Behandelter Abschnitt Röm 8,24-26
Jetzt einige Bemerkungen über V. 24: „In der Hoffnung sind wir errettet worden.“ Von einer noch nicht erschienenen, noch nicht in unsern Besitz gekommenen Seligkeit ist hier die Rede. Wie haben wir das zu verstehen? Wenn hier von „selig sein“, „errettet sein“ die Rede ist, so gilt das ganz in einem andern Sinn, als von der Vergebung der Sünden und von der Gotteskindschaft. The wir jedoch zur Beantwortung dieser Frage übergehen, wollen wir noch eine andere lösen, über die viel Unklarheit herrscht. Wir haben in unserer Lutherischen Übersetzung für „selig“ nur ein Wort, während es im Grundtext zwei ganz verschiedene Ausdrücke dafür gibt.
Ich will ein Beispiel nehmen. Am Schlusse von 1Kor 3 lesen wir von Kindern Gottes, die auf den Grund, den Gott gelegt hat, Holz, Stoppeln und allerhand Untaugliches, was das Feuer verzehrt und der Wind verweht, gebaut haben; solche können wohl selig werden, aber nur durchs Feuer. Ihr ganzes Leben verbrennt und von allem, was sie mit großem Eifer getrieben haben, bleibt nichts für die Ewigkeit, und sie gehen nackt, als durchs Feuer gerettet, ein ins Reich Gottes ein, wo es nicht heißt, dass sie einen reichlichen Eingang haben werden, wie in 2Pet 1,11 und dass ihnen ihre Werke nachfolgen, wie in Off 14,13.
In Röm 8,28 im Grundtext heißt es nicht: „selig“ sondern „glückselig“, während in 1Kor 3,15 nur das Wörtchen „selig“ steht; dort ist von einer Glückseligkeit keine Rede. Das Wörtchen: „Nur selig“ kann man oft an der Wand hängen sehen, aber ich habe dabei meine großen Bedenken. Kann es einem wahren Kinde Gottes genügen, hier nichts getan zu haben für den Herrn? Es muss gehen nach 1Kor 15,58, wo von einem Werk aus Holz und Stoppeln keine Rede ist.
Was du in deiner eignen Kraft zu Stande bringst, das verbrennt; genügt es dir aber, „nur selig“ zu werden, so hast du es leicht in den Himmel zu kommen! - Ist uns aber einmal die Größe unseres Berufs aufgegangen, so können wir nicht mehr anders, als uns dem Herrn gänzlich zur Verfügung stellen, damit ER uns in dieser schnell vergehenden Zeit zu Ewigkeitsmenschen umwandle. In unserm Kapitel und besonders in der letzten Hälfte ist von einer doppelten Sohnschaft die Rede. Die in Vers 15,16,17 erwähnten Gotteskinder sind versiegelt worden durch den Heiligen Geist und durch den Geist der Wahrheit und Nüchternheit. Er zeugt von ihrem Geiste, dass sie Gottes Kinder sind.
Diese gläubigen Gotteskinder haben vor sich eine Seligkeit, die als Basis die Erwartung der Erlösung des Leibes hat. Und in diesem Sinne ist V. 24 aufzufassen. „Wir sind wohl selig, doch in der Hoffnung.“ Dieser Ausspruch geht nicht auf die Begnadigung, denn die ist fest versiegelt (Vers 16); er geht vielmehr auf die Erlösung des Leibes, auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Es ist traurig, dass viele gut gesinnte, religiös kirchliche Leute, die treu zur Kirche halten, das Abendmahl nehmen, Hausandachten verrichten, in die Versammlungen gehen, in einer offenen, liebevollen Frage, wie z. B.: „Bist du gerettet?“ sie nur Aufdringlichkeit und Neugierde erblicken.
Dürfte man diese Frage überhaupt nicht stellen in heiliger Liebe zu den Verlorenen und Irregeleiteten, so brauchten wir keine Missions- und Evangelistenanstalten, kein Johanneum. Wir dürfen uns absolut nicht beugen unter die sklavischen Gesetze menschlicher Konvenienzen. „Ich hoffe selig zu werden,“ so sagt man und bezeichnet es als Vermessenheit und Hochmut, wenn Einer behaupten will, er wäre seines Heiles ganz gewiss. Was hat es dem Heiligen Geist gekostet, bis ER die Gemeinde so weit gebracht, dass es nicht mehr zur „Vermessenheit“ und zum „Hochmut“ gehört, die Erlösung als eine Gewissheit festzuhalten und zu verkündigen. Ja, nicht in Hoffnung bin ich selig und gerettet, sondern wahrhaftig schon jetzt bin ich hineinversetzt in das Reich des Lichts (Kol 1,13).
Gott mag noch viel an mir zu ändern und umzugestalten haben, das eine steht felsenfest, dass ich gerettet bin, dass ich jetzt schon Gottes Kind bin, während ich früher ferne stand, ohne Gott und ohne Hoffnung. Das Wort „Glauben“ ist heutzutage der Ausdruck der Unbestimmtheit geworden, ebenso geht's mit dem Wort „Hoffnung“: Für die Weltkinder ist sie das Gebiet der Ungewissheit, weil sie so manche Hoffnung zertrümmert gesehen haben. Aber so ungewiss auch die Hoffnung der Weltkinder ist, so gewiss und sicher ist die Hoffnung der Gotteskinder. Die christliche Hoffnung vergleicht die Schrift selber mit einem Anker, der ins Heiligtum Gottes hineingeht und dort fest und sicher ruht: „Ich weiß,“ sagt der Wiedergeborene, dass Gott mein Vater ist, und ich durch Christum Jesum Sein Kind bin.“
Solche haben noch etwas vor sich, was sie bis jetzt noch nicht empfangen haben, nämlich eine ihnen ganz gewiss gehörende, aber noch nicht in ihren Besitz gelangte Seligkeit; die Erscheinung unseres Heilandes Jesu Christi vom Himmel. Welche Bedeutung hat die Wiederkunft Christi für sie? Kaum ist der Heiland gen Himmel gefahren, so müssen schon die Engel Sein Wiederkommen weissagen.
In der Pfingstpredigt, Apostelgeschichte 3,20, knüpft Petrus an die Aufforderung zur Buße und Umkehr die Hoffnung auf die „Zeiten der Erquickung.“ Was versteht er darunter? In den ersten Jahrhunderten sind Zeiten der Erquickung über die Gemeinde gekommen, ferner zur Zeit der Reformation, und seitdem ist der Geist oft mit Macht durch die Lande gezogen, und mit großer Kraft und Freudigkeit ist Gottes Wort unter Erweisung Seines Geistes verkündigt worden, aber diese Zeiten meint der Apostel nicht, das waren nur Vorbereitungszeiten, er redet von der Erscheinung Jesu Christi. Petrus predigt den Leuten den Auferstandenen und geht alsdann sofort über auf Seine Wiederkunft.
Die Himmel haben uns den Heiland genommen, aber sie müssen Ihn uns wiedergeben. Das ist unsere selige Hoffnung. Phil 3 redet am Schluss von solchen, deren Wandel oder eigentlich „Bürgertum“ im Himmel ist. 1Thes 1,9 u. 10 wird die ganze Laufbahn des Christen in zwei Stücke zusammengefasst: 1) „zu dienen“ dem lebendigen Gott und 2) „zu warten auf Seinen Sohn im Himmel.“ Titus 2,3: „Und warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Heilandes Jesu Christi.“ Losgelöst von der Erde sind die Geretteten und in der Hoffnung Seligen. Die untere Welt kann ihnen nichts bieten, sie gehören der obern Welt an. Sie sind mit Christo begraben und auferstanden und sitzen in den himmlischen Örtern, nicht nur je und dann sich mühsam hinaufarbeitend, sondern oben zu Hause.
Die Braut Jesu ist losgekauft durch das Blut ihres Bräutigams vom eitlen Wandel, 1Pet 1,3 „gezeugt von Gott zu einer lebendigen Hoffnung,“ Vers 5 „für eine Seligkeit oder Errettung, die bereitet ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden.“ Heb 9,28: „zum andern Mal wird ER erscheinen denen, die auf Ihn warten zur Seligkeit!“ Als Hanna im Tempel, Lk 2,28, den Heiland geschaut hatte, redete sie zu allen, welche die Erlösung Israels erwarteten; für diese war der HErr erschienen, ihnen musste die Botschaft gebracht werden, während die andern ruhig weiter lebten und es nicht wussten, dass der Heiland gekommen war. Gehören wir nun zu solchen, die Ihn erwarten?
Wie viel Einwände hat man dieser Frage gegenüber. Man glaubt mit Schriftgründen beweisen zu können, dass die Zukunft des HErrn noch weit in der Zukunft liege. Und doch wie nahe sind wir derselben entgegengekommen. Wie nah ist die Entrückung der Erstlingsschar, die sich in der Stille bereiten lässt, die gesichtet und durchläutert wird und von Umgestaltung zu Umgestaltung geht. Ob diese Entrückung nicht von heute auf morgen geschehen kann, weiß niemand, nach der Schrift steht ihr nichts mehr im Wege- sobald die Überwinder bereit sind.
Von den letzten Dingen und von der Wiederkunft des HErrn reden auch noch klar 1Kor 15; 1Thes 4 und viele andre Stellen. Bei oberflächlichen Studium dieser Abschnitte könnte man aber zu dem Schluss kommen, dass der HErr nicht kommt, bevor alle Gläubigen reif sind für die Entrückung. Gott hat aber mit der Offenbarung Johannes noch ein letztes Wort gegeben in Seiner unwiderruflichen Treue und Gnade, das Licht gibt in dieser „letzten Stunde“ (1Joh 2,18).
Die Gemeinde als Solche war nicht treu, nun wendet sich der HErr an die Einzelnen, die ein Ohr haben für die Botschaft des Geistes. „Wer überwindet,“ sagt der HErr 7 mal in der Offenbarung; im sechsten Sendschreiben heißt es: „Ich komme bald“ und im siebenten: „Ich stehe vor der Tür.“ Das sechste Sendschreiben ist an die Gemeinde in Philadelphia gerichtet, an die blühende Gemeinde, der der HErr keinen einzigen Vorwurf macht; das siebente Sendschreiben ist an Laodicäa gerichtet, an die schlafende Gemeinde, von der ER sagt, ER werde sie ausspeien, wenn sie nicht Buße tue.
Auch in Laodicää erwartet der HErr Bereitschaft und selbst, wenn das Abendmahl Kap. 3,20 noch nicht das Abendmahl des Lammes ist, so ist es die Bereitschaft dazu. Wenn ich höre, es klopft einer an, so muss ich bereit sein, die Tür aufzumachen. Habt ihr irgend etwas in der Heiligen Schrift, was euch beweise, dass noch etwas fehle, damit die Wiederkunft Christi eintreten könne? Es ist alles erfüllt, was noch der Entrückung der Erstlingsschar im Wege stand: Nur eines fehlt: die Bereitschaft der Überwinder.
Die Bibel schließt mit dem Gebet des Geistes und der Braut: „Komm, HErr Jesu.“ „Und wer es hört, der sage: komm.“ Darum wollen wir uns vollkommen auf des HErrn Seite stellen, damit ER frei sei, durch Seinen Geist in uns auszuwirken was Ihm gefällt und was Seinen Namen verherrlicht. Die Braut wartet in geduldigem Harren (Jak 1,4); ihr Seufzen nach dem Kommen ihres HErrn ist kein fleischliches, ungeduldiges Seufzen. Mancher möchte gern von der Erde weg um der vielen Leiden und Schicksalsschläge willen, die er durchmachen muss. Das ist das Sehnen und Seufzen derer, die sich vor der Umgestaltung in das Lammesbild fürchten.
Die Glieder der Braut aber warten still, das Ziel der Heimführung unverrückt im Auge behaltend, und hörten nicht auf, sich zu reinigen, gleichwie ER rein ist (1Joh 3,3). In Prüfung und Krankheit ist es ihnen nicht das Erste, so bald als möglich von der Last befreit zu werden; es liegt ihnen in erster Linie daran, dass ihr HErr verherrlicht werde durch sie im Geiste und am Leibe. Ja, wenn wir harren auf die Erlösung des Leibes, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn der Heiland sich denselben in Seiner Weise zubereitet, um Sein Bild darinnen zu erkennen.
Der Teufel tut alles mögliche, um den Leib der Heiligen zu knicken, und gilt es, wachsam zu sein und alle Gebiete des Lebens mit dem Lebensquell in Verbindung zu bringen. Im Kinde Gottes spielt sich ein Kampf ab zwischen Leben und Tod, der bis in die verborgendsten Gebiete feines Wesens hineingeht. Dieser Kampf erinnert uns immer wieder an die seufzende Kreatur und an die Schuld, welche wir ihr gegenüber haben, die uns mahnt, uns ganz durchdringen zu lassen von den Kräften des Lebens Jesu, um zubereitet zu werden für die Erlösung des Leibes.
Gedanken aus Röm 6,7 u. 8. Nachgeschriebenes aus Versammlungen
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Behandelter Abschnitt Röm 8,24-25
Gläubiges Hoffen und Wissen
Vers 24: „ Denn wir sind wohl selig, doch in der Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man das hoffen, das man sieht?“
Unter der Hoffnung von der hier geredet wird, ist nie Heilsgewissheit verstanden. Wir sollen volle Klarheit haben, ob wir Gottes Kinder sind oder nicht; aber es gibt zukünftige Gebiete, Gebiete der Hoffnung, die noch nicht in Erscheinung getreten sind. Diese gipfeln zunächst in der Erlösung des Leibes, in der Erwartung des Sohnes Gottes, der auch die Leiber erlösen wird am Tage der Herrlichkeit.
Auf diesen Gegenstand der Hoffnung warten wir, ausharrend unter den Prüfungen und Übungen, durch die wir zu gehen haben, um erzogen zu werden für die Herrlichkeit, für die Wiederkunft des Herrn. Das können wir aber nicht in eigener Kraft. Wer es um jeden Preis Gott recht machen will, der kann sich darauf verlassen, dass der Geist Gottes selbst, der aus der Schrift diese Hoffnung in uns nieder gelegt hat, unserer Schwachheit zu Hilfe kommen. Es sind das Gebiete, die über unseren Horizont gehen. Wenn wir also im allgemeinen wissen, was wir zu bitten haben, muss doch der heilige Geist das rechte seufzen in uns wirken, sich für uns verwenden, wo wir zu kurz kommen mit unseren Bitten.
Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“)
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