Einleitung
In diesem Kapitel finden wir einen Klagegesang, der noch bitterer ist als der vorhergehende. In Kapitel 1 geht es vor allem um die äußeren Umstände, hier geht es mehr um den Zorn Gottes. In Kapitel 1 ging es um die Einsamkeit Jerusalems, hier in Kapitel 2 steht die Zerstörung im Mittelpunkt.
Nicht Babylons Wut hat Jerusalem zertrümmert, sondern das gerechte Gericht Gottes. Die heilige Stadt ist zur unheiligen Stadt geworden; Er hat sie vom Himmel zur Erde erniedrigt.
Einteilung
Schilderung des Unheils, von dem Land und Volk und besonders Jerusalem betroffen sind (V. 1‒10)
Gedanken und Empfindungen Jeremias und der Außenwelt: Gott hat seinen Ratschluss ausgeführt (V. 11‒17)
Aufforderung an Zion, zu Gott um Erbarmen zu schreien (V. 18‒22)
Vers 1
Wie umwölkt der Herr [adonai] in seinem Zorn die Tochter Zion! Er hat die Herrlichkeit20 Israels vom Himmel zur Erde geworfen, und hat des Schemels seiner Füße nicht gedacht am Tag seines Zorns: Jerusalem scheint kein Licht. Es ist der Zorn des Herrn (= Adonai), des Gebieters.
Vom Himmel zur Erde geworfen: Ein größerer Fall als vom Himmel zur Erde ist nicht denkbar. Jerusalem war sehr hoch erhöht, nun ist die Stadt sehr tief erniedrigt. Von der sehr bevorrechtigten Stadt Kapernaum, wo der Herr Jesus ein Haus hatte, lesen wir:
Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht worden bist, bis zum Hades wirst du hinabgestoßen werden; denn wenn in Sodom die Wunderwerke geschehen wären, die in dir geschehen sind, es wäre geblieben bis auf den heutigen Tag (Mt 11,23).
Die Herrlichkeit Israels ist vom Himmel auf die Erde geworfen ‒ Jerusalem wird einmal wiederhergestellt werden. Kapernaum wird bis zum Hades hinabgestoßen. Der Herr hatte in dieser Stadt gewohnt und dort viele Wunder getan.
Schemels seiner Füße: Das ist eine Bezeichnung für den Tempel.
20 O. Zierde.↩︎