigen machen wollte = Menschen des Wohlgefallens (vgl. Lk 2,14; vgl. Eph 1,6).
Das Lukas-Evangelium ist eine Einleitung zu den Schriften des Apostels Paulus, der uns insbesondere die himmlische Stellung der Christen beschreibt. So sehen wir
wie der Herr Jesus in Kapitel 9 zusammen mit Mose und Elia in die Wolke eintritt (ein Bild der Gegenwart Gottes, wo seine Herrlichkeit ist) – Mose uns Elia sind dort ein Bild der Versammlung
wie die Siebzig in Kapitel 10 zurückkehren und der Herr ihnen sagt, dass sie sich vor allem darüber freuen sollen, dass ihre Namen in den Himmeln angeschrieben sind
dass die Jünger Dinge sehen und hören durften, die Propheten und Könige nicht sehen konnten = das ist vor allem das himmlische Teil (10,23.24)
den unter die Räuber Gefallenen, der einen Platz in der Herberge bekommt (10,34)
Maria sitzt zu den Füßen des Herrn und hört auf seine Worte: das gute himmlische Teil (10,42)
In Kapitel 11 finden wir das Gebet (V. 1–13) und den Heiligen Geist (V. 14–26).
In Kapitel 1–3 erstreckt sich die Gnade auf die Treuen in Israel, ab Kapitel 4 auf die ganze Erde. Die Gnade bleibt glücklicherweise nicht auf ein Volk beschränkt (Tit 2,11). Die Verheißungen galten allerdings nur Israel, und deshalb geht es zuerst um Israel. Doch wir sehen Israel in einem traurigen Zustand, unter der Macht der Völker und der Sünde.
Der Sohn Zacharias und Elisabeths bekommt den Namen Johannes (= Jahwe ist gnädig), Maria ist die Begnadigte, die Gnade bei Gott gefunden hat.
Zur Zeit der Abfassung des 1. Briefes an Timotheus (5,18; Lk 10,7) galt dieses Evangelium als Wort Gottes („die Schrift“).
Kennzeichnende Stellen in Lukas: die Worte der Gnade des Herrn (Lk 4,22); ein großer Prophet ist erweckt, und Gott hat sein Volk besucht (7,16); alle erstaunten über die herrliche Größe Gottes (9,43).
Lukas war ehemaliger ein Heide (Kol 4,14: geliebte Arzt). Lukas ist der einzige nicht-jüdische Schreiber eines biblischen Buches (d. h. von zwei Büchern: Lukas und Apostelgeschichte). Als Arzt schreibt er, wie Gott als der große Arzt die durch die Sünde geschlagenen Wunden heilen kann. Lukas war ein Begleiter des Apostels Paulus. Lukas kannte die Lehre von Paulus sehr gut.
Das Lukasevangelium ist die Einleitung zu den Schriften von Paulus. Hier finden wir die Sohnschaft. Die Gläubigen sind
Söhne des Höchsten (6,35)
Söhne des Lichts (16,8)
Söhne der Auferstehung (20,36)
Söhne Gottes (20,36)
Mail von Wim Hellendoorn
Liebe Freunde,
es haben schon viele Bibelleser über die Reihenfolge der Begebenheiten im Lukas-Evangelium nachgedacht. Lukas teilt Theophilus und uns ja gleich in 1,3 mit, dass er alles „der Reihe nach“ geschrieben hat. Damit kann nicht nur die chronologische Reihenfolge gemeint sein, denn die wird nicht immer eingehalten. Als wir in Berlin in der Wortbetrachtung das Lukas-Evangelium betrachtet haben, habe ich oft versucht, herauszufinden, was die aufeinanderfolgenden Begebenheiten verbindet. Ich bin nur selten zu brauchbaren Ergebnissen gekommen. Ein Ergebnis möchte ich hier mitteilen, es betrifft die Kapitel 14 und 15. Erstens verbindet diese beiden Kapitel das wiederholte Motiv „Mahlzeit“:
Der Herr ist selbst zu einer Mahlzeit geladen
Er gibt dort das Gleichnis vom Hochzeitsmahl
und belehrt Seine Mitgeladenen darüber, wie man ein Mittagsmahl machen sollte
darauf ruft ein Tischgenosse aus: „Glückselig, wer Brot essen wird im Königreich Gottes!“
dann kommt das Gleichnis vom großen Gastmahl
Kap. 15 besteht aus 3 Gleichnissen, von denen das letzte mit einem großen Festessen endet.
Es gibt aber einen weiteren Gesichtspunkt, der weniger ins Auge fällt. Zunächst ist der Herr bei einem der Obersten der Pharisäer im Haus, also in gehobenen Kreisen. Dieser Abschnitt endet mit der Aussage: „... dass keiner jener Männer, die geladen waren, mein Gastmahl schmecken wird“; also mit einer Verurteilung. In dem zweiten Abschnitt „gingen große Volksmengen“ (14,25) mit Ihm, die Zuhörerschaft ist also deutlich weniger gehoben. Dieser Abschnitt endet mit dem Aufruf „wer Ohren hat, zu hören, der höre!“. Im dritten Abschnitt näherten sich Ihm „alle Zöllner und Sünder, um Ihn zu hören“; dieser letzte Zusatz ist, mit dem eben zitierten Aufruf verbunden, natürlich sehr bedeutsam. Es braucht uns also nicht zu wundern, dass gerade dieser Abschnitt, wo der Herr mit den unansehnlichsten Volksschichten verkehrt, mit einem großen Festessen schließt: „man müsste doch fröhlich sein und sich freuen“.
Einteilungen zum Lukasevangeliums
Kapitel | Inhalt |
---|---|
1–2 | Vorwort – Geburt und Kindheit Jesu |
3,1–4,13 | Johannes der Täufer – Taufe Jesu und seine Versuchungen |
4,14–9,50 | Jesu Wirken in Galiläa |
9,51–19,27 | Jesu Weg nach Jerusalem |
19,28–21,38 | Jesu Wirken in Jerusalem |
22–24 | Leiden, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu |
Kapitel | Inhalt | |
1 | 1,1–4 | Einleitung |
2 | 1,5–2,52 | Vorgeschichte – Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers und Jesu – Geburt des Täufers – Darstellung Jesu im Tempel – der 12-jährige Jesus im Tempel |
3 | 3,1–4,13 | Einleitung zum öffentlichen Wirken Jesu – das Wirken des Täufers – die Taufe Jesu und seine Versuchungen |
4 | 4,14–9,50 | Das Wirken Jesu in Galiläa |
5 | 9,51–19,27 | Das Wirken Jesu auf der langen Wanderung nach Jerusalem |
6 | 19,28–21,38 | Jesu Einzug in Jerusalem und sein letztes Wirken |
7 | 22,1–24,53 | Das Leiden und die Auferstehung Jesu |
Kapitel 1
Einleitung
Die Kapitel 1 und 2 berichten Ereignisse in Verbindung mit der Geburt und der Jugend Christi.
In den Kapiteln 1 und 2 sehen wir einen Überrest der Gnade unter dem Volk. Hier lernen wir gottesfürchtige Menschen unter dem Volk Israel kennen: Zacharias, Elisabeth, Joseph, Maria, Simeon, Anna. In Kapitel 2 auch die Hirten im Feld.
Die Gnade ist zwar für das ganze Volk bestimmt, doch nur die Treuen nehmen sie an.
Obwohl Lukas, ein ehemaliger Heide, an Theophilus, einen Mann aus den Heiden, schreibt und dadurch zeigt, wie die Gnade zu allen Menschen ausgeht, zeigt er doch zuerst einmal, wie sich diese Gnade einem Überrest in Israel zuwendet (Kap. 2 und 3). Das findet man übrigens auch bei Paulus: zuerst den Juden und dann den Nationen. So sehen wir hier einen siebenfachen Überrest: Zacharias und Elisabeth, Joseph und Maria, Simeon und Anna und schließlich die Hirten auf dem Feld von Bethlehem.
Einteilung1
Einleitung (V. 1–4)
Die Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers (V. 5–25)
Maria wird die Geburt Jesu angekündigt (V. 26–38)
Marias Besuch bei Elisabeth (V. 39–45)
Maria erhebt den Herrn (V. 46–56)
Die Geburt des Johannes (V. 57–66)
Zacharias erhebt den Herrn (V. 67–80)
Verse 1–4
Da es ja viele unternommen haben, eine Erzählung von den Dingen zu verfassen, die unter uns völlig geglaubt werden, 2 so wie es uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind, 3 hat es auch mir gut geschienen, der ich allem von Anfang an genau gefolgt bin, es dir, vortrefflichster Theophilus, der Reihe nach zu schreiben, 4 damit du die Zuverlässigkeit der Dinge erkennst, in denen du unterrichtet worden bist: Lukas war sehr gut über all die Ereignisse informiert, die er beschreibt. Er hat den Herrn nicht persönlich kennengelernt.
Diener des Wortes: Spricht Lukas hier von Menschen, die den Herrn Jesus, der das Wort Gottes ist, begleitet und Ihm gedient haben?
Von Anfang an genau gefolgt: Lukas hat alles exakt geprüft, was er über den Herrn gehört hat. Er hat vor allem die Geburt, das Aufwachsen Jesu und so weiter beschrieben. Allein Lukas schreibt von der Jugend des Herrn. Diese genaue Untersuchung schließt nicht die Inspiration des Geistes Gottes aus.
Theophilus: von Gott geliebt. Auch er war wahrscheinlich ein Heide. Einer derer, die die Gnade Gottes empfangen haben. Lukas wollte ihm die Zuverlässigkeit des christlichen Glaubens beschreiben. So können alle Menschen weltweit die Gnade Gottes kennenlernen.
Der Reihe nach: Das bedeutet nicht zwangsläufig chronologisch. Lukas ordnet die Ereignisse häufig nach moralischen Gesichtspunkten. Das ist geradezu ein Beweis der Inspiration.
1 Angelehnt an die Einteilung auf www.bibel-online.net.↩︎