Behandelter Abschnitt Off 2,8
Das Sendschreiben an Smyrna
Smyrna bedeutet Bitterkeit. So bezeichnet der Heilige Geist die Periode von der Herrschaft des Kaisers Nero an, bis zum Regierungsantritt Konstantin des Großen, also die Zeit von ca. 65 bis 313 n. Chr., eine Zeit schwerer Verfolgungen der Christen, die unmittelbar auf die Apostel folgte, während der die Gläubigen große Leiden und Drangsale zu ertragen hatten. Da im alten Rom, ganz wie in den modernen Diktaturstaaten, Gewalt und Götzenkult sehr eng miteinander verquickt waren, galten die Christen, die natürlich weder den Götzen-, noch den Kaiserkult mitmachen konnten, als schädliche Staatsfeinde. Darum erlitten Tausende, vor allem die Führer – Bischöfe und Presbyter – Gefängnis, Verbannung und Tod. Doch der Herr hat diese Zeit zum Besten gewendet, vor allem darin, dass das Zeugnis dieser Christen mehr zur Ausbreitung des Christentums beitrug, als viele Predigten.
Unser Herr erlaubte dem Teufel dieses Wüten gegen die Seinen, weil Er auf diese Weise das für sie gesteckte Ziel viel besser erreichen konnte. Wir können sagen, dass es vor allem drei Ziele sind, die der Herr hier verfolgte. Zum ersten ist für ein gesundes inneres Christenleben nichts so gefährlich wie eine ungestörte, beschauliche Ruhe nach außen, denn „nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen“. Bereits hier musste der Herr klagen, dass seine Versammlung die erste Liebe verlassen hatte, dass Er nicht mehr die Herzen der Gläubigen ganz erfüllte. Darum wollte Er durch die vielen Drangsale verhüten, dass dieses Abgleiten weiterging.
Zum zweiten weiß Er wohl um die menschliche Neigung, sich gehen zu lassen und sich der Umgebung anzupassen und Ihn damit zu vergessen, den Blick von Ihm abzuwenden. Gegen dieses konnte nur die Feindschaft dieser Welt, die eine klare Entscheidung nötig machte, einen Damm aufrichten. Darum wollte der Herr drittens die Seinen üben, läutern, völlig in seine Nähe führen, frei machen vom eigenen Ich, das uns immer wieder betrügt. Wir wissen aus der Geschichte Hiobs, Petrus‘ und anderer, dass zu diesem Ziel, das sonst nicht erreicht werden würde, Wege der Schmerzen und zahlreiche Demütigungen nötig sind. Selbst der Apostel Paulus, der doch dem Herrn so ergeben war, dass er uns auffordern kann: „Seid meine Nachahmer, gleichwie ich des Christus“, hatte als Gegengewicht seiner herrlichen Erfahrung, als er in den dritten Himmel entrückt wurde, einen hemmenden Dorn im Fleisch nötig, durch den ihn ein Engel Satans quälen durfte. Darum erlaubte auch der Herr dem Teufel diese Sichtung der Heiligen, da diese in seiner eigenen Hand zu ihrem inneren Gewinn und Segen ausschlagen sollte. Das sollte auch uns Christen heute mehr bewusst werden, angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten und möglichen Gefahren, die vom deutlich wachsenden antichristlichen Geist drohen, damit auch wir unsere Blicke und unser Trachten immer mehr dem Herrn zuwenden und uns immer mehr auf das konzentrieren, was nötig ist: auf seinen Dienst und die Erwartung seines baldigen Kommens.
Unser Herr weiß dies alles im Voraus, auch was diese Belastung für unsere Schwachheit bedeutet. Darum enthält dieses Sendschreiben keine Vorwürfe, sondern ist vielmehr eine Ermunterung zum Durchhalten. Entsprechend stellt Er sich auch vor: „Und dem Engel der Versammlung in Smyrna schreibe: Dieses sagt der Erste und der Letzte, der starb und wieder lebendig wurde“ (2,8).
Damit will Er erstens sagen, dass Er, der Schöpfer aller Dinge und Geschöpfe, auch Herr über alles ist, es souverän lenkt, ohne den nichts geschehen kann und der allem Geschehen die von ihm gewollten Schranken und Änderungen setzt, dem auch alles unweigerlich unterworfen ist, der darum auch als letzter Sieger triumphieren wird. Zweitens sagt Er aber auch, dass Er selbst den Weg des Feuerofens gegangen ist bis in den Tod, und zwar für uns, und daher alle unsere Leiden kennt, aber auch auferstanden ist und aufgrund dieser Tatsache auch für uns Leben und Herrlichkeit erstehen lassen wird (Heb 4,14-16). Darum geht Er auch mit den Seinen durch alle Leiden und Drangsale, ja durch den Tod. Welche Sicherheit gibt uns dies!