Behandelter Abschnitt Off 12,3-6
Der feuerrote Drache und das Kind
„Und es erschien ein anderes Zeichen in dem Himmel: Und siehe, ein großer, feuerroter Drache, der sieben Köpfe und zehn Hörner hatte und auf seinen Köpfen sieben Diademe; und sein Schwanz zieht den dritten Teil der Sterne des Himmels mit sich fort; und er warf sie auf die Erde. Und der Drache stand vor der Frau, die im Begriff war zu gebären, damit er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind verschlänge. Und sie gebar einen Sohn, ein männliches Kind, der alle Nationen weiden soll mit eiserner Rute; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron. Und die Frau floh in die Wüste, wo sie eine von Gott bereitete Stätte hat, damit man sie dort ernähre 1 260 Tage“ (12,3–6).
Das männliche Kind ist der rechtmäßige Erbe der Welt, der Herrscher, der „die Nationen weiden wird mit eiserner Rute“, wie uns das in Psalm 2 bereits angedeutet ist, und ausdrücklich auf Gottes Sohn, also Jesus Christus, angewendet ist. Er wird dann nicht mehr in Niedrigkeit, sondern in königlicher Herrlichkeit, von der ganzen Welt gesehen, erscheinen, um sie zu richten. Auch wird Er sich mit Israel „vermählen“ (Jer 3,14), darum wird uns dieses Volk bildlich in der Gestalt einer „Frau“ gezeigt.
Weiter sieht Johannes einen „großen, feuerroten Drachen, der sieben Köpfe mit Diademen“ hat. Auch dieses Zeichen wird, wie vorhin die „Sonnenfrau“, ein „Zeichen in dem Himmel“ genannt, weil dieses Bild an Bedeutung weit über das Erdengeschehen hinausreicht und eben nur „vom Himmel aus“ gesehen werden kann. Auch dieses Zeichen ist nicht lediglich irgendein Ereignis, sondern ein wichtiger Faktor in den Ratschlüssen Gottes.
Wer ist dieser furchtbare Drache? Vers 9 nennt seinen wirklichen Namen: Satan. Es handelt sich hier um den Kampf zwischen Gott und dem Teufel; es ist also eine göttliche Angelegenheit. Wir wissen aus anderen Stellen, dass Satan heute noch Zugang in Gottes Gegenwart hat(vgl. Hiob 1 und 2; Sach 3; Eph 6), um uns dort zu verklagen. Darum ist Christus als unser Fürsprecher und Sachwalter jetzt zur Rechten Gottes erhoben, um uns zu vertreten, bis der „Verkläger der Brüder“, wie wir bei der weiteren Betrachtung unseres Kapitels sehen werden, aus dem Himmel geworfen sein wird; damit wird seiner Tätigkeit ein Ende gesetzt werden.
Dieser Verkläger und Widersacher, der ursprünglich mit ausgesuchter Herrlichkeit ausgestattet war; ein Glanzstern der Schöpfung Gottes (Hes 28,12-19), wird hier, infolge seines Falles, als ein unheimliches Schreckensbild gesehen: ein „feuerroter Drache“. Der Drache ist das furchtbarste Tier in der Vorstellung des Menschen, und seine Feuerfarbe schließt die ganze höllische Gewalt Satans in sich. Er ist der „brüllende Löwe“ (1Pet 5,8) und die „schleichende Schlange“, sich gleichzeitig verstellend in einen „Engel des Lichts“ (2Kor 11,3.14).
„Sieben Köpfe mit sieben Diademen“ bezeugen die ganze furchtbare Macht des Teufels, die er als der „Fürst der Finsternis“ und „Gott dieser Welt“ in Verbindung mit himmlischen, irdischen und unterirdischen Geistesmächten ausübt. „Gott dieser Welt“ wird Satan erst nach dem Kreuzestod des Herrn genannt, wohl um einerseits die Gläubigen zu warnen, andererseits aber auch die ihm gelegten Schranken zu zeigen. Die „sieben Köpfe“ deuten die Klugheit Satans an. „Groß Macht und viel List, sein grausam Rüstung ist“. Sie übersteigt ein für das Geschöpf vorstellbares Maß.
Die „zehn Hörner“, Symbole von Kraft und Macht, reden von den menschlichen Werkzeugen, die Satan fortwährend erweckt und zum Verderben der Menschen verwendet. Denken wir nur an die zehn Könige, die ihre Gewalt dem „Tier“ geben. „Diademe“ zeigen seine angemaßte Königswürde und Herrschermacht an; die drei Bilder zusammen – Köpfe, Diademe und Hörner -seine besondere Wirksamkeit in der Endzeit, in der ihm, wenn auch nur kurz, die Vollentfaltung seiner Bosheit gestattet ist.
Dass „sein Schwanz den dritten Teil der Sterne des Himmels mit sich fortzieht und auf die Erde wirft“, zeigt uns Satans Fall. Auch wird damit seine ganze Tätigkeit bis heute zusammengefasst, die die Menschen hinter sich herzieht, und zwar nicht nur für Augenblicke, sondern in seinen Resultaten lange nachwirkend, indem er sogar vermag, einen großen Teil der „Sterne des Himmels“, d. h. der Engelwelt mitzureißen. Wir lesen von Engeln, die ihren ersten Zustand nicht bewahrt haben (1Mo 6,1-4; 2Pet 2,4; Jud 6), so dass sie zu Engeln Satans, d. h. Dämonen wurden (Mt 25,41), die mit dem Drachen auf die Erde geworfen werden. Heute noch üben sie ihre böse, verführerische Gewalt in der Luft aus, um die Menschen gegen Gott und seinen Christus aufzuhetzen (Eph 2,2; 6,13).
Satan hat die Menschen durch die Sünde alle in seiner Gewalt, soweit diese nicht durch den Glauben an das Erlösungswerk von Jesus Christus errettet und befreit worden sind. Darum finden wir hier die Diademe auf den Köpfen – nicht wie bei dem ersten „Tier“ auf den Hörnern – das will sagen, dass der Drache, also der Teufel, in seinem Willen und Denken der Ursprung aller Bosheit und Auflehnung ist.
Der Drache will das neugeborene Kind verschlingen (V. 4b). Zu aller Zeit dachte Satan daran, die Wege und Ratschlüsse Gottes zu durchkreuzen. Denken wir an die Söhne Jakobs, die ihren Bruder Joseph beseitigten (1Mo 37), dann an die Unterdrückung des Pharao, der Israel ausrotten wollte (2Mo 1,2), ferner an die Vernichtung des Königshauses Davids durch die Ahabstochter Athalja (2Kön 11), ferner an die beschlossene Vertilgung Israels durch Haman (Esther) usw.
Das goldene Kalb, das Murren in 4. Mose 21, Davids große Sünde, sind Musterbeispiele der Bemühungen Satans, das Volk unter den Zorn des Herrn zu bringen und Gott zur Vernichtung seines Volkes zu reizen. Als Jesus erschienen war, richtete sich die ganze Wut Satans auf seine Person. Beispiele sind Herodes (Mt 2), die Obersten und die Schriftgelehrten, später das ganze Volk und schließlich das Kreuz. Satan versuchte sogar Jesus selbst, um Ihn vom Weg des Gehorsams und der Abhängigkeit abzubringen. Das konnte ihm allerdings nicht gelingen. Alle seine Anschläge wurden vereitelt, ja, Gott triumphierte immer wieder über Satans Anstrengungen und ließ sie zu, damit sie zur Erfüllung seiner Ratschlüsse und zur Offenbarung seiner Gnade und Weisheit dienen sollten. Dies dürfen wir auch heute immer wieder erfahren. „Ihr Kind wurde entrückt zu Gott.“ Merkwürdigerweise wird hier weder der Tod, noch die Auferstehung des Herrn berührt, sondern lediglich seine Rückkehr zum Vater im Himmel und sein Sitzen zur Rechten Gottes erwähnt; hier kommt eben nur der Triumph des Herrn als Herr der Herrlichkeit in Frage. Darin ist aber auch die Entrückung der Ekklesia, der Brautgemeinde, eingeschlossen, deren Geschichte auf der Erde mit der Entrückung beendet ist und die ja schon von Kapitel 4 an im Himmel gesehen wird.
In Vers 6 überspringt der Seher die ganze christliche Ära und versetzt uns direkt in die Gerichtszeit des Endes, in die auch die Ereignisse der letzten Verse unseres Kapitels fallen, natürlich ohne jede zeitliche Bestimmung. Denn dieses Kapitel hat es allein mit Israel als Bundesvolk Gottes zu tun; wir werden hierauf zurückkommen.