Behandelter Abschnitt Neh 8,18
„Und man las im Buch des Gesetzes Gottes Tag für Tag, vom ersten Tag bis zum letzten Tag. Und sie feierten das Fest sieben Tage lang; und am achten Tag war eine Festversammlung nach der Vorschrift“ (8,18).
Die gesamte Zeit des Festes scheint dem Lesen des Buches des Gesetzes gewidmet gewesen zu sein, „vom ersten Tag bis zum letzten Tag“. Dies war das aktuell empfundene Bedürfnis; und „am achten Tag war eine Festversammlung nach der Vorschrift“ (siehe 3Mo 23,36).
In den frühen Tagen Esras kennzeichnete die Wiederaufnahme des Opferdienstes das Feiern dieses Festes – hier ist es die Wiederaufrichtung der Autorität des Gesetzes. Beide Festfeiern waren, obwohl sie weitestgehend in Übereinstimmung mit Gott waren, doch unvollkommen, denn in Esra gab es keine Hütten, und in Nehemia, wie es scheint, keine Opfer. Dies lehrt uns einen der Wege Gottes in allen Erweckungen. Eine vergessene Wahrheit wird wiederentdeckt und mit Kraft auf die Herzen und Gewissen Seines Volkes gelegt; eine Wahrheit, die für die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung in den besonderen Umständen der betreffenden Zeit notwendig ist.
Daher wurde in Esra 3 die Wirksamkeit der Opfer hervorgehoben und hier die Autorität des Worts Gottes. Dies ist in der Kirchengeschichte immer wieder zu beobachten gewesen. In dem beachtlichen Werk des Geistes Gottes durch Luther und anderer hat die Wahrheit der Rechtfertigung allein durch Glauben den höchsten Stellenwert eingenommen. In einer anderen Bewegung, fast in unseren eigenen Tagen8, war es die Gegenwart des Heiligen Geistes auf der Erde und das zweite Kommen Christi. Gott hat in solchen Tagen und in jedem Zeitalter zu seiner eigenen Ehre und zum Wohlergehen seines Volkes gewirkt. Doch so groß sind die Schwachheit und Torheit der Herzen seines Volkes, dass es seine Barmherzigkeit oft zu einer Gelegenheit der Selbsterhöhung benutzt hat. So, als ob es unfähig wäre, die Wahrheit in ihrer Vollständigkeit festzuhalten und Gottes Gedanken in dem Wiederfinden bestimmter Wahrheiten nicht zu verfehlen, hat man stattdessen oft zu deren Schutz Sekten gebildet. Es hat nur einige wenige Epaphrasse in der Versammlung gegeben, die allezeit in den Gebeten für die Heiligen ringen konnten, damit sie vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes stehen (siehe Kol 4,12).
Nachdem die sieben Tage des Festes vollendet waren, gab es „eine Festversammlung nach der Vorschrift“.9 An diesem Tag, „dem letzten, dem großen Tag des Festes“, an dem Jesus „rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir uns trinke. Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies aber“, schreibt Johannes, „sagte er von dem Geist, den die an ihn Glaubenden empfangen sollten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“ (Joh 7,37-39).
Die Zeit war noch nicht gekommen, dass Jesus sich der Welt zeigte, wie Er es tun wird, wenn das Laubhüttenfest prophetisch erfüllt ist. Doch in der Zwischenzeit, nachdem Er seinen Platz in der Herrlichkeit eingenommen hat, wird Er den Durst jeder durstigen Seele stillen, die zu Ihm kommt, und darüber hinaus durch den innewohnenden Geist dafür sorgen, dass Ströme lebendigen Wassers fließen, um die Umgebenden zu erfrischen. Jemand anderes hat gesagt: „Es ist zu bemerken, dass Israel das Wasser in der Wüste trank, bevor es das Fest der Laubhütten feiern konnte. Sie tranken einfach. Es war kein Quell in ihnen selbst. Das Wasser floss aus dem Felsen.“ Der Herr lehrt hier also die Juden, dass ihr Laubhüttenfest (siehe V. 2) nichts als eine leere Tradition war solange der Messias noch nicht gekommen war, oder besser; solange Er verworfen war (Joh 1,11).10
8 Anm. d. Übers.: Das Buch wurde 1885 geschrieben.↩︎
9 Für Einzelheiten bezüglich der Einhaltung dieses Tages, sowie des gesamten Festes, siehe 4. Mose 29,2-39.↩︎
10 Es ist bemerkenswert, dass weder in Esra noch in Nehemia, obwohl in beiden Fällen das Gedächtnis des Posaunenhalls und das Laubhüttenfest eingehalten wurden, die Befolgung des großen Versöhnungstages Erwähnung findet, der am zehnten Tag des siebten Monats, d. h. zwischen den beiden oben genannten Festen, begangen werden sollte.↩︎