Behandelter Abschnitt Joh 1,19-25
Johannes, der Bahnbereiter Jesu
Johannes war sich seiner Sendung klar bewußt. Er wollte nicht mehr und nicht weniger sein als ein Bahnbrecher für Jesum — er wollte die Aufgabe, die Gott ihm gegeben hatte, treu erfüllen. Auf die Frage: „Wer bist du?" antwortete er einfach. „Ich bin nicht Christus." Und als man ihn weiter fragte: „Wer bist du denn? Bist du Elias?", sagte er wiederum: „Ich bin es nicht." Und doch heißt es im Evangelium Matthäus, daß der Herr Jesus selbst von ihm sagte: „Er ist der Elias, der da kommen soll", und nach Lukas 1,17 war er dem Zacharias mit den Worten angekündigt worden: „Er wird vor Ihm — vor Jesu — einhergehen im Geiste und in der Kraft des Elias, zu bekehren die Herzen der Väter zu den Kindern und die Ungläubigen zu der Klugheit der Gerechten, zuzurichten dem Herrn ein bereitetes Volk." Der erste Elias war ein Vorbild, und Johannes war ein zweiter Elias, weil er bahnbrechend in der Kraft des Elias auftrat, wie Elias seinerzeit für Jehova in die Schranken trat, als Israel sich an Baal verkauft hatte. Er konnte jedoch ein zweiter Elias sein, ohne sich dessen bewußt zu sein. Wir wissen nicht allsogleich, welches die Aufgabe ist, die der Herr uns persönlich im Leben gibt; denn erst in Seiner Nachfolge werden wir uns klar über uns selbst. Erst in Seiner Nachfolge lernen wir unterscheiden zwischen dem, was wir in unser Leben hineingelegt haben, und dem, was Gott darin niedergelegt und wozu Er es bestimmt hat. Unsere göttliche Bestimmung muß sich erst herausschälen aus allem Eignen, und es schält sich heraus und klärt sich ab durch Buße und Glauben unserseits. Wir stammen aus der Ewigkeit und tragen Ewigkeitsamen in uns, wenn wir Kinder Gottes, aus dem Geiste wiedergeborene Leute sind; aber es kommt alles darauf an, daß wir treu sind in den Linien der uns von Gott gestellten Aufgabe, auch wo wir die Bedeutung unseres Berufes nicht messen, noch Erfolge irgend welcher Art sehen können. Soviel ist gewiß, daß der Herr zu jeder Aufgabe die nötige Gabe gibt, sowohl in irdischen wie in ewigen Dingen, und es handelt sich nur darum, daß wir unsere Aufgabe und die Grenze der uns aufgetragenen Arbeit kennen; denn sobald wir darüber hinausgehen, können wir nicht mehr treu sein, und unsere Pflichten geraten dann in Konflikt miteinander, während doch alles so von Gott eingerichtet ist, daß eins das andere stützt und eins aus dem andern hervorgeht, damit der Leib Christi sich auferbaue.
„Wer bist du? Was sagst du von dir selbst?", fragen die Abgesandten der Schriftgelehrten und Pharisäer. „Ich bin die Stimme eines Predigers in der Wüste", antwortet Johannes. Mehr wollte er nicht sein als eine Stimme, die in die Wüste hineinruft: „Bereitet dem Herrn den Weg; machet eine ebene Bahn unserem Gott!" — macht Ihm eine ebene Bahn in Herz und Leben! Wir Menschenkinder sind in der Regel so sehr von allem möglichen in Anspruch genommen, daß der Herr sich zuerst einen Weg ebnen und uns erst lehren muß, Ihm Raum zu machen, damit zur Geltung kommen könne, was Er an Gaben und Kräften in Herz und Leben niedergelegt hat.
Das ist auch unsere Aufgabe, daß wir Stimmen seien in der Wüste dieser an die Sünde verkauften Welt — eine Weckstimme, die die Leute aufweckt und Neues in ihren Horizont stellt — eine Warnungsstimme an die Sünder und eine Stimme der Ermutigung an die ,die etwa zur Stunde noch gebunden sind, aber gern loskommen möchten — eine Stimme, die hineintönt in die Finsternis und den Verirrten den Weg zum Vaterherzen Gottes wieder zeigt.