Behandelter Abschnitt Tit 1,1-4
Einleitung
Das große Thema des Titusbriefes ist die Aufrechterhaltung der Gottesfurcht (Frömmigkeit), die uns als Christen geziemt: in unserem persönlichen Leben; in unseren irdischen Beziehungen; auch in unserer Einstellung zur uns umgebenden Welt.
Ordnung im persönlichen Leben
In diesem Brief entfaltet der Apostel nicht die Ordnung und das Verhalten, das uns kennzeichnen sollte, wenn wir als Versammlung zusammenkommen. Das finden wir im 1. Korintherbrief. Aber Paulus belehrt uns, wie wir uns in unserem persönlichen Leben verhalten sollen. Das ist zweifellos von größter Wichtigkeit. Denn es ist möglich, dass wir übermäßig sorgsam über unser äußeres Erscheinungsbild wachen, wenn wir den Zusammenkünften als Versammlung beiwohnen, aber sehr nachlässig mit unserem Verhalten umgehen im Familienkreis, in unseren geschäftlichen Beziehungen und vor der Welt.
Sorglosigkeit im persönlichen Leben führt zu Heuchelei, die ein allgemeines gutes Zeugnis in der Öffentlichkeit dafür benutzt, einen traurigen Lebenswandel im persönlichen Leben zu verbergen. Müssen wir nicht viel von unserer Schwachheit, wodurch die Versammlungen des Volkes Gottes auf vielfache Weise gekennzeichnet sind, auf solch eine Sorglosigkeit im persönlichen Leben zurückführen? Selbst wenn wir uns nach der schriftgemäßen Ordnung versammeln, heilt das eine solche praktische Gleichgültigkeit nicht.
Im Verlauf dieses Briefes wird der Apostel immer wieder auf der Verbindung zwischen Wahrheit und Gottesfurcht bestehen. Wenn die Wahrheit nicht aufrechterhalten wird, fehlt wahre Gottesfurcht ohne jeden Zweifel. Wenn keine Gottesfurcht mehr vorhanden ist, wird wiederum die Wahrheit in Verruf geraten.
Das richtige Verhalten von Christen
In diesem Brief entfaltet der Apostel nicht so sehr die neutestamentliche Lehre. Auch ist die Aufrechterhaltung der gesunden Lehre nicht der Schwerpunkt dieses Briefes, wie wir es beispielsweise in den Briefen an Timotheus finden. Paulus drängt vielmehr darauf, sich auf richtige Weise zu verhalten, wie es in Übereinstimmung mit der wahren Lehre angebracht ist.
Im ersten Kapitel lernen wir die Eigenschaften, die solche kennzeichnen soll, welche die Aufsicht im Volk Gottes übernehmen und die Wahrheit festhalten sowie die Widerspenstigen zurechtweisen.
Im zweiten Kapitel wird uns das Verhalten gezeigt, das jedem einzelnen gebührt, und zwar in den unterschiedlichen Beziehungen des Lebens. Es geht um ein Verhalten, das in Übereinstimmung mit der Gnade Gottes ist, durch die wir auf so reiche Weise gesegnet worden sind.
Aus dem dritten Kapitel lernen wir, was unsere richtige Haltung als Christen zu der uns umgebenden Welt ist. Wir sollen in Übereinstimmung mit der Güte und Liebe Gottes handeln, wie Er sie den Menschen erwiesen hat.
Die fundamentale christliche Wahrheit und wahre Ältestenschaft (Kapitel 1)
Die fundamentalen Wahrheiten des Christentums (Verse 1–4)
„Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi, nach dem Glauben der Auserwählten Gottes und nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist, in der Hoffnung des ewigen Lebens, das Gott, der nicht lügen kann, verheißen hat vor ewigen Zeiten; zu seiner Zeit aber hat er sein Wort offenbart durch die Predigt, die mir anvertraut worden ist nach Befehl unseres Heiland-Gottes – Titus, meinem echten Kind nach unserem gemeinschaftlichen Glauben: Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und Christus Jesus, unserem Heiland!“ (1,1–4)
Verse 1–4: Die einleitenden Verse sind von größter Bedeutung. Denn in ihnen weist der Apostel in kurzer Weise auf die großen fundamentalen Wahrheiten des Christentums hin, welche die Basis für unseren praktischen Lebenswandel als Gläubige bilden; unser persönliches Leben vor Gott regieren; unsere gegenseitigen Beziehungen bestimmen; unser Haltung gegenüber der Welt verdeutlichen.
Der Apostel spricht von Gläubigen als von „Auserwählten Gottes“. Die Auserwählung Gottes schließt alle ein, die von Gott auserwählt worden sind, seien sie aus den Juden oder Heiden. Sie bringt uns somit außerhalb des Judentums, das nur diejenigen anerkennt, die jüdischer Abstammung sind.
Kennzeichen der Auserwählten Gottes
Nun folgt eine beeindruckende Zusammenfassung von herausragenden Kennzeichen der Auserwählten Gottes: Sie sind geprägt durch „Glauben“, der die Tür zu allem Segen ist (Apg 14,27) und den Gläubigen unter den Schutz des Werkes Christi und in eine Beziehung zu Gott bringt. Der Glaube steht im Gegensatz zu einem religiösen Bekenntnis, das aus der Erfüllung von Zeremonien und der Unterwerfung unter Gebote besteht. Das Vollbringen solcher Werke ist im Unterschied zum Glauben auch für Menschen möglich, die nicht von neuem geboren sind, und kann damit getrennt vom wahren Glauben an Gott getan werden.
Der „Glaube“ der Auserwählten Gottes führt zur „Erkenntnis der Wahrheit“, die im Gegensatz zu reinen Spekulationen und Überlegungen des natürlichen Menschen über die Wahrheit stehen. Durch diese lernen ungläubige Menschen zwar ihr Leben lang und können dennoch niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Sie sind unbewährt hinsichtlich des Glaubens (vgl. 2Tim 3,7.8).
Wir werden daran erinnert, dass die Wahrheit immer zu einem Leben der „Gottseligkeit“ führen wird, das im Gegensatz zum Irrtum steht, der zur Gottlosigkeit führt. Der Apostel warnt Timotheus in seinem zweiten Brief vor solchen, die „von der Wahrheit abgeirrt sind“. Von solchen sagt er, dass „sie zu weiterer Gottlosigkeit fortschreiten werden“ „und den Glauben einiger zerstören“ (2Tim 2,16-18). In diesem Abschnitt im Titusbrief finden wir „Glaube“, „Wahrheit“ und „Gottseligkeit“ miteinander verbunden. Im Timotheusbrief werden wir gewarnt, dass das Aufgeben des Glaubens, Irrtum und Gottlosigkeit miteinander verbunden sind.
Die Gottseligkeit der Auserwählten, also das geduldige Fortfahren im Gutestun, führt zu einer sicheren und festen „Hoffnung des ewigen Lebens“. Dann wird die Gottseligkeit ihre herrliche Belohnung finden für Erlöste im Gegensatz zu Ungläubigen, die durch Ungerechtigkeit den Zorn und Grimm Gottes erfahren werden (vgl. Röm 2,6-8). Die Hoffnungen eines ungläubigen Juden oder eines Menschen dieser Welt beschränken sich auf das Leben in dieser Welt. Sie finden ihre Erfüllung in materiellem Besitz, in irdischer Ruhe und weltlichem Wohlstand.
Die christliche Hoffnung dagegen ist verbunden mit einem Leben, das nicht von den zeitlichen Dingen oder dieser Welt abhängt. Ewiges Leben wurde „vor ewigen Zeiten verheißen“ und verbindet den Gläubigen mit den ewigen Ratschlüssen Gottes. Diese Hoffnung macht uns während unseres Lebens in dieser Welt dazu fähig, Gemeinschaft mit Gott als Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus zu pflegen (1Joh 1,3). In seiner Fülle werden wir das ewige Leben erst in der ewigen Heimat dieses Lebens genießen können. Während wir dieses Leben also bereits als einen gegenwärtigen Besitz haben, wird es uns zugleich als eine Hoffnung vorgestellt.
Die Wahrheit über die Gottseligkeit und unsere Hoffnung ist in Gottes „Wort“ offenbart worden. Gläubige werden nicht einer Tradition oder ihren eigenen, menschlichen Überlegungen überlassen. Sie besitzen die Autorität des irrtumslosen Wortes Gottes, die ihnen Sicherheit gibt im Blick auf die Wahrheit, an die sie glauben..
Die Wahrheit, die im Wort niedergelegt worden ist, wurde uns „durch die Predigt offenbart“. Diese Predigt wurde ganz besonders dem Apostel Paulus anvertraut, der sie verbunden mit der ganzen Autorität Gottes den Gläubigen aus den Heiden verkündigt hat. Diese Verkündigung sollte fortgeführt werden durch „treue Leute, die tüchtig sein werden, auch andere zu lehren“ (2Tim 2,2).
Die Grüße des Apostels zeigen, dass wir alle – wie auch Titus – „Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und Christus Jesus, unserem Heiland“ nötig haben, um die Wahrheit zu erkennen, in Gottseligkeit unseren Lebenswandel zu führen, der mit der Wahrheit übereinstimmt, vor uns die gesegnete Hoffnung zu haben, zu der uns dieser Lebenswandel führt, das Wort zu verstehen, das die Wahrheit entfaltet, und es anderen zu verkündigen.