Behandelter Abschnitt Klgl 2,1-5
Es ist bemerkt worden, dass die Einsamkeit Jerusalems das herausragende Empfinden ist, das in der Eröffnung dieser Gedichte zum Ausdruck kommt. Hier finden wir ihre Zerstörung in den stärksten Ausdrücken und mit großer Ausführlichkeit ausgebreitet. Bild reiht sich an Bild, um die Vollständigkeit der Zerstörung auszudrücken und wie der Herr sein eigenes, auserwähltes Volk, seine Stadt und seinen Tempel hingegeben hatte, und zwar umso schrecklicher, als Er in seiner eigenen Natur und Absicht unwandelbar sein muss. Keiner empfand die Wahrheit seiner Liebe zu Israel mehr als der Prophet; und gerade deshalb konnte keiner die unvermeidlichen Schläge seiner Hand so tief empfinden, da Er gezwungen war, ein Feind derer zu sein, die Er am meisten liebte.
Wie umwölkt der Herr in seinem Zorn die Tochter Zion! Er hat die Herrlichkeit Israels vom Himmel zur Erde geworfen und hat des Schemels seiner Füße nicht gedacht am Tag seines Zorns. Der Herr hat schonungslos vernichtet alle Wohnstätten Jakobs; er hat in seinem Grimm niedergerissen die Festung der Tochter Juda; zu Boden geworfen, entweiht hat er das Königtum und seine Fürsten. In Zornglut hat er abgehauen jedes Horn Israels; er hat seine Rechte zurückgezogen vor dem Feind und hat Jakob in Brand gesteckt wie ein flammendes Feuer, das ringsum frisst. Seinen Bogen hat er gespannt wie ein Feind, hat mit seiner Rechten sich hingestellt wie ein Gegner und alle Lust der Augen getötet; in das Zelt der Tochter Zion hat er seinen Grimm ausgegossen wie Feuer. Der Herr ist wie ein Feind geworden. Er hat Israel vernichtet, vernichtet alle ihre Paläste, seine Festungen zerstört; und bei der Tochter Juda hat er Seufzen und Stöhnen gemehrt (2,1–5).