Der Kampf (Eph 6,10-20)
Der Brief an die Epheser endet mit einem eindrücklichen Abschnitt, der uns den Kampf des Christen zeigt. Dieser Kampf ist nicht die Übung der Seele, durch die wir gehen mögen, um die Wahrheit zu erfassen. Es wird vorausgesetzt, dass wir die wunderbaren Wahrheiten dieses Briefes kennen und wertschätzen. Der Kampf entsteht dann, wenn wir versuchen, diese Wahrheiten angesichts jeder gegnerischen Macht zu bewahren und aufrechtzuhalten.
Im Verlauf des Briefes enthüllt uns der Apostel unsere himmlische Berufung, das Erbe der Herrlichkeit, zu dem wir zuvorbestimmt sind, das Geheimnis von der Versammlung und das praktische Leben, das mit diesen großen Wahrheiten in Übereinstimmung steht. Wenn wir uns jedoch vornehmen, in unsere himmlischen Segnungen einzugehen und in Übereinstimmung mit ihnen wandeln wollen, werden wir schnell feststellen, dass Satan seine ganze Macht gegen uns aufbietet. In seinem Hass gegen Christus wird der Teufel versuchen, uns die Wahrheit zu rauben, oder wenn ihm dies nicht gelingt, versucht er, Unehre auf den Namen Christi und die Wahrheit in Misskredit zu bringen, indem er diejenigen moralisch zu Fall bringt, die die Wahrheit festhalten. Je besser wir die Wahrheit kennen, umso größer ist die Unehre, die wir auf Christus bringen, wenn wir versagen, indem wir dem Fleisch Raum lassen. Wir müssen deshalb vorbereitet sein, dem Kampf ins Auge zu sehen. Je mehr wir von der Wahrheit wissen, umso heftiger wird der Kampf sein.
Im Blick auf diesen Kampf werden uns drei Dinge vorgestellt: erstens die Quelle unserer Kraft; zweitens der Charakter des Feindes, mit dem wir kämpfen; drittens die Waffenrüstung, mit der wir ausgerüstet sind, um in der Lage zu sein, den Angriffen des Feindes zu widerstehen.
Die Macht des Herrn
Eph 6,10: Übrigens, Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke.
Der Apostel lenkt unsere Gedanken zuerst auf die Macht hin, die für uns ist, dann erst beschreibt er die Macht, die uns entgegensteht. Um diesem Kampf ins Auge sehen zu können, müssen wir uns immer wieder daran erinnern, dass alle unsere Kraft in dem Herrn ist. Deshalb kann Paulus sagen: „Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke.“ Unsere Schwierigkeit besteht oft darin, zu erkennen, dass wir keine Kraft in uns selbst haben. Von Natur aus wären wir gern stark an Zahl, stark an Gaben oder stark in der Kraft einiger mächtiger Führer, aber unsere einzige und wahre Kraft ist „in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke“.
Das Gebet des ersten Kapitels stellt uns die Macht der Stärke Gottes vor. Christus ist aus den Toten auferweckt und zur Rechten Gottes in den himmlischen Örtern gesetzt worden, „über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen“. Der Apostel sagt: Das ist die „überschwängliche Größe seiner Kraft an uns (oder in Bezug auf uns), den Glaubenden“. Die Macht, die gegen uns ist, ist viel größer als unsere eigene Kraft, aber die Kraft, die an uns wirkt, ist eine unerreichte Kraft; sie übertrifft jede Macht, die uns entgegensteht. Und weiter ist Derjenige, der die höchste Macht hat, der Eine, der „unausforschliche Reichtümer“ besitzt und uns mit einer Liebe liebt, die „die Erkenntnis übersteigt“ (Eph 3,8.19).
In früheren Tagen wurde Gideon dadurch für den Kampf vorbereitet, dass ihm zuerst gesagt wurde: „Der HERR ist mit dir“; dann wurde er ermahnt: „Gehe hin in dieser deiner Kraft.“ Gideons Familie mochte die ärmste im Stamm Manasse sein und er der Geringste im Haus seines Vaters. Aber was machte Gideons Armut oder seine Schwachheit aus, wenn der Herr, der reich und mächtig ist, für ihn und mit ihm war (Ri 6,12-15)? So konnten später Jonathan und sein Waffenträger in der Kraft des Herrn einem großen Heer gegenüberstehen, denn
Jonathan sagte: „Für den HERR gibt es kein Hindernis, durch viele zu retten oder durch wenige“ (1Sam 14,6).
So benötigen wir in unsern Tagen, wo so viel Versagen hinter uns, Schwachheit unter uns und Verderben um uns her vorhanden ist, einen frischen Eindruck von der Herrlichkeit des Herrn, der Kraft des Herrn, den Reichtümern des Herrn und der Liebe des Herrn. Und mit dem Herrn vor uns können wir „in der Macht seiner Stärke“ vorangehen.
Außerhalb von Christus haben wir keine Kraft. Der Herr kann sagen: „Außer mir könnt ihr nichts tun“, aber der Apostel sagt: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (Phil 4,13). Wir haben also die Macht Christi nur dann zu unserer Verfügung, wenn unsere Herzen in verborgener Gemeinschaft mit Ihm bleiben. Wenn das so ist, wird die ganze Macht Satans darauf gerichtet sein, unsere Seelen von Christus abzuziehen. Satan wird versuchen zu verhindern, dass wir uns von Ihm nähren und in Gemeinschaft mit Ihm vorangehen. Es kann sein, dass er versucht, uns durch die Sorgen und Aufgaben des täglichen Lebens aus der Gemeinschaft mit Christus zu ziehen, vielleicht auch durch Krankheit und Schwachheit des Leibes. Vielleicht benutzt er Schwierigkeiten auf dem Weg, die Streitsüchtigen unter den Kindern Gottes oder die kleinen Beleidigungen, denen wir begegnen, um den Geist niederzudrücken oder die Seele zu kränken. Wenn wir diese Dinge jedoch nicht zwischen uns und den Herrn kommen lassen, sondern sie zu einer Gelegenheit machen, uns enger an den Herrn anzuschließen, werden wir lernen, was es heißt, stark in dem Herrn zu sein, während wir gleichzeitig unsere eigene Schwachheit erkennen. Dann werden wir die Glückseligkeit des Wortes kennenlernen: „Wirf auf den HERRN, was dir auferlegt ist, und er wird dich erhalten“ (Ps 55,22).