Behandelter Abschnitt Esra 1
Gott hat in gewissem Maße ein Beispiel seines Reiches auf der Erde gegeben, sowohl in Davids als auch in Salomos Regierung. Dennoch war es nur ein Abbild dessen, was noch kommen wird, wenn das Reich Gottes in seiner Macht errichtet sein wird, mit seinem großen zentralen Sitz in Jerusalem, aber auch einem höchst mächtigen System des Segens für die Erde. Wir wissen, dass es mehr als das geben wird, aber das wird uns in den frühen Büchern nicht gegeben. In den Propheten finden wir, dass der Heilige Geist uns ein universales Königreich zeigt – ein Königreich für alle unter dem ganzen Himmel.
Und das berührt die Herrlichkeit Gottes in einer ganz besonderen Weise, denn tatsächlich ist es das, worauf sich die ganze Heilige Schrift richtet. Was immer gewesen ist, weist auf die Zukunft hin, denn Gott hat – außer in der Person unseres Herrn Jesus Christus – noch nie seine volle Herrlichkeit auf Erden gehabt. Und selbst in dem Herrn Jesus Christus, obwohl es nichts gibt, was jemals so tief sein wird, nichts, in dem Gottes Auge eine solche Vollkommenheit sieht, nichts, in dem wir, die wir Ihn kennen und lieben, auch eine solche Gemeinschaft mit Gott in der Wonne seines eigenen Sohnes haben können, war es dennoch nicht sein Reich: es war der König, aber nicht das Reich. Es war ein Reich, das in seiner Person gegeben wurde, aber nicht das Reich, das in Macht gegeben wurde.
Es war noch nicht die Aufrichtung dieses Reiches; es war eine Demonstration der Macht in seiner Person, die den Teufel austreiben wird, und das ist der Grund, warum in den Evangelien der Austreibung der Dämonen aus den Menschen so viel Raum und Bedeutung beigemessen wird, und warum es die allererste Probe der Macht ist, die in jenem Evangelium dargelegt wird, das uns am gründlichsten von allen zeigt, was die Macht des Satans jetzt ist und was das Reich Gottes nach und nach sein wird, nämlich das Lukasevangelium. Lukas beginnt sein Evangelium nicht mit anderen Werken, sondern mit diesem speziellen Werk (Lk 4,33–36). So zeigt uns auch Markus in ähnlicher Weise die Macht des Satans, die von der überlegenen Macht Gottes in der Person des Herrn Jesus getroffen und überwunden wird (Mk 1,22-27). In beiden Fällen war es ein Besessener, der zuerst geheilt wird.
Aber im Alten Testament finden wir auch die schmerzliche Geschichte des Niedergangs und des Falls dessen, was Gott einst in Israel errichtet hatte.
Die Rückführung eines Überrestes
Wir kommen nun zu einem neuen Punkt in Gottes Geschichte – dem Eingreifen der Gnade gegenüber einem Überrest, den er aus der Gefangenschaft ins Land zurückbringt; und wir haben hier in zwei Büchern – Esra und Nehemia – beide Seiten des mächtigen Werkes Gottes in seiner Güte; nicht Macht, sondern Gnade – nicht die Errichtung von irgendetwas nach dem Willen Gottes, sondern die Gnade Gottes, die eingreift, um einen Überrest zu erhalten, wo die Autorität Gottes nicht gebraucht wurde, um die Dinge nach seinem eigenen Willen zu errichten – wo die Dinge sehr weit davon entfernt waren. Aber dennoch brachte die Gottes Gnade diejenigen, die sein Geheimnis genossen und Glauben hatten dazu, Gott unter allen Umständen zu vertrauen. Darum ist diese Geschichte voller Belehrung für uns, die wir uns jetzt in einem Zustand der Dinge befinden, der bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem des Überrestes hat, der aus Babylon zurückkehrte. Wir werden viele Beweise dafür finden, wenn ich an dieser Stelle die Geschehnisse kurz erläutere.
Ich greife natürlich den ersten von ihnen auf – Esra –, wo das große Thema das Haus Gottes ist. In Nehemia werden wir feststellen, dass das große Thema die Stadt ist: nicht das Haus, sondern die Stadt. Aber dennoch ist es die Beziehung des Überrestes zu Gott und die Art und Weise, wie Gott mit dem Überrest umgeht – ob es nun der Bau des Tempels oder der Bau der Mauer ist –, die das Hauptthema dieser beiden Bücher ist.
Der vorbildliche Charakter des Kores
Zuallererst sehen wir die mächtige Veränderung, die stattgefunden hat, in der Tatsache, dass Kores, der Perser, ein so prominenter Heide ist. Wie seltsam, dass ein Heide an der Macht sein sollte! Er schickt einen Erlass, in der er Israel anruft, und zwar im Namen des Herrn, wodurch er offensichtlich dessen Macht anerkennt. Die Wahrheit ist, dass Kores insofern ein Vorbild eines Größeren als Kores ist, und aus diesem Grund erscheint er im Gericht über Babylon. Wie nun Babylon die erste große Weltmacht war, die in Gottes Vorsehung aufgerichtet wurde, um das alte Volk Gottes wegen seiner Sünden zu züchtigen und wegzuführen, so stellt das Gericht über Babylon das Gericht der Weltmacht in ihrer letzten Gestalt dar. Auf diese Weise wird also Kores in der Prophezeiung Jesajas eindeutig als ein Vorläufer in kleinem Maßstab eines großen Erlösers angesehen, der kommen wird (Jes 44,28 - 45,1); der letzte Akt der Macht Gottes am Ende der gegenwärtigen Haushaltung ist der Fall Babylons, gefolgt vom Kommen des Herrn Jesus, um das Königreich einzunehmen. Unter der siebten Schale (Off 16,17–21) wird Babylon endgültig gerichtet, und dann kommt der Herr Jesus in den Wolken des Himmels, um das Volk Gottes auf der Erde aufzurichten, sowie die Kirche und alle anderen himmlischen Heiligen zu zeigen.
Nun ist es offensichtlich, dass Kores diesen mächtigen Befreier nur in einem geringen Maß vorbildet. Dennoch habe ich keinen Zweifel, dass Gott all dies im Blick hatte, als es Ihm auf seine eigene wunderbare Weise gefiel, einen solchen Ruf durch ihn, Kores, den König von Persien, auszusenden, der verkündet, dass der Herr, der Gott des Himmels, ihm alle Königreiche der Erde gegeben habe. Wir wissen, wie wahrhaftig dies bei Christus der Fall sein wird – dass Er wirklich der Gerechte ist, den Kores in einem sehr kleinen Maß darstellte – dass Er derjenige ist, der die Könige der Erde wie Lehm zertreten wird (Jes 41,25) – dass Er derjenige ist, der richten wird – dass sie wie Stoppeln vor seinem Bogen sein werden (Jes 41,2).
Aber nun verkündet Kores, dass der Weg nach Jerusalem offen sei, und, die Rückkehr des Volkes Gottes nicht behindernd, ermutigt er sie auf jede mögliche Weise. Er ermahnt sie, hinaufzuziehen und das Haus Gottes zu bauen, und weiter, dass alle Menschen ihnen auf dem Weg helfen sollten. Kores selbst gibt das Beispiel für das, was er anderen verkündet. Denn anstatt sich, wie es ein König natürlich tun würde, damit zu begnügen, eine große Schar – eine ansehnliche Schar – eines Volkes, das allen anderen Königreichen so feindlich gesinnt war (denn so betrachteten die Heiden Israel), gehen zu lassen, holt er darüber hinaus die Gefäße des Hauses Gottes heraus und bringt das Gold und das Silber, das Nebukadnezar aus Jerusalem weggenommen hatte. All dies wird nun Israel zurückgegeben, damit sie mit dieser Zuversicht gehen können, dass Gott nicht nur Vorsorge für den Weg zurück getroffen hat, sondern dass Gott das Herz des Heiden selbst zur Ehre des Herrn, des Gottes des Himmels, geneigt hat.
Dies sind also die Umstände, die uns im ersten Kapitel begegnen. Aber der Zustand der Dinge zu dieser Zeit entspricht in keiner Weise der zukünftigen Realität. Denn anstatt, dass die Heiden an der Spitze stehen, ist der Plan und die Absicht Gottes, wie wir aus der ganzen Schrift wissen, dass Israel das Haupt und die Heiden der Schwanz sein sollen (5Mo 28,13). Und in der Tat ist es das allein, was uns befähigt, die Geschichte der Welt und den außergewöhnlichen Zustand der Welt seit Beginn der Zeiten der Nationen zu verstehen. Die Menschen sind und waren lange Zeit sehr stolz in dieser Zeit, die Gott die Zeit der Nationen nennt (Lk 21,24). Was ist es nach Gottes Gedanken? Ein Zustand der Verwirrung, der in Gottes Vorsehung nur dadurch beherrscht wird, dass er die niedrigsten Menschen einsetzt, um darüber zu herrschen. So spricht Gott darüber. Wie demütigend! Während sich der heidnische Stolz mit seinen großen Männern, die die Welt regieren, rühmt, ich wiederhole es, bezeichnet Gott es als einen Zeitabschnitt – ein bloßes Zeitintervall –, das nur wegen der rebellischen, abtrünnigen Sünde Israels eingetreten ist, und dementsprechend lässt Er in seiner Vorsehung zu, dass die übelsten Menschen die Oberhand gewinnen werden. Wir können uns kein rechtes Urteil über den Zustand der Welt und ihrer Geschichte im Großen bilden, ohne dies zu bedenken.
Sich der Obrigkeit unterwerfen
Das hindert den Christen – den Gläubigen – nicht im Geringsten daran, der Obrigkeit Ehre zu geben, denn das ist eindeutig unsere Pflicht (1Pet 2,14–17). Da die Ehre überhaupt nicht auf ihrem persönlichen Charakter beruht, haben wir überhaupt nichts mit ihrer Herkunft zu tun, wie sie ihre Macht bekommen haben oder wie sie ihre Macht einsetzen. Alles, was wir als Gläubige zu tun haben, ist, Gott und den Statthalter zu ehren. Vielleicht ehrt der Statthalter, oder der König, Gott selbst nicht. Das ist eine ernste Sache für ihn, aber es ändert nichts an unserer Beziehung. Unsere Pflicht ist es, selbst wenn die Könige oder die Statthalter alle Ungläubige wären, sie als Gottes Diener anzuerkennen, die zweifellos blind dienen, aber dennoch in ihrer Position Gottes Absicht erfüllen, auch wenn sie es selbst kaum denken. Kurzum, wir sind verpflichtet, der Obrigkeit, die da ist, diese Ehre zu erweisen, und es ist keine Frage, wie ihre besondere Form aussehen mag. Es mag eine Monarchie sein oder ein Kaiserreich oder eine Republik oder wen auch immer die Menschen im Moment ehren mögen. Unsere Aufgabe ist es, den höheren Mächten Ehre und Unterwerfung zu erweisen. Das macht den Weg des Christen äußerst einfach, und ich sage das mit Nachdruck, geliebte Brüder, weil wir in einer Zeit sind, in der ganz andere Ansichten vorherrschen. Der Zeitgeist ist völlig gegen das, was ich jetzt sage. Ich warne euch deshalb eindringlich davor.
Ihr dürft nicht erwarten, das, was ich jetzt sage, in den Gedanken der Menschen, im Munde der Menschen, in den Schriften der Menschen zu finden; sondern das Gegenteil. Die Menschen betrachten sich selbst als die Quelle der Macht, nicht Gott. Sie denken, es sei nur eine Frage des menschlichen Willens. Ich gebe zu, es mag der Wille des Menschen sein, als die bloße äußere Quelle davon. Aber was die Menschen vergessen, ist dies, dass es Gott ist, der immer regiert, auch wenn böse Menschen die Werkzeuge sein mögen, die öffentlich auftreten. Unsere Aufgabe ist nicht, die Werkzeuge zu wählen, sondern Gott zu ehren, ganz gleich, wem er für diese Zeit erlaubt, Macht auf der Erde zu haben. Und das hat uns der Herr Jesus selbst auf die klarste und entschiedenste Weise gezeigt, denn es gab ganz andere Gedanken in Israel, als der Herr selbst hier war. Aber Er hat diese Frage berührt und in jener denkwürdigen Antwort veranschaulicht, die Er den Pharisäern und Herodianern gab, als Er von ihnen verlangte, die Münze vorzulegen, und auf das Bild und die Aufschrift des Kaisers hinwies, und ihnen das entscheidende Wort sagte: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21).
Das ist es, was in der Zwischenzeit gilt; aber wie groß ist die Veränderung, wenn alles im Himmel und auf Erden unter den König, „den großen König“, gestellt sein wird, wenn der Herr Jesus nicht nur der anerkannte Herr, sondern König über die ganze Erde sein wird – wenn das, was nur teilweise und prahlerisch von dem König von Persien gesagt wurde, der „der große König“ genannt wurde, ausdrücklich und in sich wahr für Ihn und für Ihn allein sein wird! Wie unendlich groß wird dann der Segen sein, wenn Himmel und Erde vereint sein werden zu seinem Lob, und alles die Frucht seiner Gnade sein wird, und alles vereint sein wird in seiner Herrlichkeit. Das ist es, worauf wir warten, und wir wissen, dass wir durch die Gnade Gottes bei Ihm in der Höhe sein werden. Wir werden mit Ihm sein und mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen, wenn Er in Herrlichkeit erscheint.
Aber dies war nur ein unvollständiges Vorbild, und zwar umso unvollständiger, weil der Zustand der Dinge real war, und die Verwirrung, in der Gott die Zügel nur in seiner Vorsehung hielt, wenn auch durch Menschen, die Heiden waren, denn so ist der Zustand der Zeiten der Nationen (Lk 21,24). Und die Zeiten der Nationen, ihr werdet euch erinnern, begannen mit Nebukadnezar und werden weitergehen, bis der Herr Jesus in Herrlichkeit erscheint. Wir sind jetzt in den Zeiten der Nationen, nur sind wir aus der Welt herausgerufen durch die Erkenntnis des Herrn Jesus Christus im Himmel. Hierauf gehe ich jedoch nicht ein.