Vorwort des Herausgebers
„Ebenso, wie ihr wisst, wie wir jeden Einzelnen von euch, wie ein Vater seine eigenen Kinder, euch ermahnt und getröstet und euch bezeugt haben, würdig des Gottes zu wandeln, der euch zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit beruft“ ( 1Thes 2,11-12).
Die Briefe an die Versammlung der Thessalonicher sind wahrscheinlich die beiden ersten inspirierten Briefe des Apostels Paulus überhaupt1. Auf seiner zweiten Missionsreise (ungefähr 51–54 nach Christus) war Paulus nach Thessalonich (Apg 17,1) gekommen. Durch eine von Juden ausgelöste Verfolgung musste der Apostel die gerade zum Glauben gekommenen Gläubigen in dieser Stadt bereits nach drei Wochen verlassen und nach Beröa weiterreisen. Danach kam Paulus über Athen nach Korinth.
Paulus und Thessalonich
Nachdem Paulus so überstürzt aus Thessalonich abreisen musste, machte er sich Sorgen um den geistlichen Zustand der Geschwister dort. Daher hätte er sie gerne noch einmal besucht, um ihnen geistliche Nahrung zu geben. Satan aber wusste das zu verhindern (1Thes 2,18), so dass Paulus sich genötigt sah, Timotheus zu seinen geliebten Geschwistern zu senden (1Thes 3,2). Zugleich benutzte Gott diese Umstände dazu, den Apostel innerhalb relativ kurzer Zeit zwei Briefe an die Gläubigen in Thessalonich schreiben zu lassen.
Diese beiden Briefe sind ein wunderbares Beispiel für gottgemäßen Hirtendienst. Dem Apostel lagen die Geschwister in Thessalonich sehr am Herzen. Er sah sich ihnen gegenüber nicht so sehr als Apostel, sondern als ein Vater, der in Liebe für seine eigenen Kinder sorgt. Ihr Wohl lag ihm am Herzen. So benutzte er die beiden Briefe, um sie zu ermahnen, zu ermuntern, zu trösten und zu belehren.
Das Thema der Thessalonicher-Briefe
Ein großes Thema in beiden Briefen ist das Kommen des Herrn. Es ist interessant, dass Gott seinen Knecht leitete, dieses wichtige Thema gerade in diesen ersten beiden Briefen zu betonen.
Das Kommen des Herrn Jesus gliedert sich in zwei Phasen:
1. Zuerst wird der Herr Jesus kommen, um alle Erlösten von Adam an bis zu diesem Zeitpunkt in den Himmel zu entrücken (1Thes 4,15-17). Dieses Kommen wird für die ungläubige Welt unsichtbar sein.
2. Nach einer Zeit furchtbarer Gerichte, die Gott über diese Erde bringen wird (Off 6–18), wird der Herr Jesus dann sichtbar auf der Erde erscheinen, zusammen mit allen denen, die Er zuvor in den Himmel entrückt hat (vgl. 2Thes 1,7.10; 2,3).
Während im ersten Brief das Kommen des Herrn Jesus für die Erlösten im Vordergrund steht, betont der Apostel im zweiten Brief das Kommen des Herrn für diese Welt, wenn Er sein Königreich sichtbar aufrichten wird.
Unter vielen Christen gibt es keine Klarheit darüber, dass die Erlösten der heutigen Zeit nicht durch die Drangsalszeit hindurchgehen müssen, sondern vor der Drangsal bewahrt werden (vgl. Off 3,10). Es ist bemerkenswert, dass der Apostel schon in seinen ersten beiden Briefen eine Unterscheidung zwischen dem Kommen des Herrn Jesus zur Entrückung und seinem Kommen in Macht und Herrlichkeit vornimmt.
Wir warten heute nicht darauf, dass wir irgendwann durch den Tod, unseren Heimgang, bei Christus sein werden, sondern die eigentliche christliche Hoffnung ist, dass Er wiederkommen wird, um uns heimzuholen. Diese Hoffnung wird durch die beiden Thessalonicherbriefe (1Thes 4,13-18; 2Thes 2,1.2) sehr gestärkt und bestätigt.
Empfehlung
Daher freuen wir uns, mit diesem Buch eine deutsche Übersetzung des Kommentars des geschätzten Auslegers Hamilton Smith zu den beiden Thessalonicherbriefen vorlegen zu können. Wir empfehlen dieses Buch als Hilfe zum Studium der Thessalonicherbriefe.
Für die weitere Beschäftigung mit den Thessalonicherbriefen und insbesondere mit der Wahrheit über das Wiederkommen des Herrn Jesus empfehlen wir die nützlichen Auslegungen von Brüdern wie John Nelson Darby, Frank Binford Hole, Ernst-August Bremicker (alle in deutscher Sprache erhältlich), William Kelly (englisch) und Henri Rossier (französisch).
Der Herr Jesus segne die Beschäftigung mit diesen beiden Briefen und den hilfreichen Erklärungen.
Einleitung zum 1. Brief
Gott hat in den verschiedenen Briefen des neuen Testaments reichlich Vorsorge an geistlicher Nahrung getroffen, die für jede Stufe des christlichen Wachstums geeignet ist. Die Thessalonicherbriefe sind an Gläubige geschrieben, die noch jung im Glauben waren.
Es werden nicht die Ratschlüsse Gottes oder das Geheimnis der Versammlung entfaltet, wie es in den Briefen an die Epheser oder Kolosser geschieht. Der erste Brief an die Thessalonicher entfaltet die großen praktischen Charakterzüge des Christentums: Glaube, Liebe und Hoffnung. Diese Kennzeichen sollten uns alle, ob alt oder jung im Glauben, kennzeichnen. Der Apostel stärkt sie in ihren Erprobungen und räumt eine Schwierigkeit beiseite, die aufgekommen war. Sie betraf die christliche Hoffnung, das Kommen des Herrn Jesus für die Seinen.
Überblick
Kapitel 1: Der Apostel erkennt die praktischen Früchte des Evangeliums an, das im Glauben und der Kraft des Heiligen Geistes angenommen wurde.
Kapitel 2: Er beschäftigt sich mit der besonderen Fürsorge Gottes an den Schafen seiner Herde, indem Er sie durch alle Übungen hindurch führt.
Kapitel 3: Gott benutzt Prüfungen auf unserem Weg, um unsere Liebe und Heiligkeit zu festigen. Kapitel 4: Der Geist Gottes beschreibt den Wandel, der im Blick auf das Kommen des Herrn Jesus für die Heiligen, Gott wohlgefällig ist.
Kapitel 5: Das letzte Kapitel enthält Ermahnungen in Verbindung mit unserem praktischen Verhalten im Licht des Tages des Herrn, aber auch Warnungen in Bezug auf Gefahren, die auf unserem christlichen Weg lauern.
Thessalonicher 1
Die Früchte des Evangeliums
In dem Gleichnis vom Sämann (Mk 4,20) belehrt der Herr Jesus die Jünger, dass da, wo der gute Samen auf guten Boden fällt, Frucht hervorkommen würde. In dem ersten Kapitel dieses Briefes werden einige dieser Früchte vorgestellt, wie sie in den veränderten Leben der jungen Gläubigen zu finden waren. Um den Brief richtig zu verstehen, müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass das Evangelium so wie in Apostelgeschichte 17,1-3 berichtet, den Thessalonichern verkündigt worden war.
Daraus können wir entnehmen, dass der Apostel Paulus während seines Besuchs in Thessalonich sowohl Juden als Nationen predigte:
Er stellt ihnen nicht nur einfach Lehre, sondern Jesus, eine lebendige Person (den Retter) vor.
Er verkündigt, dass diese Person (Jesus) gestorben und wieder auferstanden ist.
Er predigt nicht nur die Tatsachen von Tod und Auferstehung, sondern auch die Notwendigkeit dieser großen Tatsachen: Christus „musste leiden, und von den Toten auferstehen“.
Er stützt sich auf die Schrift als die einzige und ausreichende völlige Autorität. Als Ergebnis seiner Predigt glauben „einige“ der Juden und „eine große Volksmenge“ der Nationen.
Darüber hinaus bewiesen sie die Wahrhaftigkeit ihres Glaubens, indem sie sich öffentlich mit den Dienern des Herrn identifizierten, denn wir lesen, dass sie mit Paulus und Silas gewesen waren. Sie behielten ihren Glauben nicht für sich selbst und unternahmen keinen Versuch, Erprobungen zu entfliehen, indem sie z. B. als Jünger verborgen blieben! Sie vertrauten auf Jesus und bekannten kühn ihren Glauben.
Die Folge war, dass sie schnell mit Verfolgung konfrontiert wurden. Die Juden, die nicht glaubten, waren eifersüchtig und brachten die ganze Stadt in Aufruhr. Eifersucht und Neid waren schon der Beweggrund des ersten Mörders: Kain tötete seinen Bruder. Und der Neid war die Triebfeder der größten Mörder, als die Juden ihren Messias kreuzigten. Pilatus wusste, dass sie Ihn aus Neid überliefert hatten. Wenn Neid dazu führt, dass ein Mord begangen wird, dann können wir gut verstehen, dass der Neid die hochstehenden Juden dazu veranlasst, grobe Menschen gegen die Gläubigen zu benutzen und anzustacheln.
Wir lernen hier also den Charakter des ausgestreuten Samens kennen, die Früchte, die hervorgebracht werden, und die Widerstände, die dann entstehen. Der Apostel schreibt seinen Brief, um diese Jungbekehrten in ihren Verfolgungen zu ermuntern. Er freut sich darüber, sich mit den wunderbaren Früchten beschäftigen zu können, die das Evangelium in ihnen hervorgebracht hat.
„Paulus und Silvanus und Timotheus der Versammlung der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus: Gnade euch und Friede!“ (1,1).
Der Apostel verbindet sich mit solchen, die mit ihm gearbeitet hatten. In seinem Gruß sieht er die Gläubigen in Beziehung zu ihrem Gott, dem Vater und zu Jesus Christus, ihrem Herrn, und nicht so sehr als Glieder des Leibes, dessen Haupt Christus ist.
1 Eine zeitliche Zuordnung der Niederschrift des Galaterbriefes ist nicht abschließend möglich.↩︎