Behandelter Abschnitt Off 3,8
„Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft, und du hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet“ (3,8).
Auch hier stellt der Herr fest, dass Er die Werke der Versammlung kennt, aber wir finden, im Gegensatz zu Thyatira und Sardes, keinen Tadel. Im Gegenteil, Er weist auf ein großes Werk hin, das Philadelphia vollbringen wird, nämlich die Ausbreitung der Botschaft des Heils, ja des göttlichen Wortes überhaupt, über die ganze Erde. Er selbst hat damals die Türen zu den Völkern geöffnet, und sie sind heute noch offen. Selbst in jenen Ländern, wo feindliche Religionen und Regierungen mit Gewalt versucht haben, die Türen zuzumachen, findet die gute Botschaft dennoch irgendwie Eingang, um Seelen zu erretten, denn das Werk des Herrn kann niemand völlig verhindern.
Dieses große Werk in den Händen Philadelphias wird, was sehr beachtenswert ist, gerade mit der Schwachheit jener Versammlung begründet. Schwachheit (nicht zu verwechseln mit „Schwäche“ oder gar mit Sünde, wie es leider in der Christenheit oft getan wird) ist somit nicht tadelnswert vor dem Herrn, im Gegenteil, wir wissen aus zahlreichen Schriftbeispielen, dass der Herr schwache Werkzeuge auserwählte, um seine großen Werke durch sie zu vollbringen. So erklärte Er dem Apostel Paulus ausdrücklich: „Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2Kor 12,9).
Warum ist wohl in den heutigen Tagen die Kraft in unserer Mitte, im Vergleich zu den Zeiten der Apostel, in denen das Zeugnis durch wunderbare Zeichen und Werke aller Art begleitet wurde, so klein? Ja, selbst wenn wir unsere Zeit mit der vor einigen Jahrzehnten vergleichen, kann es uns nur betrüben, dass die Kraft des Zeugnisses, das die Zeit unserer Großväter charakterisierte, derart abgeschwächt ist. Was ist wohl der Grund hiervon? Unsere Großväter und Väter waren sich ihrer persönlichen Schwachheit wohl bewusst und warfen sich darum dem Herrn völlig in die Arme, damit Er ihre Kraft sei, und dadurch konnte Er durch sie jene großen Werke wirken, die das letzte Jahrhundert kennzeichneten.
Der Herr tut es auch heute noch, wenn Er Werkzeuge findet, die sich Ihm ebenso restlos hingeben, wie es einst Paulus tat und wie es bei jenen der Fall war. Es ist somit keineswegs richtig, wie es leider oft gesagt wird, dass der Tag kleiner Dinge mit Schwäche identisch sei. Nein, gewiss nicht! Kurz vor Torschluss erlahmt der Arm des Herrn sicherlich nicht, im Gegenteil! Wenn die Frucht gering ist, ist die Ursache davon nicht die Zeit, sondern es fehlt lediglich an Werkzeugen, die sich von Gott gebrauchen lassen; es mangelt bei uns an Glauben und Liebe, die nötig sind. Es ist also völlig falsch, mangelnde Frucht mit kleiner Kraft zu entschuldigen, indem man Schwachheit mit Schwäche verwechselt. Schwäche ist aber das Gegenteil von Schwachheit, und kommt daher, dass das Ich nicht restlos verleugnet wird, sich behauptet und mitwirkt, und dies ist das große Hindernis für die Wirksamkeit des Heiligen Geistes.
Das, was der Herr hier als Anerkennung erwähnt, scheint uns zwar als etwas Selbstverständliches, doch gerade das ist für Ihn besonders kostbar. Denn in einer Zeit, in der von ungläubiger Seite ein wahres Kesseltreiben gegen Gottes Wort und den Herrn Jesus Christus in Gestalt der freisinnigen Theologie (Reformbewegung des 20. Jahrhunderts) eingesetzt hat, sind dem Herrn diejenigen besonders wertvoll, die beständig am ganzen Wort Gottes festhalten und seinen Namen in seiner vollen Kraft und Würdigung bekennen, ungeachtet der Missachtung, der sein Name in dieser Zeit mehr denn je preisgegeben worden ist. Dabei meint der Herr nicht bloß seinen Namen als Titel, sondern seine Person selbst, die innige Gemeinschaft mit Ihm.
Es handelt sich bei den Angriffen Satans in neuerer Zeit weniger um die platte Leugnung der Heiligen Schrift, sondern mehr um gröbere und feinere Irrtümer, die die Lehre vom Heil, das Christus uns am Kreuz erworben hat, erweichen und verschleiern, so dass nur besondere geistliche Aufmerksamkeit davor bewahren kann. Darum rechnet der Herr das unverrückte Festhalten an Ihm und seinem Wort hoch an. Nicht umsonst betont Er so oft z. B. in den Briefen des Johannes (1Joh 2,24; 2Joh 6), dass das, was wir von Anfang an gehört haben, doch in uns bleiben möge, und zwar nicht nur im Kopf, sondern in liebenden Herzen. Das ist Ihm so wichtig und an sich wertvoll genug, um seine Verheißungen für Philadelphia daran zu knüpfen.