Einleitung
Einteilung
Kapitel 1–6: beschreiben die Rückkehr der Weggeführten und den Bau des Tempels unter Serubbabel und Jeschua
Kapitel 7–10: die Mission Esras (Demut und Gehorsam)
Der Schreiber des Buches
Esra ist der Schreiber dieses Buches; er hat allerdings die ersten sechs Kapitel nicht miterlebt.
Babylon
Babylon, wohin die beiden Stämme weggeführt worden waren, war gefallen (Jes 13; 14). Prophetisch ist der Fall Babylons ein Bild des Niedergangs der Macht der „Nationen“, die von Christus selbst zerstört werden wird. Kores [Cyrus] ist Gottes Werkzeug dazu und daher ein Bild von Christus (Jes 41,2-5; 44,28; 45,1; 48,14).
Die Zurückgekehrten sind ein Bild des künftigen Überrestes; das Volk ist hier allerdings noch „Lo-Ammi“ und steht unter der Herrschaft heidnischer Herrscher (9,9; Neh 9,36). Daher greift Gott auch nicht auf direkte Weise ein, sondern verwirklicht seine Pläne mittels dieses heidnischen Herrschers. Das Buch Esra ist ein Beispiel dafür, dass Gott die Herzen der Könige lenkt wie Wasserbäche (Spr 21,1).
Das Haus Gottes
Das hervorstechende Merkmal dieses Buches ist das Haus Gottes (in Nehemia ist es die Stadt). Dieses Thema durchzieht das gesamte Wort Gottes wie ein goldener Faden. Erstes Vorkommen: 1. Mose 12 (Bethel: Haus Gottes); letztes Vorkommen in Offenbarung (die Hütte Gottes auf der neuen Erde). Der erste Gedanke ist der des Wohnens. Gott möchte bei dem Menschen wohnen.
Das nächste hervorstechende Merkmal ist, dass seine Wohnung ein Ort der Begegnung (des Zusammenkommens) ist. Und wer Gott naht, kommt mit einem Opfer. Die Wohnung ist zugleich ein Heiligtum oder ein Tempel, wo Gott gedient wird (2Mo 25,1‒8).
Uns interessiert meist die Frage, wie wir bei Gott einmal im Himmel wohnen können. Doch Gott möchte in der Mitte eines erlösten Volkes wohnen. In 1. Mose 28 sehen wir bei Jakob, dass Gott segnend bei dem Menschen gegenwärtig sein möchte. Gott ermutigt Jakob dort. Als Israel aus Ägypten ausgezogen war, sangen sie als Erstes: „Dieser ist mein Gott, und ich will ihn verherrlichen [ihm eine Wohnung machen]“ (2Mo 15,2). Gott weckt dieses Verlangen im Herzen seines Volkes. Gott möchte mit Menschen Gemeinschaft haben. Später gab Er dem Volk Israel das Zelt der Zusammenkunft. Er wartet nicht bis das Volk im Land ist (vgl. Joh 14).
Segnungen
Die kennzeichnenden Segnungen in Verbindung mit dem Wohnen Gottes inmitten des Volkes können wir anhand von 2. Mose 29,42-46 zusammenfassen (in Verbindung mit der Darbringung des täglichen Brandopfers):
Zusammentreffen Gottes mit dem Volk
Heiligung (Segnung) des Volkes durch seine Herrlichkeit
Heiligung des Zeltes (Einheit) und des Altars (Tisch des Herrn)
Heiligung Aarons und seiner Familie zum Priesterdienst
Gott wollte in der Mitte der Kinder Israel wohnen
Gott wollte ihr Gott sein
Wenn das Volk im Land angekommen sein würde, sollte es Ihm einen festen Tempel bauen, wo Gott zur Ruhe kommen würde. Außerdem waren an diesem Tempel Priesterzimmer angebaut. David ordnete an, dass bei den Versammlungen des Volkes in (vor) dem Tempel gesungen werden musste.
Zusammenfassung: Gott will bei den Menschen wohnen an einem Ort, wo er in der Mitte eines Volkes ist, das zu seinem Namen und zu seiner Ehre zusammenkommt, wo es Ihm Opfer bringt, wo es Loblieder zu seiner Ehre singt und wo Gott sein Volk segnet.
Anwendung auf uns als Christen
In der Anwendung auf uns bedenken wir, dass diese Dinge in erster Linie für uns geschrieben sind (1Kor 10). Es geht um die Rückkehr eines Überrestes aus Babel (das christliche System aus Off 18), die Errichtung eines Altars und den Bau des Hauses Gottes. Es hat alles herrlich am Pfingsttag begonnen. Doch trat Verfall ein. Und auch das hat seine Entsprechung im Alten Testament. Israel ist in Sünde gefallen und hat den Götzen gedient. Zuerst die assyrische, dann die babylonische Gefangenschaft, wo das Volk 70 Jahre bleiben sollte. Nun erfolgt eine Wiederherstellung in sehr kleinem Rahmen (42 000 Mann + 7337 + Frauen und Kinder?). In Babel hatte sich das Volk Häuser und Äcker erwirtschaftet, eine zweite und dritte Generation war gekommen, die die Wegführung nicht mehr selbst miterlebt hatte. Die meisten blieben in Babylon.
Ende der Gefangenschaft
Mit diesem Hinaufziehen des Überrestes endete die 70-gjährige Gefangenschaft, die mit ihrer ersten Wegführung im Jahr 606 ihren Anfang durch Nebukadnezar genommen hatte. Insgesamt waren es drei Wegführungen (2Chr 36):
Jahr | König | Wer zog nach Babel? | Was geschah mit dem Tempel? |
605 | Jojakim | Daniel und seine Freunde | Geräte kamen in den Götzentempel in Babel |
597 | Jojakin | Jojakin und Hesekiel | Kostbare Geräte nach Babel |
586 | Zedekia | Zedekia und alle Bewohner | Alle restlichen Geräte (bis auf Ausnahmen) – Zerstörung des Tempels |
Die 70-jährige Gefangenschaft rechnet ab der Wegführung im Jahr 606. Bei dieser Wegführung wurde vor allem der Tempel geplündert, insbesondere die Tempelgeräte geraubt. Diese spielten die entscheidende Rolle beim Untergang des babylonischen Reiches in Daniel 5.
Könige von Persien
Jahr | König |
559–530 | Kores |
522–486 | Darius I. Hystaspis |
486–464 | Ahasveros = Xerxes I. |
464–423 | Artasastas = Artaxerxes Longimanus |
Kennzeichen einer Erweckung (nach F. B. Hole)
Das Volk kehrt zu dem ursprünglichen Zentrum zurück
Sie beanspruchten keine Macht, die sie nicht besaßen, da sie diese durch früheres Versagen verloren hatten (2,59–63)
Der Geist der Hingabe (2,68.69)
Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes (3,2.4)
Der Überrest lehnt eine Allianz ab und hält so die Absonderung von der sie umgebenden Welt aufrecht.
Wenn Gläubige die Absonderung von der Welt praktizieren, werden sie dem Widerstand der Welt begegnen (4,4.5)
Der prophetische Dienst unter dem Überrest (5,1.2)
Die letzten Verse von 2. Chronika und die ersten Verse von Esra
2Chr 36,22-23 | Esra 1,1-3 |
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22 Und im ersten Jahr Kores’, des Königs von Persien – damit das Wort des Herrn durch den Mund Jeremias erfüllt würde –, erweckte der Herr den Geist Kores’, des Königs von Persien; und er ließ einen Ruf ergehen durch sein ganzes Königreich, und zwar auch schriftlich, indem er sprach: 23 So spricht Kores, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der Herr, der Gott des Himmels, mir gegeben; und er hat mich beauftragt, ihm ein Haus zu bauen in Jerusalem, das in Juda ist. Wer irgend unter euch aus seinem Volk ist, mit dem sei der Herr, sein Gott; und er ziehe hinauf! |
1 Und im ersten Jahr Kores’, des Königs von Persien – damit das Wort des Herrn aus dem Mund Jeremias erfüllt würde – erweckte der Herr den Geist Kores’, des Königs von Persien; und er ließ einen Ruf ergehen durch sein ganzes Königreich, und zwar auch schriftlich, indem er sprach: 2 So spricht Kores, der König von Persien: Alle Königreiche der Erde hat der Herr, der Gott des Himmels, mir gegeben; und er hat mich beauftragt, ihm ein Haus zu bauen in Jerusalem, das in Juda ist. 3 Wer irgend unter euch aus seinem Volk ist, mit dem sei sein Gott, und er ziehe hinauf nach Jerusalem, das in Juda ist, und baue das Haus des Herrn, des Gottes Israels (er ist Gott), in Jerusalem |
Bibliographie
Darby, J. N., Synopsis
Dennett, E., Das Buch Esra
Glashower, So entstand Israel
Hole, F. B., Der Wiederaufbau Zions
Keil, C. F., Commentary on the Old Testament
Kelly, W., Two Lectures on Esra and Nehemia
Kelly, W., Das Buch Esra auf https://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/AT-15-Esra-WKelly-D.pdf
Rossier, H., Betrachtungen über die Bücher Esra, Nehemia, Esther
Kapitel 1
Einleitung
Kores wurde schon etwa 150 Jahre früher namentlich angekündigt.
Alles geht von Gott aus: Er hat die Weissagungen zur Wiederherstellung gegeben (Jer 25; 29).
Gott ist es, der Erweckungen gibt; wohl knüpft Er an die Treue Einzelner an.
Gott ist der Gott des Himmels, die Herrschaft ist den Nationen übergeben.
Kores ist ein Bild von Christus – Gericht an Babel (= Verwirrung).
Auszug aus Babel: Göttliche Dinge gehören zum Haus Gottes.
Die Geräte für den Dienst (V. 7).
Serubbabel stammt aus der königlichen Linie.
Es geht bei dieser Erweckung um das Haus Gottes.
Das Buch Esra folgt unmittelbar auf das zweite Buch Chronika. Das wird dadurch deutlich, dass die Schlussverse von 2. Chronika den Anfangsversen des Buches Esra entsprechen.
Einteilung
Kores ruft alle Juden auf, dem Gott des Himmels ein Haus in Jerusalem zu bauen (V. 1‒4)
Die Häupter von Juda und Benjamin und Priester und Leviten machen sich auf (V. 5.6)
Die Tempelgeräte werden ihnen ausgehändigt (V. 7‒11)
Vers 1
Und im ersten Jahr Kores’, des Königs von Persien – damit das Wort des Herrn aus dem Mund Jeremias erfüllt würde – erweckte der Herr den Geist Kores’, des Königs von Persien; und er ließ einen Ruf ergehen durch sein ganzes Königreich, und zwar auch schriftlich, indem er sprach: Das Buch beginnt mit denselben Worten, mit denen die Bücher Chronika enden. Die beiden Bücher bilden eine feste Einheit.
Im ersten Jahr: Das ist das Jahr 538 vor Chr., nämlich das erste Jahr Kores als König über Babel. Daniel hat seine Visionen im dritten Jahr dieses Königs empfangen (Dan 10,1).
Kores’, des König von Persien: Aus der Geschichte als „Kyros II.“, der Große, der Ältere bekannt, der 539 das babylonische Weltreich erobert hat. Kores ist der Gründer des altpersischen Weltreichs, seit 559 der König Persiens. Er stürzte 550 Astyages und eroberte Medien, entthronte Krösus (König von Lydien 560–546) und einverleibte seinem Reich Lydien und mehrere kleinasiatische Staaten; 539 nahm er Babylon ein. Er fiel im Kampf gegen die Saken. Einer seiner Söhne ist Kambyses (530–522).
Mund Jeremias: Nun fügt Esra hinzu, dass das Handeln Gottes im Blick auf Kores die Erfüllung der Prophezeiungen Jeremias ist:
Und ich werde mein Auge auf sie richten zum Guten und sie in dieses Land zurückbringen; und ich werde sie bauen und nicht abbrechen, und sie pflanzen und nicht ausreißen. Und ich will ihnen ein Herz geben, mich zu erkennen, dass ich der Herr bin; und sie werden mein Volk, und ich werde ihr Gott sein; denn sie werden mit ihrem ganzen Herzen zu mir umkehren“ (Kap. 24,6.7).
Und dieses ganze Land wird zur Einöde, zur Wüste werden; und diese Nationen werden dem König von Babel dienen siebzig Jahre. Und es wird geschehen, wenn siebzig Jahre voll sind, werde ich an dem König von Babel und an jenem Volke, spricht der Herr, ihre Schuld heimsuchen, und an dem Lande der Chaldäer; und ich werde es zu ewigen Wüsteneien machen. Und ich werde über jenes Land alle meine Worte bringen, die ich über dasselbe geredet habe: alles, was in diesem Buch geschrieben steht, was Jeremia geweissagt hat über alle Nationen (Jer 25,11-13). [Diese Prophezeiung war es, die Daniel so beeindruckt hatte.]
Sie sollen nach Babel gebracht werden, und sollen daselbst sein bis auf den Tag, da ich nach ihnen sehen werde, spricht der Herr, und ich sie heraufführe und sie an diesen Ort zurückbringe (Kap. 27,22).
Sobald siebzig Jahre für Babel voll sind, werde ich mich euer annehmen und mein gutes Wort an euch erfüllen, euch an diesen Ort zurückzubringen. Denn ich weiß ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht der Herr, Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück, um euch Ausgang und Hoffnung zu gewähren (Kap. 29,10.11).
Daniel war durch das Lesen dieser Prophezeiungen Jeremias aufmerksam geworden. Sie hatten ihn zu seinem Gebet der Demütigung vor Gott gebracht (Dan 9). Ob Daniel Kores über die Prophezeiungen in Jesaja informiert hat?
Erweckte ... den Geist Kores: [gr. kyros] Gott bewirkt diese Erweckung. Er will einen Tempel auf der Erde haben. Gott ist nicht um Wege und Mittel verlegen. In Jesaja 41,2‒4 heißt es: „Wer hat vom Aufgang her den erweckt, dem Gerechtigkeit auf Schritt und Tritt begegnet? Er gab Nationen vor ihm hin und ließ ihn Könige unterjochen, machte sie wie Staub vor seinem Schwert, wie fortgetriebene Stoppeln vor seinem Bogen. Er verfolgte sie, zog hin in Frieden einen Weg, den er mit seinen Füßen nie gegangen war. Wer hat es gewirkt und getan? Der die Geschlechter ruft von Anfang an. Ich, der Herr, bin der Erste, und bei den Letzten bin ich derselbe.“ Diese Prophezeiung hat Jesaja mehr als hundert Jahre vor Jeremia ausgesprochen. In Offenbarung 3 ist es ebenfalls ein kleiner Überrest mit einer kleinen Kraft, dem der Herr eine geöffnete Tür gegeben hat.