Behandelter Abschnitt Joh 16,8-11
Die gegenwärtige Welt wird bloßgestellt (Joh 16,8-11)
Joh 16,8-11: 8 Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht. 9 Von Sünde, weil sie nicht an mich glauben; 10 von Gerechtigkeit aber, weil ich zum Vater hingehe und ihr mich nicht mehr seht; 11 von Gericht aber, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist.
An dieser Stelle seiner Rede nimmt der Herr die Unterweisung der beiden letzten Verse von Kapitel 15 bezüglich des Kommens des Heiligen Geistes wieder auf. In den dazwischen liegenden Versen hatte der Herr über das Zeugnis der Jünger gesprochen und von der Verfolgung, die dieses Zeugnis mit sich bringen würde. Er nimmt dieses große Thema wieder auf mit den Worten „Wenn er gekommen ist …“. Diesen Ausdruck hatte Er schon vorher in Johannes 15,26 und wieder in Johannes 16,13 gebraucht. Jedes Mal bezeichnet dieser Ausdruck eine neue Stufe der Unterweisung. In Johannes 16,8 zeigt sein Kommen den wahren Charakter der Welt. In Johannes 16,13 kommt Er, um den Gläubigen in die Wahrheit einer andern Welt zu leiten.
Ehe diese andere Welt offenbart wird, wird der wahre Charakter dieser Welt aufgedeckt, und deshalb lesen wir: „Wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht.“ Die Frage, wer diese Demonstration empfängt, wird nicht gestellt, aber die Tatsache wird festgestellt, dass die Gegenwart des Heiligen Geistes den wahren Charakter der Welt ans Licht bringt. Tatsächlich gilt diese Demonstration nicht der Welt als solcher, sondern denen, in denen der Geist wohnt. Doch das, was sie erfahren haben, werden sie dazu gebrauchen, um der Welt ihren eigenen wahren Zustand zu bezeugen.
Die Gegenwart des Geistes stellt die Welt nicht auf die Probe. Die Welt ist bereits durch die Gegenwart Christi vollständig geprüft worden. Er war in solcher Weise hier, dass die Welt seine Werke der Gnade sehen und seine Worte der Liebe hören konnte; und der Herr fasst das Ergebnis dieser Prüfung in den Worten zusammen: „Sie haben gesehen und gehasst sowohl mich als auch meinen Vater“ (Joh 15,24). Wenn der Geist kommt, kann die Welt Ihn nicht empfangen, weil sie Ihn weder sieht noch Ihn kennt. Doch den Gläubigen – jenen, in denen Er wohnt – zeigt Er das Ergebnis der Prüfung, so dass die Gläubigen, die durch den Geist belehrt sind, keine falschen Vorstellungen von der Welt haben. Durch diese Belehrung kennen sie die den wahren Charakter der Welt, so wie Gott sie sieht. Ihr Charakter wird gezeigt in Bezug auf Sünde, Gerechtigkeit und Gericht. Nicht abstrakte Erklärungen bewirken diese Überzeugung in der Seele, sondern ein Hinweis auf den Herrn Jesus und die große
Tatsachen seiner Geschichte.
Zuerst wird ihr Zustand in Bezug auf die Sünde bewiesen. Die Gegenwart des Geistes ist an sich schon ein Beweis für den bösen Zustand der Welt, denn hätte sie Christus nicht verworfen, wäre der Heilige Geist nicht da. Seine Gegenwart ist ein Beweis dafür, dass die Welt den Sohn Gottes gehasst, hinausgestoßen und gekreuzigt hat. Juden und Heiden, die die religiöse und politische Welt repräsentieren, vereinigten sich in dem Ruf:
„Hinweg mit ihm, kreuzige ihn!“ Deshalb ist es eine Welt, die nicht an Christus glaubt, und diese ernste Tatsache beweist, dass sie unter der Sünde ist. Wir könnten verstehen, dass die Welt an keinen andern sonst glaubt, aber wenn die Welt nicht an Christus glaubt – den Einen, an dem sie keine Schuld finden konnte –, ist das ein klarer Beweis, dass sie von einem bösen Prinzip beherrscht sein muss, das Gott Sünde nennt.
Den letzten und vollkommenen Beweis, dass die Welt unter der Sünde ist, finden wir nicht in der Tatsache, dass die Menschen bestimmte Gesetze Gottes übertreten oder den Tempel entweiht und die Propheten gesteinigt haben. Dieser Beweis liegt vielmehr darin, dass die Welt Gott endgültig und in aller Form ablehnte, indem sie sich weigerte, an seinen Sohn zu glauben. Das geschah, als Gott in all seiner Gnade, Liebe, Macht und Güte zugunsten des schuldigen Menschen offenbart wurde, und zwar in dem Sohn, der Mensch geworden war und unter den Menschen wohnte. Das ist die hervorstechende Tatsache, die die Sünde der Welt beweist. Wie anständig das Äußere dieser Welt zeitweise auch aussehen mag, was für Fortschritte in Zivilisation und Erfindung die Welt auch machen mag – die Tatsache bleibt, dass die Gegenwart des Geistes beweist, dass es eine Welt ist, die nicht an Christus glaubt, und dass es darum eine Welt unter der Sünde ist.
Zweitens wird der böse Zustand der Welt hinsichtlich der Gerechtigkeit bewiesen. Die Gegenwart des Geistes beweist nicht nur die Abwesenheit Christi von der Welt, sondern auch die Gegenwart Christi in der Herrlichkeit. Wenn die Abwesenheit Christi der höchste Beweis von Sünde ist, dann ist seine Gegenwart in der Herrlichkeit der größte Ausdruck von Gerechtigkeit. Die Sünde der Menschen erreichte ihren Höhepunkt, als die Welt den Sündlosen ans Kreuz brachte. Gerechtigkeit wird auf der einen Seite darin sichtbar, dass Christus, der ans Kreuz geschlagen wurde, zum Vater zurückgekehrt ist; und auf der anderen Seite wird sie darin sichtbar, dass die Welt als solche Ihn nicht mehr sehen wird. Es ist nur recht, dass Er den höchsten Platz in der Herrlichkeit haben sollte; es ist nur recht, dass die Welt, die Ihn sah und ohne Ursache hasste, Ihn nicht mehr sehen sollte. So wird bewiesen, dass die Welt in Sünde und ohne Gerechtigkeit ist.
Der Geist zeigt Gericht, weil der Fürst dieser Welt gerichtet ist. Hinter der Sünde des Menschen steckt das raffinierte Wirken Satans. Der Mensch ist nur das Werkzeug des Teufels. Gott hat beschlossen, Christus an den Platz der erhabensten Macht im Universum zu setzen. Der Teufel hat sich vorgenommen, Gottes Absicht zu durchkreuzen; und vom Garten Eden bis zum Kreuz von Golgatha hat er den Menschen als sein Werkzeug benutzt, um seine Pläne auszuführen. Am Kreuz sah es aus, als habe der Teufel triumphiert, denn dort gelang es ihm, mit Hilfe der Menschen gerade den ans schmachvolle Kreuz zu nageln, den Gott für den Thron der Herrlichkeit bestimmt hatte.
Aber die Gegenwart des Geistes bringt den Beweis, dass Christus den höchsten Platz in der Herrlichkeit einnimmt, trotz allem, was die Welt, die vom Fürsten dieser Welt dazu getrieben wurde, getan hat. Gott hat über die Sünde des Menschen und die Macht des Teufels triumphiert. Der Platz der Herrlichkeit, auf den Christus gesetzt wurde, ist der Beweis, dass der Teufel bei seiner größten Machtausübung besiegt worden ist. Das muss das abschließende und endgültige Gericht über den Teufel bedeuten; und wenn der Teufel gerichtet ist, wird das ganze Weltsystem, dessen Beherrscher er ist, unter das Gericht kommen. Das Gericht ist noch nicht ausgeübt worden, aber moralisch ist die Welt mit ihrem Herrscher verdammt.
So also ist der Zustand der Welt in den Augen Gottes, bewiesen durch die Gegenwart des Geistes: Es ist eine Welt unter der Sünde, ohne Gerechtigkeit, und sie ist dabei, dem Gericht entgegenzugehen.