Behandelter Abschnitt Judas 11-13
Nachdem er deren wahren Charakter aufgedeckt und sozusagen ihre Maske abgenommen hat, wälzt er die ernstesten Anklagen auf sie und fügt dabei weitere charakteristische Eigenschaften hinzu:
„Wehe ihnen! Denn sie sind den Weg Kains gegangen und haben sich für Lohn dem Irrtum Bileams hingegeben, und in dem Widerspruch Korahs sind sie umgekommen. Diese sind die Flecken bei euren Liebesmahlen, indem sie ohne Furcht Festessen mit euch halten und sich selbst weiden; Wolken ohne Wasser, von Winden hingetrieben; spätherbstliche Bäume, fruchtleer, zweimal erstorben, entwurzelt; wilde Meereswogen, die ihre eigenen Schändlichkeiten ausschäumen; Irrsterne, denen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist“ (11–13).
In dem Ausspruch dieses prophetischen „Wehe“ über diese Verfälscher der Wahrheit liegt etwas sehr ernstes. Es ist ein „Wehe“, das, da es den Unwillen des Geistes Gottes ausdrückt, das unwiderrufliche Urteil des Gerichts in sich trägt, wenn es keine Reue gibt. „Dann fasst Judas drei Arten oder Eigenschaften des Bösen (wie sie in diesem Menschen gesehen werden) und der Entfremdung von Gott zusammen. Erstens die der Natur, des Widerstands des Fleisches gegen das Zeugnis Gottes und sein wahres Volk, der Antrieb, den diese Feindschaft dem Willen des Fleisches gibt. Zweitens kirchlich Böses, das Lehren falscher Dinge für Lohn, die ganze Zeit wissend, dass dies im Widerspruch zur Wahrheit und gegen das Volk Gottes ist. Drittens offener Widerstand, Rebellion gegen die Autorität Gottes als wahrer König und Priester.“4 Diese drei Formen des Bösen wurden, wie uns hier vor Augen geführt wird, in Kain, Bileam und Korah aufgezeigt. Nun lernen wir, dass diese tatsächlich typische Ausdrucksformen des verdorbenen menschlichen Herzens im Widerstand gegen das Werk des Geistes Gottes sind. Wir sind daher vorgewarnt, und es ist nicht zu viel gesagt, dass es nach dieser Belehrung nicht schwer ist, all diese Verdorbenheit in der Versammlung Gottes in der heutigen Zeit zu entdecken.
Der Geist Gottes, der Judas als Sprachrohr seiner Gedanken verwendet, fährt nun damit fort, eine Vielzahl von Bildern und Beispielen zu nutzen, um den wertlosen und boshaften Charakter dieser Wölfe im Schafspelz aufzuzeigen. Sie sind, wie er sagt, „Flecken bei euren Liebesmahlen“. Es war die Praxis der frühen Heiligen, sich im Eifer ihrer ersten Liebe in glücklicher Jüngerschaft zu sogenannten Liebesmahlen zu versammeln. Doch wie es bei dem Fest, das der König für die Hochzeit seines Sohnes gab, einen Menschen gab, der keine Hochzeitskleidung trug, so wurden auch bei den Festen, von denen Judas spricht, diese „Träumer“ gefunden. Ihnen fehlte jegliche Berechtigung dort anwesend zu sein. Sie waren daher „Flecken“ oder, wie einige zu übersetzen bevorzugen, „Klippen“ – Felsen, die eine besondere Gefahr für unerfahrene Seefahrer darstellen. In gleicher Weise stellten sie eine versteckte Gefahr für die Heiligen dar, mit denen sie versammelt waren. Trotz dessen, was sie waren, wird gesagt, dass sie „ohne Furcht Festessen mit euch halten und sich selbst weiden“. Was für ein Beweis von harten Herzen und abgestumpften Gewissen! Obwohl sie Scheinheilige waren, mischten sie sich unter die Heiligen Gottes und bekannten, sich dessen zu erfreuen, was sie genossen, und keine Angst zu haben. Ja, ihr Gott war ihr Bauch, denn sie „weiden sich selbst“, ihre Ehre war in ihrer Schande und sie sannen auf das Irdische (Phil 3,18.19).
Als nächstes werden sie als „Wolken ohne Wasser“ bezeichnet – Wolken, die, als sie am Horizont aufzogen, fruchtbringenden Regen für die dürre Erde versprachen, sich jedoch beim Herannahen als „ohne Wasser“ entpuppten und „von Winden hingetrieben“ wurden., In einem anderen Bild sind sie dann „spätherbstliche Bäume, fruchtleer“. Die Jahreszeit der Früchte war gekommen, doch diese Bäume wurden, als sie vom Geist Gottes beurteilt wurden, fruchtleer gefunden, denn sie waren in Wirklichkeit „zweimal erstorben“ – von Natur aus tot, wie einmal jemand sagte, erstorben durch ihre Verderbnis und als solche bereits „entwurzelt“ oder „an den Wurzeln ausgerissen“. Was diese Welt betrifft waren sie für immer vergangen. Zwei weitere Illustrationen werden hinzugefügt: „Wilde Meereswogen, die ihre eigenen Schändlichkeiten ausschäumen“, nicht nur Schändlichkeit, sondern Schändlichkeiten, denn nichts anderes kann aus dem menschlichen Herzen unter der Macht des Bösen hervorkommen (siehe Mt 15,19.20). Auch waren sie „Irrsterne“ genannt. Das sind Sterne, die ihre eigene Umlaufbahn verlassen haben und nun unkontrolliert und unkontrollierbar ihrer eigenen Zerstörungen entgegenrasten. Daher fügt Judas hinzu: „. . . denen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist.“
An dieser Stelle sollte der Leser innehalten und über dieses ernste Bild nachsinnen. Dabei gilt es zu bedenken, dass diese Menschen, die der Heilige Geist so beschreibt, nicht die offenen und bekennenden Feinde der Wahrheit Gottes waren, sondern bekennende Christen, drinnen und nicht draußen, die sich ungehindert mit den Heiligen vermischten und an ihren Zusammenkünften teilnahmen. Es ist wahr, dass sie in ihren Herzen Scheinheilige und Abtrünnige waren. Doch nur die, die vom Geist geleitet waren und mit seinem Urteilsvermögen unterschieden, hätten die Tarnkleidung durchdringen können. Wie nah bei Gott müssen wir leben, um in solch bösen Tagen bewahrt zu bleiben? „Der Herr kennt die sein sind“ (2Tim 2,19) und wenn wir in dem Geheimnis seiner Gegenwart bleiben, werden auch wir sie kennen, während wir uns die Verantwortung von der Ungerechtigkeit abzustehen ins Bewusstsein rufen, die auf jedem ruht, der Christus als Herrn anerkennt.
4 Synopsis of the Books of the Bible, vol. v. p. 552.↩︎