Behandelter Abschnitt Gal 5,10-12
„Ich habe Vertrauen zu euch im Herrn, dass ihr nicht anders gesinnt sein werdet; wer euch aber verwirrt, wird das Urteil tragen, wer er auch sei. Ich aber, Brüder, wenn ich noch Beschneidung predige, was werde ich noch verfolgt? Dann ist ja das Ärgernis des Kreuzes weggetan. Ich wollte, dass sie sich auch abschnitten, die euch aufwiegeln“ ( Gal 5,10-12).
Der Apostel wusste, dass „die Wahrheit“, die er dargelegt hatte, durch das Herz und Gewissen derer beantwortet werden sollte, die durch die Gnade Gottes erquickt worden waren, auch wenn diese Wahrheit momentan durch Gesetzlichkeit verdeckt worden war. Dies war sein Vertrauen zu ihnen im Herrn. Wie ernstlich und fortwährend müssen wahre Christen ermutigt werden, „in der Gnade Gottes zu verharren“ (Apg 13,43). Es ist bemerkenswert, das übereinstimmende Zeugnis der Apostel bezüglich des wahren Charakters der Gesetzlichkeit zu finden. Es stellt sich auf eine solch redliche Weise dar – moralisch, wohltätig oder religiös –, dass es schwierig erscheint, es als großen Zerstörer und Verwirrer zu betrachten. Doch dies war das einheitliche Zeugnis der Apostel in ihrem denkwürdigen Konzil, das in der Apostelgeschichte aufgezeichnet ist: „Weil wir gehört haben, dass einige, die von uns ausgegangen sind, euch mit Worten beunruhigt haben, indem sie eure Seelen verstören [und sagen, ihr müsstet beschnitten werden und das Gesetz halten] – denen wir keinen Auftrag gegeben haben“ (Apg 15,24). Und so kennzeichnet der Apostel die gesetzlichen Lehrer hier als „Verwirrer“.
Wie viele Christen quälen sich selbst, weil sie auf sich schauen, anstatt auf Christus zu blicken, weil solche sie durch ihre Worte und Lehren verwirren. Der Apostel verschont den gesetzlichen Lehrer nicht – wer auch immer er sei, er soll sein Urteil tragen. Ja, es mag hart erscheinen – lieblos, wie die Menschen es heute nennen würden –, doch der Apostel zögert nicht, zu sagen: „Ich wollte, dass sie sich auch abschnitten, die euch aufwiegeln.“ Die Ehre Gottes und seines Christus stehen auf dem Spiel, und wenn dies der Fall ist, ist nicht die Zeit für sanfte Worte.
Der Apostel wusste, dass die Verkündigung eines veränderten Evangeliums, bei dem die Gnade Gottes mit menschlichen Werken vermischt und dem menschlichen Werk weit mehr Bedeutung zugemessen wird als dem Werk Christi am Kreuz, das Ärgernis des Kreuzes wegnehmen würde. Und so ist es auch geschehen. Die Menschen mögen predigen, und sagen, dass Christus für unsere Sünden gestorben ist. Doch sie zögern, die wahre Schlussfolgerung zu ziehen, dass wir dann auch erlöst sind.
Der wahre Anstoß des Kreuzes ist der: Während es dem Menschen jeden erdenklichen Grund für Vertrauen auf sich selbst nimmt, gibt es ihm als einem erkannten und erwiesenen Sünder mit Gott einen solchen Grund des Vertrauens, dass er auf der Grundlage sowohl seiner Heiligkeit, als auch seiner Gnade Frieden mit Ihm haben kann.
Das Ärgernis des Kreuzes gibt es immer noch, und zwar da wo das Kreuz als das Urteil Gottes gegen die menschliche Gerechtigkeit, Weisheit und Gutheit dargelegt und so eine neue Ordnung eingeführt wird, nämlich Christus, und Ihn als Gekreuzigten, „Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ für die, die von Gott berufen und durch seine Gnade gerettet sind (1Kor 1,18-24).