Behandelter Abschnitt 1Kor 3,1-4
Nachdem der Apostel uns das Kreuz, wodurch das Fleisch richterlich beiseite gesetzt wird, und den Heiligen Geist, durch welchen die Weisheit dieser Welt beiseite gesetzt wird, vorgestellt hat, kehrt er nun zu dem Gegenstand zurück, mit dem er diesen Brief begonnen hatte: dem Zustand der Parteiungen, der in der Versammlung in Korinth bestand. Später wird er sich mit weiteren Erscheinungen und Wirkungen des Fleisches beschäftigen; doch es ist offensichtlich, dass er sich zuerst mit dieser besonderen Art des Bösen beschäftigt, denn wie es sich seit diesen Tagen immer wieder erwiesen hat, macht es ein Zustand der Parteiungen und Spaltungen sehr schwer wenn nicht gar unmöglich, andere Missstände zu korrigieren.
Zuerst spricht der Apostel von dem niedrigen geistlichen Zustand der Versammlung, der in ihrer fleischlichen Haltung den Dienern Gottes gegenüber zum Ausdruck kam (Verse 1 – 4). Um diesen fleischlichen Gebrauch der Gaben und begabten Diener zu korrigieren, gibt der Apostel wertvolle und nützliche Belehrungen hinsichtlich des Dienstes oder der Arbeit für den Herrn (Verse 5 – 23) und in Kapitel 4 hinsichtlich der Diener oder Arbeiter selbst.
Der niedrige geistliche Zustand der Versammlung
Verse 1–4
„Und ich, Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christus. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht Speise; denn ihr vermochtet es noch nicht, aber ihr vermögt es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich. Denn da Neid und Streit unter euch ist, seid ihr nicht fleischlich und wandelt nach Menschenweise? Denn wenn einer sagt: Ich bin des Paulus; der andere aber: Ich des Apollos; seid ihr nicht menschlich?“
Die Versammlung in Korinth war trotz ihrer Weisheit und Erkenntnis und Gaben, derer sie sich rühmten, in einem derart niedrigen Zustand, dass der Apostel nicht in der Lage war, ihnen die Tiefen Gottes mitzuteilen. Sicherlich waren diese Gläubigen nicht natürliche Menschen, die den Geist nicht besitzen (Kap 2,14); aber es waren auch keine geistlichen Menschen, die unter der Leitung des Geistes wandelten. Der Apostel muss sie vielmehr fragen: „. . . seid ihr nicht fleischlich“? Sie waren Gläubige, die zwar im Besitz des Geistes waren, aber nach dem Fleische wandelten. Wie tief demütigend ist es doch, erkennen zu müssen, dass es möglich sein kann, in Sprachen und Erkenntnis und Gaben reich gemacht worden zu sein, gesättigt und klug in Christus und stark zu sein (Kap 4,8–10) – und doch in den Augen Gottes fleischlich zu sein, geistlich nicht weiterentwickelt, wie ein Säugling, der aufhört zu wachsen. Das hat zur Folge, dass man nicht in der Lage ist, den Reichtum der geistlichen Nahrung aufzunehmen, die Gott für Sein Volk bereitstellt.
Der Apostel verurteilt sie wegen ihres fleischlichen Zustandes dadurch, dass er sie auf die in ihrer Mitte herrschenden Missstände aufmerksam macht. Er sagt, dass Neid und Streit unter ihnen seien.
In ihren praktischen Wegen wandelten sie wie natürliche Menschen. Statt einander in Liebe zu dienen, wie es Heiligen geziemt, beneideten sie einander und begehrten, in der Erkenntnis und in der Ausübung der Gaben einander ebenbürtig oder sogar überlegen zu sein – genauso, wie es die Menschen der Welt tun. Die Wurzel all ihres Streites war also der Neid. Es gibt wohl keine größere Macht für das Böse in der Welt, als den Neid. Neid führte zu dem ersten Mord auf dieser Erde; und Neid führte auch zu dem schrecklichsten Mord auf dieser Erde, als die Juden den Fürsten des Lebens töteten.
Wir lesen nämlich von Pilatus, dass „er wusste, dass sie ihn aus Neid überliefert hatten“ (Mt 27,18). Sehen wir nicht auch, dass Neid der Hauptgrund aller Streitigkeiten unter dem Volk Gottes war und ist? Der Apostel Petrus sagt uns warnend, dass Neid weder Mitleid noch Erbarmen kennt. Neid führt zu Bosheit und übler Nachrede; und die Bosheit führt zu Trug, durch den der Mensch versucht, das zu verdecken, was er wirklich ist; und sie führt zu Heuchelei, durch die der Mensch etwas darzustellen vortäuscht, was er gar nicht ist (vgl. 1Pet 2,1).