Behandelter Abschnitt Dan 9,3-6
Daniels Bekenntnis der Sünde des Volkes Gottes (Verse 3–6)
„Und ich richtete mein Angesicht zu Gott, dem Herrn, um ihn mit Gebet und Flehen zu suchen, in Fasten und Sacktuch und Asche“ (9,3).
Die sofortige Reaktion der Erkenntnis Daniels aus dem Wort, dass Gott kurz davor steht, sich seines Volkes anzunehmen, ist seine Hinwendung zu Gott. Er geht mit den guten Neuigkeiten nicht zu seinen Mitgefangenen, sondern er nähert sich Gott, indem er sagt: „Und ich richtete mein Angesicht zu Gott, dem Herrn.“ Wie jemand sagte, „hat [er] Gemeinschaft mit Gott über das, was er von Gott empfangen hat“. Das Ergebnis ist, dass er den wahren Charakter des Augenblickes und den moralischen Zustand des Volkes sieht und in einer Weise handelt, die für den Augenblick angemessen ist.
Gott ist im Begriff, seine züchtigende Hand zurückzuziehen und seinem Volk eine kleine Wiederbelebung zu gewähren. Nichtsdestotrotz ist Daniel weder erfreut, noch wendet er sich mit Rufen und Lobpreis an das Volk. Vielmehr sieht er die wahre Bedeutung des Augenblickes und wendet sich an Gott, „um ihn mit Gebet und Flehen zu suchen, in Fasten und Sacktuch und Asche“, und legt dem Herrn, seinem Gott, ein Bekenntnis ab.
Gut mit der Schrift vertraut, schaut Daniel über 1.000 Jahre zurück, seit Gott sein Volk von der Sklaverei in Ägypten befreit hatte (9,15). Er sieht, dass diese Zeitperiode eine lange Geschichte des Versagens und der Rebellion ist. Ihm war bereits gewährt worden, in die Zukunft zu blicken und das Versagen und Leid, das das Volk Gottes noch erwartete, zu sehen (Kap. 7–8). Auch hatte er gelernt, dass es keine vollständige Befreiung für das Volk Gottes geben würde, bis der Sohn des Menschen kommt und sein Königreich aufrichtet.
Kurz zusammengefasst sieht er die von Versagen gekennzeichnete Vergangenheit, die von den Prophezeiungen noch tieferer Leiden und größeren Versagens verdunkelte Zukunft, und keine Hoffnung auf Befreiung für das Volk Gottes als Ganzes bis zum Kommen des Königs. Angesichts dieser Wahrheiten war Daniel tief betroffen, seine Gedanken ängstigten ihn, seine Gesichtsfarbe veränderte sich und er war erschöpft und einige Tage krank (7,28; 8,27).
Aber Daniel machte noch eine andere Entdeckung. Er lernte aus der Schrift, dass Gott trotz allen bisherigen Versagens und allen zukünftigen Unheils vorhergesagt hatte, dass es inmitten dieser Jahre eine kleine Wiederbelebung geben würde.
In all diesem können wir kaum anders, als eine Verbindung zwischen unseren Tagen und denen Daniels zu sehen. Wir können zurückblicken auf Jahrhunderte des Versagens der Versammlung in ihrer Verantwortung. Wir wissen aus der Schrift, dass „böse Menschen aber und Betrüger . . . zu Schlimmerem fortschreiten“ werden (2Tim 3,13), und sehr bald die, die den Namen Christi auf der Erde bekennen, aus seinem Mund ausgespien werden.
Wir wissen auch, dass nichts als das Kommen Christi das Volk Gottes wieder zusammenbringen und die ganze beklagenswerte Geschichte des Versagens beenden wird. Aber wir wissen auch, dass inmitten all dieses Versagens Gott deutlich gesagt hat, dass es eine philadelphische Wiederbelebung einiger weniger geben wird, die inmitten des Verderbens der Christenheit in großer Schwachheit danach trachten, sein Wort zu bewahren und seinen Namen nicht zu verleugnen.