Behandelter Abschnitt Röm 7,14-25
Die Erfahrung, durch die sich der wahre Charakter des Fleisches offenbart, und das daraus folgende Bedürfnis nach einem Befreier (7,14–25)
Die abschließenden Verse unseres Kapitels zeigen die Erfahrungen eines Menschen, der sich unter Gesetz befindet, auch wenn er von Neuem geboren worden ist und daher einen erneuerten Sinn besitzt.
Die Erfahrungen werden uns im Blick auf jemanden vorgestellt, der von der Herrschaft des Gesetzes freigemacht worden ist. So kann der Apostel davon sprechen: „Wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist.“ Dieses „wir“ stellt solche dar, die sich in der ganzen Fülle der christlichen Stellung befinden. Es ist das, was diejenigen wissen, die frei sind. Dann fährt der Apostel fort und nennt die Erfahrungen eines Menschen, der unter Gesetz steht. Daher lässt der Apostel sofort das „wir“ fallen und benutzt das „ich“, denn die Erfahrungen, die jetzt folgend, drücken nicht die wahren christlichen Erfahrungen aus. Dennoch ist es eine Erfahrung, durch die – sicher in unterschiedlichem Maß – jeder Christ hindurchgeht.
Es ist außerordentlich wichtig, dass wir den wahren Charakter unserer alten Natur kennenlernen: das Fleisch. Wir müssen dann zu dem Punkt kommen, dass wir mit Hiob nicht nur sagen: „Ich bin zu gering“ (oder wertlos, abscheulich, vgl. Hiob 40,9), sondern: „Ich verabscheue mich“ (vgl. Hiob 42,6). Wir mögen zu dieser Erkenntnis des eigenen Ich auf drei Wegen kommen:
Drei Wege zum wahren Bewusstsein des eigenen Ich
Wir können lernen, was wir in der Gegenwart des Herrn sind, wie auch Petrus, als er zu den Knien Jesu niederfiel, bekannte: „Ich bin ein sündiger Mensch, Herr“ (Lk 5,8).
Wir können das Böse unserer Herzen kennenlernen, indem wir durch den Teufel dazu verführt werden, öffentlich zu sündigen. Auch dafür ist Petrus ein Beispiel, als er den Herrn verleugnete.
Wir können den Charakter des Fleisches auch kennenlernen, indem wir auf gesetzliche Weise das zu tun suchen, was richtig ist.
In den Erfahrungen des Gläubigen, den Paulus in Römer 7 vorstellt, geht es um diesen dritten Weg. Der dort angenommene Fall besteht darin, dass ein Mensch mit erneuertem Sinn das zu tun sucht, was richtig ist. Aber er versucht es, indem er sich unter das Gesetz stellt. In all diesen Erfahrungen wird Christus oder der Heilige Geist nicht erwähnt. Der Mensch denkt nur an die Anforderungen des Gesetzes, an sich selbst und seine eigenen Anstrengungen.
Man kann auf der einen Seite sehr klar sein, dass man seine Errettung nicht dadurch sicherstellen kann, dass man die zehn Gebote hält. Und doch kann man zugleich versuchen, das Fleisch zu überwinden und das Richtige zu tun auf dem Grundsatz des Gesetzes. Mit anderen Worten: Ich kann versuchen, das Fleisch durch eigene Anstrengungen zu bezwingen und einzudämmen, indem ich bestimmte Regeln und Maximen einhalten möchte, statt auf Christus und seine Hilfe zu sehen.
Der Grundsatz des Gesetzes: Ich selbst schaffe die Grundlage für Segen
Der Grundsatz des Gesetzes besteht darin, dass ich den erwünschten Segen dadurch zu erlangen suche, dass ich meinen Verantwortlichkeiten entspreche. Ich kann bekennen, nicht unter Gesetz zu stehen und doch sagen: „Ich darf diese böse Begierde nicht zulassen, ich muss den Sieg über den alten Menschen und die in mir wohnende Sünde erringen.“ Wenn ich so rede, stelle ich mich vom Grundsatz her unter Gesetz. Denn all diese Gedenken heißen letztlich, dass der Sieg über die Sünde und die Befreiung von ihrer Macht davon abhängen, dass ich meinen Verantwortlichkeiten entspreche. Sie hängen also von meinen Anstrengungen ab.
Wenn aber der Sieg über Sünde von irgendetwas abhängt, was ich tue, dann habe ich etwas, worin ich mich rühmen kann. Wir sind oft so langsam darin, die Wahrheit der vollkommenen Bosheit des Fleisches zu lernen und unsere Unfähigkeit anzuerkennen, das Böse zu überwinden, dass wir diese Wahrheiten durch Erfahrung lernen müssen, oft durch sehr bittere Erfahrungen. Wir mögen uns über viele Jahre hinweg anstrengen, die Sünde zu überwinden und von ihrer Macht befreit zu werden. Solange wir mit diesen Anstrengungen weitermachen, wird unsere Geschichte ständig geprägt sein durch Niederlagen und Enttäuschungen.
Auch wenn diese Erfahrungen nützlich und notwendig sind, werden sie uns nie von der Sünde befreien. Diese Erfahrungen beweisen nur, dass wir uns selbst von der Macht der Sünde nicht befreien können. Es ist nötig, das zu lernen, bevor wir wirklich frei werden können. Daher müssen solche Erfahrungen, auch wenn sie uns nicht Befreiung schenken können, in gewissem Maß der Befreiung vorausgehen.
Durch diese Erfahrungen lernen wir, auch wenn sie sehr schmerzhaft sind, einige wichtige Lektionen, die der Apostel in den folgenden Versen zeigt.