Behandelter Abschnitt Daniel 5,29-30
Das Ende des Babylonischen Reiches und seine prophetische Bedeutung
„Darauf befahl Belsazar, und man bekleidete Daniel mit Purpur, mit einer goldenen Kette um seinen Hals; und man rief über ihn aus, dass er der dritte Herrscher im Königreich sein solle.
In derselben Nacht wurde Belsazar, der König der Chaldäer, getötet“ (5,29–30).
Es wird uns nichts über die Wirkung dieser schrecklichen Deutung mitgeteilt. Mit dem verkündeten Gericht hatte Gott, bis auf die Ausführung des Gerichtsurteils, mit dem Mann gehandelt, der auf anmaßende Art und Weise seine Macht entehrt hatte. Dennoch wird eine Sache hinzugefügt, und zwar Belsazars letzte königliche Handlung. Wie auch Daniels Haltung dazu sein mochte, er konnte nicht zulassen, dass sein öffentliches Versprechen der Belohnung für den Deuter zu Boden fiel. Menschen, die Gott gegenüber lügnerisch sind, verhalten sich in ihrer Selbstsucht oft wahrhaftig im Umgang miteinander.
Daher gab Belsazar Befehl, „und man bekleidete Daniel mit Purpur, mit einer goldenen Kette um seinen Hals; und man rief über ihn aus, dass er der dritte Herrscher im Königreich sein solle“. Wenn er der Deutung glaubte, so ist es offensichtlich, dass er keine Vorstellung von der rasch auf ihn zukommenden Ausführung des gehörten Urteils hatte. Doch „in derselben Nacht wurde Belsazar, der König der Chaldäer, getötet. Und Darius, der Meder, bekam das Königreich, als er ungefähr zweiundsechzig Jahre alt war“.
Gott richtete somit das erste der Königreiche der Nationen, nämlich das Königtum Babylon. Dieses Ereignis war historisch gesehen von höchster Bedeutung, und nicht weniger aus prophetischer Sicht, denn die moralischen Eigenschaften, die die Herrschaft Belsazars kennzeichneten, werden im zukünftigen Babylon wieder auftreten, von dem in der Offenbarung gesprochen wird.
Dort wird es unter zweierlei Aspekten betrachtet – als eine Frau und als eine Stadt17. Der moralische Charakter des ersteren wird mit diesen Worten beschrieben: „Geheimnis, Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde“ (Off 17,5). Von dem Herrscher, der den Thron von Satan empfangen hatte, lesen wir: „Und es öffnete seinen Mund zu Lästerungen gegen Gott, seinen Namen zu lästern und seine Hütte und die, die ihre Hütte in dem Himmel haben“ (Off 13,6). Darüber hinaus wird über das Gericht Babylons gesagt: „Darum werden ihre Plagen an einem Tag kommen: Tod und Traurigkeit und Hungersnot“ (Off 18,8). Und so wird es geschehen, denn von jenen, die ihre Zerstörung beklagen, wird gesagt, dass sie ausrufen. „Wehe, wehe! Die große Stadt, Babylon, die starke Stadt! Denn in einer Stunde ist dein Gericht gekommen“ (Off 18,10). Dies sollte genügen, um die Genauigkeit der Übereinstimmung und die prophetische Natur dieser historischen Berichterstattungen zu zeigen (vgl. auch Jer 50,35-46; Jer 51,24-64).
Einige Worte sollten vielleicht noch zur der Frage des geschichtlichen Ereignisses verloren werden, auf das in dem plötzlichen Umkommen Belsazars angespielt wird. Es wird davon ausgegangen, dass Jesaja sich in Jesaja 45,1.2 auf die Gefangennahme Babylons durch Kores bezieht; und in Jesaja 47 spricht er ausdrücklich von der plötzlichen Zerstörung Babylons (Jes 47,11-15; siehe auch Jes 21,1-9). Auch Jeremia prophezeit noch detaillierter die überraschende Einnahme Babylons, und zwar in Verbindung mit den Medern (Jer 51,28-32).
Von diesen beiden Prophezeiungen bezieht sich Letztere wohl eher auf das in diesem Kapitel beschriebene Ereignis. Es gibt solche, die in hoffnungsloser Verwirrung über die vorgegebenen geschichtlichen Ereignisse die Person des Darius mit der des Kores gleichzusetzen versuchen, doch die Aufzeichnung der Schrift ist deutlich darin, dass Darius das Königreich übernahm und Kores nachfolgend in seinen Besitz kam. Lasst uns nicht vergessen, dass die Bedeutung des Berichtes in seiner moralischen und prophetischen Belehrung liegt. Glücklich sind die, die in unumschränktem Vertrauen in das Wort Gottes ihre Herzen bereiten und öffnen, um seine Belehrung zu empfangen.
17 Für eine Erklärung dieser beiden Aspekte siehe The Visions of John in Patmos.↩︎