Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König wird zu dir kommen: Gerecht und ein Retter {eig. ein mit Rettung Begabter} ist er, demütig {eig. gebeugt, o. elend; die Septuaginta liest: sanftmütig} und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Füllen, einem Jungen der Eselin: Jerusalem soll den Herrn freudig empfangen. Nun ist die Zeit vorbei, wo Jerusalem so viel Elend gesehen hat. Das ist natürlich zuerst einmal das erste Kommen Jesu, wo Er in die Stadt einzog. Doch damals hat die Stadt Ihn verworfen.
Dein König: In Psalm 2 nennt Gott ihn „meinen König“. Er kommt nun, um auf dem Thron seines Vaters David zu sitzen. Sein Reich wird kein Ende haben (Lk 2,32-33; vgl. Jes 9,7-8).
Gerecht und ein Retter ist er: Das ist die Grundlage seiner Regierung. Diese Gerechtigkeit hat der Herr Jesus in seinem Leben offenbart. Er hat alle Gerechtigkeit Gottes erfüllt (Mt 3,15). Die symbolische Sprache in Offenbarung 1 unterstreicht diese Tatsache. Wie gut, dass wir Ihm unser persönliches Leben anbefehlen dürfen. In seinen vollkommenen Händen ruht alles.
Er ist nicht nur gerecht, sondern zugleich ein Retter7: Er hat das Werk der Errettung vollbracht und dem Volk Heil gebracht. So wie in dieser Zeit jeder Mensch das Werk der Errettung für sich in Anspruch nehmen darf, so wird Er bald die Stadt Jerusalem, ja, sein Volk Israel, aus größter Not erretten (vgl. Lk 1,67-75; 2,29-32). Er wird Frieden für alle Nationen bereiten (V. 10).
Demütig, und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Fohlen, einem Jungen der Eselin: Der größte Herrscher aller Welt ritt als Zeichen seiner Demut auf einem Esel in Jerusalem ein, nicht auf einem Pferd, dem Zeichen der Kraft und des Sieges (Off 19,11-16). Zugleich ist das noch ungezähmte Fohlen, auf dem der Herr reitet, ein Symbol der ehemals widerspenstigen Stadt. Nun findet Er bei seinem Eintritt in die Stadt nicht mehr einen „störrischen Esel“ – „auf dem kein Mensch je gesessen hatte“ (Lk 19,30) – vor, sondern ein williges Volk, das bereit ist, Ihn aufzunehmen (Ps 110,3). Die Söhne der Propheten ritten auf Eseln (Ri 10,4; 12,14). Aus der Geschichte ist kein Beispiel bekannt, wo ein Herrscher auf einem Esel geritten wäre. – Die Demut ist sein besonderes Kennzeichen. Er hat von sich selbst gesagt, dass Er demütig und von Herzen sanftmütig ist (Mt 11,29). Er zog nicht in Jerusalem ein, um zu herrschen, sondern sich ans Kreuz hängen zu lassen.
Ein Vergleich dieses Zitates im Neuen Testament macht deutlich: In Matthäus sind die Worte „gerecht und ein Retter ist er“ weggelassen. In Johannes fehlt „demütig“. In Matthäus betrat der Herr die Stadt nicht in Gerechtigkeit, sondern in Gnade; Er würde die Grundlage der Errettung erst noch legen müssen; wohl betrat Er die Stadt als der vollkommene demütige Diener. Beide Evangelisten schreiben nichts von der Freude Zions. Matthäus sagt: „Sagt der Tochter Zion“ und Johannes „Fürchte dich nicht“. Die Zeit der Freude konnte damals noch nicht anbrechen.
Was für eine Tragik für Jerusalem und seine Bewohner. Hier hatten sie eine deutliche Prophezeiung, Jahrhunderte zuvor verheißen, und doch haben sie diesen demütigen König verworfen. Echte Demut ist in der Welt nicht gefragt. In Zukunft kommt der Herr Jesus nicht auf einem Esel reitend, sondern kommt Er mit den Wolken des Himmels (Mk 14,62; Dan 7,13).
7 JND hat hier: „and having salvation; the Niphal would have a certain reflexive force here - ,having‘ or ,bringing Salvation by himself:‘ cf. Heb 1,3.“↩︎