Behandelter Abschnitt Gal 1,1-3
Einleitung
Der Römerbrief und der Galaterbrief behandeln beide dasselbe große Thema, nämlich den Weg der Rechtfertigung eines Sünders vor Gott. Es gibt jedoch einen bedeutenden Unterschied zwischen den beiden Briefen. Im Römerbrief legt der Apostel dar, was das Evangelium tatsächlich ausmacht – die Kraft Gottes zur Erlösung eines jeden, der glaubt, weil darin die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben offenbart ist. Im Galaterbrief hingegen hatte er mit solchen zu tun, die das Evangelium der Gnade Gottes empfangen und versucht hatten, das Evangelium mit den Werken des Gesetzes zu verbinden und es eben dadurch zunichte zu machen. Daher finden wir in diesem Brief viel Strenge. Bei keiner anderen Gelegenheit setzt Paulus seine apostolische Autorität derart stark durch.
„Paulus, Apostel, nicht von Menschen noch durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn aus den Toten auferweckt hat, und alle Brüder, die bei mir sind, den Versammlungen von Galatien: Gnade euch und Friede von Gott, dem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus“ ( Gal 1,1-3).
Der Apostel war nicht von Menschen ausgesandt worden, noch hatte er seine Berufung von Menschen empfangen. Er beharrt hier auf der Besonderheit seines Apostelamtes. Ungleich den Zwölfen kam seine Berufung direkt vom auferstandenen Christus. Sie kam direkt vom Himmel, nachdem Jesus sein Werk vollendet hatte; wie der Apostel selbst den Ältesten von Ephesus bekundet: „Damit ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes“ (Apg 20,24). Gott scheint die Entwicklungen der heutigen Tage vorhergesehen zu haben, indem Er durch die Auswahl des Apostels Paulus jeden Anschein einer apostolischen Nachfolge im Keim erstickt hat.
Nachfolge im Dienst, und insbesondere im Dienst für die Wahrheit des Evangeliums, war dem Apostel sehr wertvoll. Daher verbindet er sich selbst mit den Brüdern, um ihre absolute Zustimmung zu dem zum Ausdruck zu bringen, was er hier darlegt. Galatien war eine große Provinz, in der es mehrere Zusammenkommen von Christen gab, und er richtet seinen Brief an die Versammlungen von Galatien. In Apostelgeschichte 16,6 wird erstmals erwähnt, dass der Apostel Galatien besucht, und in Apostelgeschichte 18,23 finden wir, dass er durch die galatische Landschaft und Phrygien reiste und alle Jünger befestigte. Petrus wendet sich ebenfalls an die „Fremdlinge von der Zerstreuung von . . . Galatien“ (1Pet 1,1).
Dies ist der einzige Fall, in dem der Apostel sich an mehrere Versammlungen einer Provinz wendet. Seine anderen Briefe, außer denen, die sich an einzelne Personen richten, sind an die eine Versammlung einer bestimmten Stadt adressiert. Die Art der apostolischen Ansprache in den einzelnen Briefen sowie Weise, auf die der Apostel sein Amt vorstellt, sind einer genaueren Untersuchung wert. Im Philipperbrief stellt er sein Apostelamt überhaupt nicht vor, sondern bedient sich, wie ich glaube, eines nach seinem Ermessen höheren Titels des Knechtes Christi Jesu.