XLV. Ein rechter Missionar
In Vers 14 fährt der Apostel fort: „Ich weiss aber gar wohl von euch, liebe Brüder, dass ihr selbst voll Gütigkeit seid, erfüllt mit aller Erkenntnis, dass ihr euch untereinander könnet ermahnen.“
Der Apostel erwartet nicht nur von Seiner Gemeinde, dass sie keinen Mangel an Früchten des Geistes haben wird, sondern er ist davon überzeugt. Die Gütigkeit muss mit gründlicher Erkenntnis Hand in Hand liegen, sonst ist es keine Gütigkeit nach Gottes Willen. Man muss andern unter der Leitung des Herrn dienen, und sie unter der Leitung des Herrn ermahnen, wenn die Ermahnung wirklich Annahme finden und Frucht schaffen soll. Der Herr hat Seinem Apostel eine besondere Gnade geschenkt, damit er sowohl den Gemeinden in Rom wie anderenorts dienen könne, je nach ihren Bedürfnissen.
Es ist des Apostels Bedürfnis, der römischen Gemeinde gegenüber die Hoffnung auszusprechen, dass Gutes und Gütigkeit, dass Gutes und Gütigkeit; Liebe und Freundlichkeit auch bei ihr den Sieg behalten werde, ja dass die einzelnen Glieder so sehr mit Güte erfüllt werden, dass kein Raum mehr für Fremdes vorhanden sei. „Voll Gütigkeit, erfüllt mit aller Erkenntnis,“ nicht voll scheler Blicke, nicht mit einem kritischen Auge, das scharf herausfindet, wo es der Nächste an etwas fehlen lässt, nicht scharf, wo es gilt, die Gebrechen anderer zu sehen und blind sein für die eigenen Fehler und Mängel.
Nein voll aller Erkenntnis und Fähigkeit andere zu ermahnen. Man bedarf der Erkenntnis, um ermahnen zu können, sonst schiesst man über das Ziel hinaus und trifft nicht das Rechte. Man hat das Gefühl, dass es dem Nächsten an etwas fehlt, aber man tappt herum und schadet dem anderen mehr, als man ihm nützt, wenn er merkt, dass man ihn falsch beurteilt. Zum ermahnen braucht man Durchblick in der Liebe, so dass man wohl den wunden Fleck berührt aber nicht darauf drückt. Mit einem Male ist es, als ob der Apostel sich entschuldigt in der grossen Zartheit und Rücksicht, mit der er der Gemeinde gegenübersteht, dass er so freimütig gesprochen habe. Er wollte lieber väterlich ermahnen, als mit Autorität auftreten, sie erinnernd an das, was sie längst wussten, aber bisher nicht verwertet hatten, an die Kraft göttlicher Gnade.
Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“
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