Behandelter Abschnitt 2Kor 3,7-11
Paulus geht dann von dem Geist des neuen Bundes weiter zum Heiligen Geist und fügt hinzu: „Der Geist aber macht lebendig.“ Der Heilige Geist gibt Leben durch ein Werk in Seelen, durch das sie zur Kenntnis des Herrn und der Vergebung ihrer Sünden gebracht werden (vgl. Heb 8,10-12).
Alter und neuer Bund
„(Wenn aber der Dienst des Todes, mit Buchstaben in Steine eingegraben, in Herrlichkeit begann, so dass die Söhne Israels das Angesicht Moses nicht unverwandt anschauen konnten wegen der Herrlichkeit seines Angesichts, die weggetan werden sollte, wie wird nicht viel mehr der Dienst des Geistes in Herrlichkeit bestehen? Denn wenn der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit hat, so ist noch viel mehr der Dienst der Gerechtigkeit überströmend in Herrlichkeit. Denn auch das Verherrlichte ist in dieser Beziehung nicht verherrlicht, wegen der überragenden Herrlichkeit. Denn wenn das, was weggetan werden sollte, mit Herrlichkeit eingeführt wurde, wie viel mehr wird das Bleibende in Herrlichkeit bestehen!“ (Verse 7–11).
In den Versen 7 bis 16 spricht der Apostel in einer langen Einschaltung vom Gegensatz zwischen dem alten und dem neuen Bund. Diesen Unterschied deutlich zu machen war deshalb sehr nötig, da in Korinth, wie wir schon in dem Schlussvers des vorherigen Kapitels gesehen haben, falsche Lehrer arbeiteten, die das Wort Gottes verfälschten.
Das Ergebnis ihrer Arbeit war, dass die Heiligen in Gefahr standen, von der Grundlage der Gnade zu einer Vermischung von Gesetz und Gnade geführt zu werden. Der Apostel möchte nun bis zum Ende des Kapitels zeigen, dass wir in unseren Seelen nur dann bewusst auf der Grundlage der Gnade bewahrt werden können, wenn wir unsere Augen auf Christus in der Herrlichkeit gerichtet halten, auf den Einen, durch den alle Gnade Gottes zu uns fließt. Zuerst spricht Paulus vom Charakter des alten Bundes und seinen Auswirkungen auf diejenigen, die unter diesen Bund kommen.
Der Dienst des Todes und der Verdammnis
Das Gesetz ist der Dienst der Verdammnis und des Todes. Wir müssen uns daran erinnern, dass das Gesetz „heilig und gerecht und gut“ war (Röm 7,12). Es war eine von Gott gegebene Regel für das Verhalten der Menschen auf Erden, nicht jedoch ein Mittel, um den Weg zum Himmel zu zeigen. Aber es wurde auf den Menschen angewandt, der ein Sünder war. Es bewies diesem, dass er Sünden beging, indem es genau die Dinge verbot, die er tat. Darüber hinaus bewies das Gesetz das Vorhandensein einer bösen Natur, die gerade die Dinge zu tun begehrte, die verboten waren.
Während sich neun der zehn Gebote auf einen äußerlichen Lebenswandel bezogen, hat das zehnte mit einer inneren Haltung zu tun: „Du sollst nicht begehren . . . “ (2Mo 19,17). Ein Mensch mag äußerlich tadellos in seinem Verhalten sein, aber die Anwendung des Gesetzes auf seine inneren Gedanken beweist, dass bei ihm ein Begehren vorhanden ist und er daher das Gesetz bricht.
Das Gesetz überführt somit im Blick auf wirkliche Sünden und beweist die böse Natur des Menschen. So wird es zu einem Dienst der Verdammnis, und diese Verdammnis ist nichts anderes als der Tod. Das heilige Gesetz Gottes, das auf einen Menschen angewendet wird, der bereits Sünder ist, wird für diesen also zu einem Dienst der Verdammnis und des Todes.
Das Gesetz war geschrieben und in Steine eingegraben worden. Das Gesetz schrieb nichts auf die Herzen von Menschen. Es sagte dem Menschen nicht auf direkte Weise, was er war, sondern eher, was er sein sollte, sowohl in seinem Herzen als auch im Blick auf seinen äußerlichen Lebenswandel. Aber das Herz des Menschen berührte es nicht. Es sagte ihm, wie sein Leben aussehen sollte, gab ihm aber nicht Leben oder Kraft dazu, oder eine neue Natur.
Das auf die Steine Geschriebene ist ein vollkommener Zeuge dafür, was ich als Kind Adams sein sollte, sowohl was meine Beziehung zu Gott betrifft als auch zu meinem Nächsten. Wenn es aber ein Zeuge für mich ist, ist es zugleich auch ein Zeuge gegen mich, denn es beweist, dass ich nicht das bin, was ich eigentlich sein sollte. Das, was auf Steine geschrieben wurde, sagt: „Tu dies und du wirst leben!“ Aber ich weiß, dass ich das Gesetz nicht gehalten habe. Daher wird das Gesetz, das auf Steine eingeschrieben wurde, für mich ein Dienst des Todes.
Das Gesetz ist vergänglich
Das Gesetz vergeht. Der Apostel spricht von dem Gesetz als etwas, das „weggetan werden sollte“. Es muss Platz machen für das, was bleibt. Es kam „daneben ein“ (Röm 5,20), bis der Nachkomme erscheinen sollte. Das Gesetz bewies den vollständigen Ruin des Menschen und bereitete dadurch den Weg Gottes dafür vor, seine Gnade zu offenbaren. Nachdem sich der Mensch in seinem wahren Charakter vollkommen entlarvt hatte, war das Werk des Gesetzes getan, und es musste der Gnade und Wahrheit, die durch Jesus Christus gekommen ist, Platz machen.
Das Gesetz wurde mit Herrlichkeit eingeführt. Um die Aussage richtig zu verstehen, dass der alte Bund „mit Herrlichkeit eingeführt wurde“, müssen wir uns daran erinnern, dass Herrlichkeit die Offenbarung Gottes ist. Die Herrlichkeit Gottes verkündet, wer Gott ist. Wir haben auch zu bedenken, dass das Gesetz zweimal gegeben worden ist. Der Apostel bezieht sich hier auf das zweite Geben des Gesetzes. Bei der ersten Gelegenheit kam Mose von dem Berg herunter, mit den beiden Steintafeln in seiner Hand. Aber bei diesem Mal leuchtete sein Angesicht nicht voller Herrlichkeit (2Mo 32,15). Es war das reine Gesetz, das dem Menschen Bedingungen auferlegte. Es wurde nicht begleitet von irgendeiner Offenbarung der Herrlichkeit Gottes in Barmherzigkeit zugunsten des Menschen.
Als sich Mose dann dem Lager näherte, traf er auf ein Volk, das in Götzendienst gefallen war und somit das erste Gebot bereits gebrochen hatte. Wenn Mose jetzt das reine Gesetz in die Mitte einer solchen gefallenen Gesellschaft gebracht hätte, wären sie an dem sofortigen überwältigenden Gericht Gottes gestorben. Daher „warf Mose die Tafeln aus seinen Händen und zerbrach sie unten am Berg“ (2Mo 32,19). So kommt er in die Mitte des Volkes ohne die zwei Tafeln. Reines Gesetz kam nie in dem Lager Israels an.
Daraufhin ging Mose ein zweites Mal auf den Berg und flehte Gott für das Volk an. Gott antwortete auf diese Bitten in Gnaden und gab eine teilweise Offenbarung seiner selbst in Güte und Gnade und Barmherzigkeit. Das lässt uns einen Blick auf seine Herrlichkeit tun: Es ist nicht das Gesetz, das vom Menschen fordert, wie er sein muss, sondern die Herrlichkeit, die offenbart, wer Gott ist. „Und der Herr ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und groß an Güte und Wahrheit, der Güte bewahrt auf Tausende hin, der Ungerechtigkeit, Übertretung und Sünde vergibt – aber keineswegs hält er für schuldlos den Schuldigen, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, an der dritten und an der vierten Generation“ (2Mo 34,6.7). Es wird ganz deutlich, dass hier nicht reines Gesetz spricht. Aber es ist auch nicht reine Gnade – die souveräne Gnade Gottes, die in Christus offenbart wurde. Es handelt sich vielmehr um die Güte Gottes, die sich in seiner Regierung zeigt: Gott wird keineswegs den Schuldigen ungestraft lassen, während Er allein auf der Grundlage von Gnade den Gottlosen rechtfertigen kann.
Die Folge dieser teilweisen Offenbarung der Herrlichkeit Gottes bestand darin, dass das Angesicht Moses leuchtete, als er das zweite Mal von dem Berg herab kam (2Mo 34,29-35). Das Volk konnte die Widerspiegelung dieser teilweisen Offenbarung der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Moses jedoch nicht ertragen. Sie konnten ihn wegen der Herrlichkeit seines Aussehens nicht unverwandt anschauen. Kein Mensch ist in der Lage, die Offenbarung Gottes zu ertragen, selbst wenn es sich nur um eine teilweise Enthüllung handelt, wenn diese mit dem Gesetz verbunden ist. Die Reaktion auf solch eine Verbindung wird sein, wie J. N. Darby einmal gesagt hat: „Entweder wird man versuchen, sich vor Gott zu verbergen, wie Adam das im Garten Eden getan hat, oder man wird versuchen, Gott von sich fern zu halten, wie Israel es tat, als sie Mose anflehten, eine Decke auf sein Gesicht zu legen“.
Auf diese Weise wird bewiesen, dass wir nicht das geringste Zeugnis der Herrlichkeit Gottes in seiner Heiligkeit, Gnade und Güte ertragen können, wenn es verbunden ist mit dem, was wir in eigener Anstrengung tun müssten, um dieser Herrlichkeit begegnen zu können. Nein, je mehr von der Herrlichkeit Gottes offenbart wird, die mit solchen Bedingungen verknüpft wird, desto unmöglicher ist es für uns, diese Herrlichkeit zu ertragen.
Nachdem Paulus den Charakter und die Folgen des Gesetzes gezeigt hat, stellt er im Kontrast dazu den Dienst der Gnade vor. Er spricht von diesem Dienst als vom „Dienst des Geistes“, dem „Dienst der Gerechtigkeit“, dem „Bleibenden“ und schließlich von dem Dienst, der nicht nur an Herrlichkeit überragender ist, sondern auch in Herrlichkeit bestehen bleiben wird (Verse 8–11).
Der Dienst des Geistes
Das Gesetz war „mit Buchstaben in Steine eingegraben“ (vgl. auch 2Mo 32,16); das Evangelium ist der Dienst des Geistes Gottes, durch den Christus auf das Herz geschrieben wird. Zudem hängt die Existenz, der Beginn und die Fortdauer des Dienstes des Geistes von der Herrlichkeit Christi ab. Die Herrlichkeit, in der Christus jetzt thront, ist der Zeuge der unendlichen Befriedigung Gottes im Blick auf Christus und sein Werk. Gott ist so vollkommen befriedigt, dass es nun einen Menschen in der Herrlichkeit gibt – einen, der vollkommen passend ist für die volle Offenbarung Gottes. Das Kommen des Geistes ist die Antwort auf diese Herrlichkeit. Nachdem Christus in die Herrlichkeit aufgefahren war, konnte der Geist kommen und in den Herzen von Sündern wirken. Er offenbart ihnen alles das, was Gott ist und wie wir es im Angesicht Christi anschauen dürfen.
Der Dienst der Gerechtigkeit
Wir lernen weiter, dass das Evangelium der Herrlichkeit Christi „der Dienst der Gerechtigkeit“ ist. Das Gesetz war ein Dienst der Verdammnis, weil es Gerechtigkeit von Sündern verlangte und den Menschen wegen seiner Ungerechtigkeit verdammte. Das Evangelium dagegen, anstatt Gerechtigkeit von Sündern zu verlangen, verkündet diesen Sündern die Gerechtigkeit Gottes. Es sagt uns, dass Christus als Sühnung für unsere Sünden gestorben ist und dass Gott seine vollkommene Befriedigung über das, was Christus getan hat, dadurch gezeigt hat, dass er Ihn zu Recht verherrlicht hat, und dass nun durch Christus Gott zu Recht Vergebung der Sünden einer Welt von Sündern verkündigt und darüber hinaus zu Recht den Sünder, der an Jesus glaubt, umsonst rechtfertigt (Röm 3,24.26). So verkündet uns das Evangelium der Herrlichkeit Christi nicht nur die Liebe und Gnade Gottes, sondern auch die Gerechtigkeit Gottes selbst.
Der bleibende Dienst
Im Gegensatz zu dem Gesetz ist der Dienst der Gnade etwas, das bleibt. Das Gesetz kam daneben ein, um den Menschen zu entlarven. Damit sollte jedoch nur der Weg gebahnt werden für das Kommen Christi. Nachdem Christus gekommen ist, haben wir jemanden vor uns, der nicht vergehen kann, noch kann seine Herrlichkeit verdunkelt werden oder sein Werk seine Wirkung verlieren. Daher müssen alle Segnungen des Evangeliums der Herrlichkeit, die von der Herrlichkeit Christi abhängen, genauso bleibend sein wie Christus es ist.