Behandelter Abschnitt Off 2,9
„Ich kenne deine Drangsal und deine Armut (du bist aber reich) und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und sind es nicht, sondern eine Synagoge des Satans“ (2,9).
Ja, unser Herr kennt und beurteilt nicht nur unsere Werke nach ihrem wahren Wert, sondern Er weiß und beachtet auch alles, was uns passiert, und lenkt es mit seiner Hand, so dass es trotz allem zu unserem Besten dienen wird (Röm 8,28). Von unseren Werken erwähnt Er hier nichts, weil es um Leiden und Ausharren geht, in ihrer Art auch Werke. Drei Dinge sind hier erwähnt, die dem Herrn nicht entgehen, die Er zur Ermunterung der Seinen anführt, zuerst: „deine Drangsal“. Es gibt allerlei Drangsale in dieser Welt für die Kinder Gottes, die alle mehr oder weniger schwer zu tragen sind. Hier aber ist das Wüten des Teufels durch die feindselige Welt und Verfolgung bis zum Tod, für alle, die dem Herrn treu nachfolgen, gemeint; alles zusammen ein schwerer Druck für die Gläubigen. Aber der Herr sagt hier, dass Er alles wohl weiß und es mit uns trägt, mit uns hindurchgeht, und auch die nötigen Grenzen setzt: „Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so dass ihr sie ertragen könnt“ (1Kor 10,13).
Sodann kennt der Herr: „deine Armut – du bist aber reich“. In dieser Welt waren damals die Christen äußerlich unbedeutend, an die Wand gedrückt als Staatsfeinde, weil sie den Staatskult nicht mitmachen konnten, obwohl sie sonst stille und gehorsame Bürger waren. Auch kamen sie zum größten Teil aus ärmeren Kreisen, weniger aus reicher und vornehmer Gesellschaft. Dennoch waren gerade sie im wahren Sinn reich, reich im Herrn und seinen Verheißungen, in seiner Gnade, innerlich reich an Seelengehalt und Seelenkraft und Freude, die sie siegreich durch Drangsal und Tod gehen ließ. Gerade diese, von der Welt getrennte Lage, gab dem Herrn die beste Gelegenheit, ihnen von seiner unerschöpflichen Kraft reichlich mitzuteilen. „Und die Lästerung von denen, die sagen, sie seien Juden, und sind es nicht, sondern eine Synagoge des Satans“. Ja, auch davon nimmt der Herr Notiz, und zwar genau und beurteilt diese als Lästerung an seinen Geliebten, als Ihm persönlich angetan, und er vergisst es nicht.
Die abtrünnigen Juden, die den Herrn einst verworfen und gekreuzigt hatten, waren damals die gehässigsten Feinde der Christen; sie waren es vor allem, die die Regierung gegen diese aufhetzten und zu deren Verfolgung antrieben, indem sie sie als Staatsfeinde anschwärzten. Wir können dies in der Apostelgeschichte verfolgen; in Ephesus, Thessalonich, Korinth usw. gaben die Juden den Anstoß, und im ersten Brief an die Thessalonicher (1Thes 2,14-18) beklagt sich Paulus auch darüber. Dasselbe hat sich durch die ganze Geschichte der Kirche wiederholt; immer sind die bittersten Feinde der wahren Christusgläubigen diejenigen gewesen, die aus dem einst von Gott selbst offenbarten göttlichen Glauben eine tote, äußerliche Formreligion gemacht haben. Damals waren es die Juden, die weit von Gott abgewichen waren und nach ihrem ungeheuerlichen Justizmord an ihrem Messias Jesus Christus als Gottes Volk beiseite gesetzt wurden und es heute noch sind. Seitdem und heute ist es die ebenfalls abtrünnige Christenheit, in der Christus in weitem Maß keinen Raum mehr hat und bald gar keinen mehr haben wird. Allen diesen sagt der Herr hier, wie Er schon auf der Erde den feindlichen Juden gesagt hatte, dass Er sie nicht anerkennen konnte als das, was sie zu sein behaupteten, sondern dass sie „aus dem Vater, dem Teufel waren“ (Joh 8,44), ein Tempel Satans, seines Widersachers, womit auch ihr Gerichtsurteil mit ausgesprochen ist.
Diese bittere Feindschaft kommt daher, weil alle Menschenreligionen, einschließlich der aus der Gottesoffenbarung durch Untreue entstandenen jüdischen und namenchristlichen Systeme, ohne Ausnahme eine menschliche Gerechtigkeit aufrichten und darauf aufbauen. Der Glaube an die Offenbarung Gottes aber anerkennt im Gegensatz dazu, dass menschliche Gerechtigkeit vor dem heiligen Gott nichts gilt. Er anerkennt, dass es eine solche gar nicht gibt, sondern dass der Mensch der Sünde wegen verloren ist und nur durch die Gnade Gottes errettet und selig werden kann. Dies muss ja die Feindschaft dieser Religionen erregen und vor allem derjenigen, die glauben, sich auf einen ehemaligen, göttlichen Ursprung berufen zu können. Da diese Religionen gewöhnlich sehr eng mit der öffentlichen Staatsordnung, als ein Stück von dieser, verflochten sind, ist es für die Feinde dann leicht, den Staat gegen das wahre Zeugnis, als gegen ihn gerichtet, zu erregen.