Der nächste Abschnitt ist ein sehr ernster, dessen Bedeutung und Gewicht schon daraus erhellt, daß er durch ein doppeltes „Wahrlich" eingeführt ist. Und doch ist alles , was der Sohn uns gesagt hat, ganze, volle Wahrheit. Wenn Er, der sagen konnte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" — wenn Er, der nie etwas Unwahres gesagt hat, Seine Worte mit einem doppelten „Wahrlich" einführt, so hat das seine Bedeutung für uns gedankenlose, das Wort Gottes leichtnehmende Menschen, denen man die Sachen tief einprägen muß, wenn sie haften sollen — ja, denen man besonders die Tragweite göttlicher Worte erst zum Bewußtsein bringen muß. Darum wohl uns, wenn sich endlich unsere Ohren und Herzen öffnen für alle Worte Jesu — und sich um so mehr öffnen, wenn der Herr sie mit einem „Wahrlich, wahrlich" unterstreicht!
Vers 24: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: wer mein Wort hört und glaubet dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben, und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben durchgedrungen."
Wer mein Wort hört — das Wort des wahrhaftigen Zeugen, dessen Bedeutung eben darin liegt, daß hinter Ihm, dem Gesandten, der Vater steht, der Weltenherrscher, der Ihn gesandt hat. Die Bedeutung eines Wortes, einer Botschaft, bemißt sich nach der Stellung dessen, der den Botschafter sendet. Das Wort des Gesandten einer Großmacht hat eine ganz andere Bedeutung als das des Botschafters irgend eines kleinen Staates, weil eine ganz andere Macht dahintersteht, um dem Worte Nachdruck zu verleihen. Wer einen Botschafter beschimpft, bekommt es mit dem zu tun, der den Botschafter gesandt hat. Wohl uns darum, wenn wir Gottes Wort nehmen als von Gott gesandt, um hineinzuleuchten in unser Herz und Leben, in unsere Lebensaufgabe — ein Licht aus der oberen Heimat! Wohl uns, wenn wir nichts verloren gehen lassen von dem heilige» Samen des Wortes Gottes — gerade in Zeiten der Stille und Sammlung, die uns Gott da und dort schenkt! Mißtrauen gegen einen Gesandten kann weitgehende Konsequenzen haben.
„Wer mein Wort höret und glaubet dem, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben . . ." O, gehen wir nicht leichtsinnig über diese Worte hinweg! Das Hören des Wortes Gottes muß eine Hingabe unser selbst zur Folge haben — die Hingabe an den, der ruft, der sendet, der den Auftrag gegeben hat, weil hinter der Botschaft Herrlichkeit und Leben steht. Ewiges Leben hat der Herr dem vorbehalten, der Seine Botschaft aufnimmt, der dem Zuge des Vaters zum Sohne, sowie dem Zuge des Sohnes zum Vater Folge leistet und damit alle anderen Bande zerreißt, die ihn an die Kreaturen, an die Sichtbarkeit, an die irdischen Hoffnungen und Ziele binden. Er hat nun ewiges Leben und braucht darum keine Angst mehr zu haben vor dem, was noch kommen könnte; denn er ist aus der Verweslichkeit, dem Totenreiche, ins Leben hindurchgedrungen, in eine neue Welt.
Was können schon unsere Worte für einen Einfluß auf andere ausüben! Wir können durch ein Wort andere entweder erschrecken oder beruhigen, je nachdem wir innerlich stehen. Es gibt Menschen, um deren Worte wir uns nicht viel kümmern — je nachdem können aber auch Worte eines Mitmenschen verstimmend oder aufheiternd auf uns wirken — um wieviel mehr, wenn es sich um eine Botschaft dessen handelt, der das Leben ist! „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben", sagt Jesus von sich selbst. In Seinen Worten teilt sich ewiges Leben mit, und zwar dadurch, daß durch Gottes Wort das eigne Wort und das eigne Leben ausgeschaltet werden. Es entsteht durch Gottes Wort eine neue Welt. Menschenworte machen dem Worte Gottes Platz. Es vollziehen sich durch Gottes Wort immer tiefere und tiefergehende Veränderungen, Entrückungen. Wer entrückt werden will, wenn der Herr Jesus kommt, muß schon hienieden und schon jetzt ein Entrückungsleben führen, darf nicht unter dem Hochdruck der Menschen und Verhältnisse stehen, sondern muß in die Heimatwelt der Ewigkeit eingesenkt sein. Von dort aus bekommt alles, was an uns herantritt, seine richtige Wertung. Durchgerichtete kommen nicht mehr ins Gericht. Wohl uns, wenn wir uns über alles richten lassen, worauf der Herr Seinen heiligen Finger legt, und wohl uns, wenn wir Ihm stille halten, bis Er alles ausgeschieden hat, was vor Ihm nicht taugt! „Er ist von dem Tode ins Leben hindurchgedrungen ...!", hindurchgedrungen in die Welt der Unsichtbarkeit. Die Sichtbarkeit ist eine dem Tode verfallene Welt. Das Sichtbare vergeht, nur das Unsichtbare bleibt. Machen wir also, daß wir hinüberkommen aus der Welt des Vergehenden und Vergänglichen, daß wir durch die Welt des Todesgeruches hindurchdringen in das Lebensreich! Hienieden ist alles von Tod und Verwesung durchdrungen, und was heute morgen geblüht hat, ist am Abend verwelkt und wird ins Feuer geworfen. Ewiges, nie endendes, unerschöpfliches Leben ist es, was uns der Herr gebracht hat.