Der Schreiber dieses Briefes hatte seine Beschreibung über „gewisse Menschen“, die sich unter die Heiligen „nebeneingeschlichen“ hatten, durch die Einführung der drei Beispiele göttlichen Gerichts über Sünder unterbrochen – Sünder unter seinem Volk in der Wüste, unter Engeln und unter den Bewohnern von Sodom und Gomorra mit den anliegenden Städten. Er kehrt nun zurück und macht deutlich, dass diese Menschen sich ungeachtet dieser öffentlichen und bekannten Beispiele der Gewissheit des Gerichtes Gottes gegen das Böse in eine ähnliche Richtung bewegten.
Er sagt:
„Doch ebenso beflecken auch diese Träumer das Fleisch und verachten die Herrschaft und lästern Herrlichkeiten“ (8).
Dies waren drei der Charakteristiken des Bösen, die in diesen falschen Bekennern zum Ausdruck kamen. Doch zuerst werden sie als „Träumer“ bezeichnet, denn sie hatten, getäuscht vom Satan wie sie waren, ohne Zweifel in sich selbst das Vertrauen, dass sie rechtschaffend waren, während sie andere verachteten (siehe V. 19). Sie waren in der Tat Träumer, die den Vorstellungen ihrer eigenen Herzen nachliefen und sich dabei in falscher Sicherheit wogen, obwohl der Sturm des Gerichts bereits über ihren Köpfen tobte. Des Weiteren „beflecken“ sie „das Fleisch“ – ein Ausdruck, der moralischen und fleischlichen Verfall ausdrückt. Es ist bemerkenswert, dass ein hochtrabender religiöser Stand ohne Bezug zur Realität in der Schrift immer mit abscheulichen Sünden im Zusammenhang steht (siehe Mt 23,25-28; 2Tim 3,1-5; Tit 1,15.16).
Als nächstes „verachten“ sie „die Herrschaft“. Dies drückt die volle Entwicklung des Eigenwillens im Menschen aus, der sich selbst und seine Rechte durchsetzt und sich gleichzeitig weigert, irgendeine höhere Autorität anzuerkennen. Der Frage, welche Herrschaft gemeint ist, wird nicht nachgegangen, da es eher der Geist ist – der völlig eigenwillige Geist dieser Träumer – der beschrieben wird. Es ist der Geist des Ungehorsams, der wachsende Geist der heutigen Welt: Und, wie bereits lange zuvor bemerkt wurde, ist der böse Weltlauf zu jeder Zeitepoche der, der die Versammlung zu dieser Zeit am stärksten beeinflusst. Die Kultivierung der Unabhängigkeit, die Rebellion des menschlichen Geistes gegen die Ordnung Gottes, das Ablegen aller Ehrfurcht vor Autorität, ob in der Kirche oder in der Welt, werden hier als Warnung für die Heiligen Gottes in all ihrer bloßen Verdorbenheit dargelegt. Die Frucht der Verachtung der Herrschaft wird schließlich im „Lästern“ von „Herrlichkeiten“ gesehen. Es ist die völlige Zügellosigkeit der Zunge derer, die keine Ehrfurcht vor Gott oder Menschen haben und die alle Unterordnung ablehnen – derer, die nach den Worten des Psalmisten sagen: „Wir werden überlegen sein mit unserer Zunge, unsere Lippen sind mit uns; wer ist unser Herr?“ ( Ps 12,4).