Kapitel 12–15,13: Praktische Ermahnungen
Einleitung
Im ersten Teil des Briefes hat der Apostel die Wahrheit vorgestellt, die den Gläubigen in seinen wahren Beziehungen zu Gott befestigt. Nun zeigt er uns den Lebenswandel, der zu diesen Beziehungen gehört. Es ist offensichtlich, dass die Lehre der Praxis vorausgehen muss. Mit anderen Worten: Die Wahrheit der Beziehung zu Gott muss gekannt sein, bevor man in einer Weise handeln kann, die zu dieser Beziehung passt.
Kapitel 11 schließt mit einer Doxologie (Lobpreis) der souveränen Barmherzigkeit Gottes ab, die in Gnade allen Menschen gegenüber handelt: sowohl im Blick auf Juden als auch auf Heiden. Die praktischen Ermahnungen, die nun folgen, wenden sich an diejenigen, die durch diese souveräne Gnade gesegnet worden sind.
Wir werden nicht zu einem richtigen Lebenswandel ermahnt, um diesen Segen zu erwirken, sondern weil wir gesegnet sind. Das kann man vergleichen mit unserer Beziehung als Eltern zu unseren Kindern. Wir ermahnen sie, gehorsam zu sein und so zu handeln, wie es für Kinder angemessen ist. Das tun wir aber nicht, um sie zu Kindern zu machen, sondern weil sie Kinder sind.
Der Leser wird bemerken, dass die praktischen Ermahnungen ab Kapitel 12 in drei verschiedene Bereiche gegliedert sind:
In Kapitel 12 finden wir die Ermahnungen, die in Übereinstimmung mit der Wahrheit sind, dass die Gläubigen einen Leib in Christus bilden.
In Kapitel 13 zeigen uns die Ermahnungen über den Lebenswandel, der angemessen ist für Gläubige in ihrer Beziehung zum Königreich der Menschen, unter die sie gestellt werden.
In den Kapiteln 14 und 15 (bis Vers 13) schließlich haben wir Ermahnungen, die mit dem Königreich Gottes verbunden sind, in dem sich der erlöste Christ befindet.
Der Lebenswandel der Gläubigen im christlichen Bereich (Kapitel 12)
Die Ermahnungen im Blick auf den praktischen Lebenswandel des Gläubigen beginnen notwendiger- weise mit dem inneren Bereich: dem christlichen Kreis. Wenn unsere Lebenspraxis in diesem Bereich nicht richtig ist, werden wir nicht in der Lage sein, ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen, wenn wir in Berührung mit der Welt kommen, durch die wir hindurchgehen.
In den Versen 1–5 werden wir im Blick auf unsere Beziehungen zu Gott und zueinander ermahnt.
In den Versen 6–8 kommen die verschiedenen Formen des Dienstes vor uns.
Ab Vers 9 bis zum Ende des Kapitels finden wir die moralischen Charakterzüge, die solche kennzeichnen sollen, die dem Herrn dienen.
Unsere Beziehungen zu Gott und zueinander (Verse 1–5)
Der Apostel wendet sich an die Gläubigen auf der Grundlage der Erbarmungen Gottes, durch die sie so reich gesegnet worden sind. Es sind die Barmherzigkeiten, die uns in den ersten elf Kapiteln entfaltet worden sind. Im Bewusstsein dieses reichen Segens geziemt es uns, unsere Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzustellen. Das ist unser vernünftiger Dienst.
Ein lebendiges, heiliges Opfer für Gott (Vers 1)
„Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, was euer vernünftiger Dienst ist.“ (Vers 1)
Wir sollen uns bewusst sein, was für ein weitreichendes Bedürfnis wir haben, unseren Geist zu regieren und unsere Zuneigungen unter Kontrolle zu halten. Wenn man sich allerdings darauf beschränkt, steht man in Gefahr zu denken, dass dies alles ist. Dann wird man leicht sorglos im Blick auf die Art und Weise, wie wir unsere Leiber benutzen. Daher betont Paulus hier, dass es unsere Leiber sind, die wir Gott darstellen sollen.
Unsere Füße sollen auf einem Weg des Gehorsams gehen. Unsere Hände sollen im Dienst für Gott eingesetzt werden. Und unsere Zungen sollen als Zeugen Gottes reden. Das beinhaltet auch, dass wir unser Leben als ein Opfer sehen. Denn unsere natürliche Neigung besteht darin, den Körper zu benutzen, um den Willen des Fleisches auszuführen. Wenn wir unseren Leib Gott darstellen, ist das nicht nur ganz grundsätzlich ein Opfer, sondern auch ein lebendiges Schlachtopfer.
Wir können unser Geld und unsere Güter Gott zur Verfügung stellen. So richtig diese Freigiebigkeit an ihrem Platz ist, meint das „lebendige“ Schlachtopfer etwas anderes. Denn trotz solcher Gaben kann es sehr viel Zügellosigkeit des Leibes in unserem Leben geben.
Zudem heißt es, dass unsere Leiber als ein „heiliges“ Schlachtopfer darzustellen sind. Denn für den Gottesdienst ist nicht nur ein lebendiger Leib nötig, sondern auch ein „heiliger“. Nur dann, wenn der Leib in Heiligkeit gehalten wird, kann das Opfer Gott wohlgefällig sein.