Behandelter Abschnitt 2Kor 11,30-33
Vor allem aber musste er Gefahren von falschen Brüdern erdulden. Diese Gefahren brachten für ihn Mühen und Beschwerden mit sich, auch Wachen und Fasten, Hunger und Durst, Kälte und Blöße. Neben all diesen äußeren Leiden hatte er in seinem Geist auch noch die Sorge für alle Versammlungen zu tragen. Wenn jemand schwach war, hatte er ein echtes Mitempfinden für ihre Schwachheit. Wenn jemand zu Fall kam, so erzürnte er gegen diejenigen, die einen Anstoß zu diesem Fall gaben.
„Wenn es nötig ist, sich zu rühmen, so will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit betrifft. Der Gott und Vater des Herrn Jesus, der gepriesen ist in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge. In Damaskus ließ der Statthalter des Königs Aretas die Stadt der Damaszener bewachen, um mich festzunehmen, und ich wurde durch ein Fenster in einem Korb an der Mauer hinabgelassen und entkam seinen Händen“ (Verse 30–33).
Wenn es für den Apostel wirklich nötig war, sich zu rühmen, dann wollte er nicht von seiner Kraft und von Wunderwirkungen sprechen oder sogar von Offenbarungen, die er im Unterschied zu anderen erhalten hatte. In dieser Hinsicht gab es niemanden, der neben dem Apostel hätte stehen können. Nein, er rühmte sich vielmehr der Dinge, die seine Schwachheiten betrafen. Das waren Lebensumstände, die auch andere in kleinem Maß teilen konnten. Er konnte im Blick auf diese Dinge sagen, dass Gott wusste, dass er die Wahrheit sprach. Hinzu kommt noch, dass viele dieser Dinge von einer Art sind, dass der natürliche Mensch darüber eher schweigen würde.
Der Apostel schließt diesen Teil des Briefes, indem er auf einen Vorfall zu sprechen kommt, bei dem, wie jemand einmal gesagt hat, „kein Engel-Besucher die Riegel und Bolzen der massiven Türen öffnete oder die Augen der Wärter blendete“. Um seinen Feinden entkommen zu können, musste er sich der Demütigung aussetzen, durch ein Fenster in einem Korb durch die Stadtmauer hinuntergelassen zu werden. Wenn sich also andere ihrer Gaben, ihrer Kenntnis, ihrer Redeweisheit rühmten, rühmte er sich seiner Schwachheiten, die zu einer Gelegenheit wurden, die Kraft Gottes zu offenbaren. Diese Kraft war es, die den Knecht Gottes trotz aller Schwachheit und inmitten von notvollsten Umständen bewahren und benutzen konnte.
Zusammenfassung
Wenn wir dieses äußerst lehrreiche Kapitel noch einmal überdenken, sehen wir das beeindruckende Bild eines hingebungsvollen Dieners des Herrn Jesus. Wir erkennen auch etwas von den Leiden, die ein treuer Dienst in dieser Welt, die Christus verworfen hat, mit sich bringt. Alles weist hin auf den Tag, an dem die Heiligen Christus vorgestellt werden (vgl. Eph 5,27). bereits in den Tagen des Apostels den Beginn des Bösen, das während der christlichen Zeit immer weiter zugenommen hat. Dieser Weg wird sein Ende im verdorbenen christlichen Bekenntnis finden, das Christus aus seinem Mund ausspeien wird (vgl. Off 3,16).
Wenn wir diese beiden Seiten noch etwas näher besehen, erkennen wir zunächst im Blick auf den Apostel, dass er in diesem Abschnitt keine Andeutung von Wundergaben macht, durch die Kranke geheilt, Dämonen ausgetrieben und Tote auferweckt wurden. Auch finden wir keine Anspielung auf apostolische Vorrechte, die den Heiligen neue Offenbarungen oder künftige Ereignisse ankündigen. Es werden in diesen Versen auch keine außergewöhnlichen Fähigkeiten vorausgesetzt, die den Besitzer dieser Gaben befähigt hätten, mit großer Eloquenz zu sprechen oder sich an Emotionen und Intellekt zu wenden. Paulus beansprucht keinen Reichtum, keine besondere soziale Stellung, besondere Familienbeziehungen oder Vorteile im Blick auf Aus- und Fortbildung, die Menschen beeindrucken und eine Stellung und Wertschätzung in dieser Welt sicherstellen könnten.
So finden wir hier nichts, was nicht auch für den einfachsten Diener des Herrn möglich wäre. Wir erkennen im Apostel in diesem Abschnitt das wunderbare Beispiel eines hingebungsvollen Dieners, der jedem Diener des Herrn zum Vorbild sein sollte, wie sehr wir auch im Blick auf diesen Maßstab von Dienst, wie der Apostel Paulus ihn uns vorlebte, zu kurz kommen.
Der vorbildliche Diener und falsche Brüder
Wenn wir den Apostel in diesem Sinn als einen vorbildlichen Diener anschauen, sehen wir: Christus selbst war der große Gegenstand seines Dienstes. Sein großer Wunsch war es, den Heiligen Christus darzustellen. Manche mögen die Errettung von Sündern zum Hauptziel ihres Dienstes machen. Andere, mit einem höheren Ziel, mögen die Versammlung, die Christus so wertvoll ist, zum großen Gegenstand ihres Dienstes haben. Diejenigen aber, die Christus zum ersten Ziel ihres Dienstes machen, werden in ihrem Dienst die größte Wirkung erzielen. Solche Diener werden das Evangelium an Sünder und den Dienst der Heiligen nicht vernachlässigen. Aber ihr ganzer Dienst wird die Erfüllung des Wunsches des Herzens Christi im Blick haben, dass Er die Seinen bei sich haben möchte, damit sie wie Er sind. Das wird so sein am großen Tag der Hochzeit des Lammes, wenn Er die Frucht der Mühsal seiner Seele sehen und sich sättigen wird (vgl. Jes 53,11).
Mit Christus als großem Ziel vor Augen war es der Wunsch des Apostels, Sünder für Christus zu gewinnen. Deshalb hatte er ihnen das Evangelium verkündigt, sowohl in Korinth als auch an anderen Orten (Vers 7). Nachdem er dazu benutzt werden konnte, Sünder zur Bekehrung zu führen, hatte er immer noch Christus vor Augen und suchte, die Heiligen mit Christus zu verbinden, zu verloben (Vers 2). Und nachdem er sie zu Christus gezogen hatte, versuchte er, die Heiligen vor jeder Form des Bösen zu bewahren, wodurch sie von ihrer Treue zu Christus abgebracht würden. Schließlich sehen wir, dass Paulus bereit war im Ausführen seines Diensts und mit Christus vor Augen, Leiden zu erdulden, sei es in Mühen oder Arbeiten, in Verfolgung oder Gefangenschaft, in Gefahren oder Bedürfnissen und in Kälte oder Blöße aber es gab auch in diesen frühen Tagen schon „falsche Brüder“, die sich nicht nur zum Christentum bekannten, sondern sich auch als Apostel ausgaben.
Sie waren „falsche Apostel, betrügerische Arbeiter“. Dennoch kamen sie zu den Heiligen mit großem Rühmen ihrer menschlichen Fähigkeiten, so dass sie die Gestalt von Engeln des Lichts und von Dienern der Gerechtigkeit annahmen. Mit satanischer Raffinesse verdrehten diese Männer die Wahrheit und predigten „einen anderen Jesus“, „einen anderen Geist“ und „ein anderes Evangelium“ (Vers 4).
Darüber hinaus sah der Apostel voraus, dass sich die Christenheit von der Einfalt gegenüber dem Christus abwenden würde, wenn die Versammlungen die bösen Arbeiter in ihrer Mitte duldeten. Dadurch würden die Herzen der Heiligen von echter Treue zu Christus weggeführt und zu Nachfolgern derer, die in ihrer eigenen Erhöhung Jünger hinter sich selbst herzogen (Vers 20). Sie gaben vor, was sie nicht waren, und verdrehten so die Wahrheit und verdarben das christliche Bekenntnis, um sich selbst auf Kosten anderer zu erhöhen.
Wenn man heute zurückschaut über die Jahrhunderte, kann man nur bestätigen, dass das, was seinen Anfang in den Tagen des Apostels genommen hat, inzwischen zu einem großen verderbten System geworden ist. Es beansprucht, in der apostolischen Nachfolge zu stehen, verdreht die Wahrheit und erhöht sich und bereichert sich auf Kosten anderer. Schließlich verfolgt es die Heiligen.
So haben wir hier zwei Bilder: Das eine zeigt den wahren Diener, dem wir nacheifern sollen. Das andere stellt falsche Diener zu unserer Warnung vor. Wir sehen den Dienst des wahren Knechtes, der auf den großen Tag der Hochzeit des Lammes ausgerichtet ist, wenn die Versammlung, die durch das Symbol der „heiligen Stadt, des neuen Jerusalem“ dargestellt wird, als die „Frau des Lammes“ in Herrlichkeit gesehen wird. Wir erkennen aber auch die Diener Satans, die inmitten der Christenheit tätig sind und zu diesem ernsten Tag leiten, der durch das Symbol der großen Stadt Babylon das verderbte christliche Bekenntnis vorstellt, mit dem in überwältigendem Gericht gehandelt werden wird.
So ist es gut, wenn wir unsere Herzen herausfordern mit der Frage: „Am Bau welcher Stadt helfe ich durch mein Leben und meinen Dienst mit?“ Helfen wir durch unsere Arbeit und Verbindungen mit, das verdorbene Babylon zu bauen, oder haben wir auf die Mahnung unseres Herrn gehört: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk.“? Suchen wir, in Trennung von den Verdorbenheiten der Christenheit dem Herrn im Blick auf die heilige Stadt zu dienen? Viele Heilige, die auf dem Weg zu der gesegneten Stadt unterwegs sind, mögen wie der Apostel durch das Feuer eines Märtyrertods und die Wasser des Todes gehen müssen. Aber dieser Weg führt am Ende zu dem großen Tag der Hochzeit des Lammes. Im Licht des über jedes Maß hinausgehenden, ewigen Gewichts der Herrlichkeit dieses großen Tages kann der Apostel davon sprechen, dass diese Gefahren und Verfolgungen, Mühen und Arbeiten, Leiden und Beleidigungen „das schnell vorübergehende Leichte unserer Trübsal“ sind (2Kor 4,17).
Wenn wir in unserem kleinen Maß dem Beispiel des Apostels folgen könnten, so möge unser erster Wunsch sein, dass Christus durch Glauben in unseren Herzen wohne. Wenn wir Christus als das große Ziel vor uns haben, werden wir den Wunsch haben, Seelen für Ihn zu gewinnen, ihre Herzen dann mit Christus zu verbinden und sie vor allem zu bewahren, das uns die Wahrheit rauben und unsere Seelen von Christus wegziehen könnte. Wenn dann in einem kleinen Maß solch ein Dienst auch Leiden und Verachtung mit sich bringt, werden wir in der Lage sein, dies zu erdulden, wenn wir zu der übermäßigen Herrlichkeit des großen Tages sehen, der Hochzeit des Lammes.
Nimm, Herr, meinen Willen Du, dass er still in deinem ruh; nimm mein Herz, mach es hier schon Dir zum Tempel und zum Thron!
Nimm Du meiner Liebe Füll; Jesu, all mein Sehnen still; nimm mich selbst und lass mich sein ewig, einzig, völlig Dein!