Wiederholung der zehn Gebote
„Und Mose rief ganz Israel und sprach zu ihnen: Höre, Israel, die Satzungen und die Rechte, die ich heute vor euren Ohren rede; und lernt sie, und achtet darauf, sie zu tun“ (V. 1). Hier begegnen wir wieder diesen vier Worten, die das fünfte Buch Mose in besonderer Weise kennzeichnen.
Das Erste, was ein Mensch tun muss, ist „hören“. „Hören will ich, was Gott, der Herr, reden wird“ (Ps 85,9). „Hört, und eure Seele wird leben“ (Jes 55,3). Das hörende Ohr ist der Ausgangspunkt für alles wahre christliche Leben. Es bringt einen Menschen in die einzige Stellung alles Segens.
Selbstverständlich sprechen wir hier nur von dem Hören des Wortes Gottes. Israel hatte auf die „Satzungen und Rechte“ des Herrn zu horchen, auf das Wort des lebendigen Gottes, der sie erlöst hatte aus dem Land der Knechtschaft, der Finsternis und des Todes. Sie sollten nicht auf die Überlieferungen und Lehren der Menschen hören. Ebenso ist es auch heute mit uns.
Wir sind zum Gehorsam berufen. Wir sind berufen, zu „hören“ und uns ehrerbietig einer Autorität zu unterwerfen. Der Weg eines unterwürfigen und demütigen Christen ist genauso weit vom Aberglauben wie vom Unglauben entfernt. Die vortreffliche Antwort, die Petrus einst dem Synedrium in Apostelgeschichte 5,29 gab, weist beide gleich entschieden zurück. Er sagte: „Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen.“ Unsere Antwort auf den Unglauben in all seinen Erscheinungsformen ist: „Wir müssen gehorchen“, und auf den Aberglauben, in welches Gewand er sich auch kleiden mag: „Wir müssen Gott gehorchen.“
Das ist die Pflicht jedes wahren Christen. Er hat Gott zu gehorchen. Der Ungläubige mag über einen Mönch oder eine Nonne lächeln und sich wundern, wie ein Mensch seinen Verstand und seine Vernunft so vollständig einem anderen, der auch sterblich ist, unterwerfen und sich oft solch unnatürlichen Regeln und Übungen unterziehen kann. Dieser Ungläubige rühmt sich seiner geistigen Freiheit und hält seine Vernunft für den einzig gültigen Maßstab. Dabei weiß er nicht, dass er, während er sich mit seinem freien Willen brüstet, in Wirklichkeit von Satan, dem Fürsten und Gott dieser Welt, gefangen gehalten wird. Der Mensch ist geschaffen zu gehorchen und aufzublicken zu dem Einen, der über ihm steht. Der Christ ist geheiligt zum Gehorsam Jesu Christi, das heißt zu demselben Charakter des Gehorsams, wie er von unserem Herrn und Heiland selbst Gott gegenüber erfüllt wurde.
Das ist von fundamentaler Bedeutung für jeden, der wirklich erkennen möchte, worin wahrer christlicher Gehorsam besteht. Diesen Gehorsam zu kennen, ist das große Geheimnis, das von dem Eigenwillen des Unglaubens und von dem falschen Gehorsam des Aberglaubens befreit. Es ist nie richtig, unseren eigenen Willen zu tun. Es kann richtig sein, dem Willen eines Mitmenschen zu folgen, aber wir sind auf dem richtigen Weg, wenn wir den Willen unseres Gottes tun. Um diesen Willen zu tun, kam Jesus auf die Erde, und Er tat ihn vollkommen. „Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun“ (Heb 10,9). „Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und dein Gesetz ist im Innern meines Herzens“ (Ps 40,9). Zu demselben Gehorsam sind auch wir berufen. Wir sind „auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi“ (1Pet 1,1.2). In diesen Worten liegt ein unschätzbares Vorrecht, zugleich aber auch eine heilige und ernste Verantwortung für uns. Lasst uns nie vergessen, dass wir nicht nur der Blutbesprengung Jesu Christi teilhaftig geworden, sondern auch zu seinem Gehorsam abgesondert sind!
Vielleicht denkt jemand an die Ermahnung des Apostels in Hebräer 13: „Gehorcht euren Führern und seid fügsam; denn sie wachen über eure Seelen (als solche, die Rechenschaft geben werden), damit sie dies mit Freuden tun und nicht mit Seufzen; denn dies wäre euch nicht nützlich.“ Das ist gewiss ein sehr wichtiges Wort, mit dem wir noch eine andere Stelle aus 1. Thessalonicher 5 verbinden möchten: „Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die erkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen, und dass ihr sie über die Maßen in Liebe achtet, um ihres Werkes willen“ (V. 12.13). Weiterhin lesen wir in 1. Korinther 16,15.16: „Ich ermahne euch aber, Brüder: Ihr kennt das Haus des Stephanas, dass es der Erstling von Achaja ist, und dass sie sich selbst den Heiligen zum Dienst verordnet haben – dass auch ihr euch solchen unterordnet und jedem, der mitwirkt und arbeitet.“ Und in 1. Petrus 5 ermahnt der Apostel die Ältesten, er, „der Mitälteste und Zeuge der Leiden des Christus und auch Teilhaber der Herrlichkeit, die offenbart werden soll: Hütet die Herde Gottes, die bei euch ist, indem ihr die Aufsicht nicht aus Zwang führt, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig, nicht als solche, die über ihre Besitztümer herrschen, sondern die Vorbilder der Herde sind. Und wenn der Erzhirte offenbar geworden ist, so werdet ihr die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit empfangen“ (V. 1–4).
Sprechen diese Stellen nicht gerade dafür, dass wir bestimmten Menschen gehorchen sollen? Mit welchem Recht verwirft man dann die menschliche Autorität? Die Antwort ist sehr einfach. Wo immer Christus eine Gabe des Geistes verleiht, sei es die Gabe des Lehrens oder die Gabe eines Hirten, da ist es die Pflicht eines Christen, die Gabe anzuerkennen und zu schätzen. Das nicht zu tun, bedeutet, die Segnungen und Gnadenerweisungen Gottes gering zu achten. Aber wir müssen in jedem Fall zu erkennen suchen, ob wirklich eine Gabe vorhanden ist, die Gott gegeben hat. Kein Mensch hat das Recht, sich ein bestimmtes Amt oder eine Stellung anzumaßen, oder sich von anderen zu einem solchen Amt berufen zu lassen. Das ist ein Eingriff in ein heiliges Gut und wird früher oder später das Gericht Gottes auf sich ziehen.
Jeder wirkliche Dienst kommt von Gott und gründet sich auf eine wirkliche Gabe, die von dem Haupt der Versammlung verliehen worden ist, so dass wir sagen können: ohne Gabe kein Dienst. In allen oben angeführten Stellen besitzen die genannten Personen eine Gabe und können sie daher ausüben. Wir sehen bei ihnen ein treues und warmes Herz für die Schafe und Lämmer der Herde Christi. In Hebräer 13 heißt es: „Gehorcht euren Führern.“ Wer unser Führer sein will, muss uns auf dem Weg vorangehen, den er uns führen will. Es wäre Torheit, sich den Titel eines Führers anzumaßen, ohne den Weg zu kennen oder willig und fähig zu sein, ihn zu gehen. Einem blinden, unwissenden Führer wird sich niemand anvertrauen.
Worauf gründet der Apostel seine Ermahnungen an die Thessalonicher, bestimmte Personen zu achten und anzuerkennen? Darauf, dass jemand sich einen Titel, ein Amt oder eine Stellung anmaßt oder von anderen annimmt? O nein, die Thessalonicher wussten wohl, dass diese Personen ihnen „vorstanden im Herrn“ und „sie zurechtwiesen“. Deshalb ermahnt er sie, sie „über die Maßen in Liebe zu achten“. Wegen ihres Amtes oder eines Titels? Keineswegs, sondern „um ihres Werkes willen“. Ebenso wurden die Korinther ermahnt, sich dem Haus des Stephanas zu unterwerfen, nicht um eines Titels oder eines angemaßten Amtes willen, sondern weil „sie sich selbst den Heiligen zum Dienst verordnet hatten“. Sie waren im Werk tätig. Sie hatten Gaben und Gnade von Christus empfangen und hatten ein Herz für sein Volk. Sie rühmten sich nicht ihres Amtes, sondern gaben sich mit willigem Herzen dem Dienst Christi hin.
Das ist der wahre Dienst, der ausgeübt wird in der Kraft, die Christus darreicht und in dem Bewusstsein, dass man ihm verantwortlich ist. Dieser Dienst findet die dankbare Anerkennung der Heiligen. Mag sich jemand als Lehrer oder Hirte ausgeben oder von anderen dazu ernannt werden, so ist doch alles Täuschung, Anmaßung und leere Form, wenn er nicht eine wirkliche Gabe von dem Haupt der Versammlung empfangen hat. Seine Stimme ist die eines Fremden. Die wahren Schafe Christi kennen sie nicht und sollten sie nicht anerkennen.10
Findet sich dagegen ein von Gott begabter Lehrer, ein treuer, liebender und weiser Hirte, der über die Einzelnen wacht, für sie kämpft und fähig ist, zu sagen: „Jetzt leben wir, wenn ihr feststeht im Herrn“ (1Thes 3,8), so wird man ihn anerkennen und achten. Hat jemand eine Gabe, so ist er ein Diener. Hat er sie nicht, so kann keine menschliche Autorität ihn zu einem wahren Diener Christi machen. Man mag ihn als Diener einsegnen, und er selbst mag sich so nennen, doch jeder wahre Dienst hat seine Quelle in Gott. Er gründet sich auf die göttliche Autorität, und sein Zweck ist, die Gläubigen in die Gegenwart Gottes zu bringen und in Gemeinschaft mit ihm. Der falsche Dienst dagegen hat seinen Ursprung im Menschen und bezweckt, die Gläubigen an Menschen zu binden. Das zeigt den großen Unterschied zwischen beiden. Der erste Dienst führt zu Gott hin, der zweite von Gott weg. Der eine pflegt, nährt und kräftigt das neue Leben, der andere hindert den Fortschritt des Lebens in jeder Weise und bringt die Gläubigen in Zweifel und Finsternis. Mit einem Wort, der wahre Dienst ist von Gott, durch ihn und für ihn, der falsche Dienst von Menschen, durch sie und für sie. So sehr wir den einen schätzen, so vollständig verwerfen wir den Zweiten.
In allen Fällen aber, wo eine wirkliche Gnadengabe vorhanden ist, werden wir aufgefordert zu gehorchen und uns zu unterwerfen, insoweit wir Christus in der Person und dem Dienst seiner geliebten Knechte erkennen. Für einen geistlichen Menschen ist es nicht schwer zu erkennen, ob wirklich Gnade und Kraft vorhanden sind. Man sieht sehr bald, ob jemand in wahrer Liebe bemüht ist, uns mit dem Brot des Lebens zu nähren und uns in die Wege Gottes zu leiten, oder ob er sucht, sich selbst zu erheben und seinen eigenen menschlichen Interessen nachzugehen. Der Unterschied zwischen Kraft und Anmaßung ist zu groß, als dass er übersehen werden könnte. Ein wahrer Diener Christi wird nie mit seiner Autorität prahlen oder sich seiner Gaben rühmen. Er tut einfach sein Werk und lässt es für sich selbst reden. Der Apostel Paulus konnte den armen, irregeleiteten Korinthern, die unter dem Einfluss falscher Lehrer an seiner Apostelschaft zweifelten, zurufen: „Weil ihr einen Beweis sucht, dass Christus in mir redet . . . so prüft euch selbst“ (2Kor 13,3-5).
Die Korinther selbst waren der lebendige Beweis seines Dienstes. Ihre Bekehrung und Segnung zeigten deutlich, dass der Dienst von Gott war, und das gab dem Apostel Freude, Trost und Kraft. Er war ein „Apostel, nicht von Menschen, noch durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn aus den Toten auferweckt hat“ (Gal 1,1). Er konnte sich der Quelle seines Dienstes rühmen und im Blick auf dessen Charakter zahlreiche Beweise anführen, von denen jeder Einzelne genügte, ein aufrichtiges Herz zu überzeugen. Er konnte in Wahrheit sagen: „Meine Rede und meine Predigt war nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft“ (1Kor 2,4).
So muss es in jedem Fall sein. Es muss Kraft und Wirklichkeit vorhanden sein. Bloße Titel sind nichts. Die Menschen mögen wohl Titel und Ämter verleihen, aber sie haben kein Recht dazu.
Vielleicht wird man einwerfen, wir seien nicht befugt zu „richten“. Wie sollen wir uns denn „vor den falschen Propheten hüten“ (Mt 7,15) können, wenn wir nicht das Recht haben, sie zu beurteilen? Mit welchem Maß aber sollen wir sie in unserer Beurteilung messen? „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Mt 7,16). Kann das Volk des Herrn nicht unterscheiden zwischen einem Mann, der zu ihm kommt in der Kraft des Geistes, in heiliger, selbstverleugnender Gesinnung, begabt von dem Haupt der Versammlung, erfüllt mit Liebe zu den Gläubigen, und einem anderen, der einen Titel trägt, den er sich selbst beigelegt hat oder der ihm von Menschen verliehen ist, der in seinem Dienst und Leben aber jede Spur göttlichen oder himmlischen Wesens vermissen lässt? Ohne Zweifel kann und soll das Volk Gottes diesen Unterschied machen.
Deshalb fordert der betagte Apostel Johannes auch die Gläubigen auf, nicht jedem Geist zu glauben, sondern die Geister zu prüfen, „ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen“ (1Joh 4,1). Und in seinem zweiten Brief ermahnt er die „auserwählte Frau“; „Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“ (V. 10.11). Und was sollte sie beurteilen? Sollte sie untersuchen, ob die, welche in ihr Haus kamen, von irgendeinem Menschen oder einer Institution bevollmächtigt waren? O nein. Sie sollte einzig und allein prüfen, ob sie gesund in der Lehre waren. Brachten sie die wahre, göttliche Lehre des Christus nicht, die Lehre, dass Er im Fleisch gekommen ist, so sollte sie die Tür vor ihnen verschließen, ohne danach zu fragen, wer sie wären und woher sie kämen. Wenn sie die Wahrheit nicht brachten, so sollte sie sie trotz aller Vollmachten, die sie etwa vorzeigen mochten, mit Entschiedenheit abweisen.
Im zweiten Kapitel der Offenbarung wird die Versammlung in Ephesus gelobt, weil sie die geprüft hatte, welche sagten, sie seien Apostel, und waren es nicht. Wie konnte sie diejenigen prüfen, ohne ein Urteil zu bilden? Diese Beispiele zeigen, dass man die Worte des Herrn in Matthäus 7,1: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet“, und die Worte des Apostels in 1. Korinther 4,5: „So urteilt nicht irgendetwas vor der Zeit“, falsch anwenden und auslegen kann. Die Schrift widerspricht sich nicht, und daher können die Worte des Herrn oder des Apostels, was auch ihr Sinn sein mag, nicht im Widerspruch stehen mit der Verantwortung der Christen, die Gaben, die Lehre und das Leben all derer zu beurteilen, die den Platz eines Evangelisten, eines Hirten oder eines Lehrers in der Versammlung Gottes einnehmen.
Die Worte „richtet nicht“ und „beurteilt nichts“, verbieten uns einfach, die Beweggründe oder die verborgenen Quellen einer Handlung zu beurteilen und zu richten. Damit haben wir nichts zu tun. Wir können nicht ins Innere des Herzens eindringen, und, Gott sei Dank, sind wir auch nicht dazu berufen. Wir können die verborgenen Gedanken des Herzens nicht erraten. Aber andererseits dürfen wir uns nicht der Verantwortung entziehen, die zu prüfen, die in unserer Mitte irgendeinen Dienst ausüben.
Es wird immer das Ziel jedes wirklichen Dieners Christi sein, diejenigen, denen er dient, zum Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes zu führen. Ein schönes Beispiel dafür sehen wir in Mose, diesem ausgezeichneten Knecht Gottes. Er war immer bemüht, der Gemeinde Israel die dringende Notwendigkeit eines schlichten Gehorsams gegenüber allen Geboten und Satzungen Gottes einzuprägen. Er suchte keine Autoritätsstellung für sich selbst. Sein großes Ziel von Anfang bis Ende war: Gehorsam, nicht gegenüber ihm, sondern gegenüber seinem und ihrem Herrn. Er wusste, dass dies das wahre Geheimnis ihres Glücks, ihrer Sicherheit und ihrer Kraft war. Er wusste, dass ein gehorsames Volk auch ein unüberwindbares Volk sein würde, und dass keine Waffe etwas gegen sie ausrichten konnte, solange sie sich vor dem Wort Gottes beugten. Mit einem Wort, er wusste und glaubte, dass es Israels Sache war, Gott zu gehorchen, so wie es Gottes Sache war, Israel zu segnen. Ihre Aufgabe bestand einfach darin, den offenbarten Willen Gottes zu „hören“, zu „lernen“, „darauf zu achten“ und ihn zu „tun“, und solange sie das taten, konnten sie mit vollem Vertrauen auf ihn rechnen als auf ihren Schild, ihre Kraft, ihren Beschützer und ihre Zuflucht. Der einzig wahre Weg für das Volk Gottes ist der schmale Weg des Gehorsams, auf den Gott immer mit Wohlgefallen herabsieht.
10 Wir haben wiederholt bemerkt, dass sich im Neuen Testament nichts von einer menschlichen Anweisung findet, das Evangelium zu predigen, die Versammlung Gottes zu belehren oder die Herde Christi zu weiden. Die Ältesten wurden durch die Apostel oder deren Stellvertreter, Timotheus und Titus, eingesetzt, die Diakonen von den einzelnen Versammlungen gewählt; aber Evangelisten, Hirten und Lehrer sind nie gewählt oder eingesetzt worden. Wir müssen zwischen einer Gnadengabe und der Übertragung eines örtlichen Dienstes unterscheiden. Älteste und Diakonen konnten eine besondere Gabe besitzen oder nicht, aber das hatte nichts mit ihrem örtlichen Dienst zu tun.
Zum besseren Verständnis dieses Gegenstandes verweisen wir den Leser auf 1. Korinther 12-14 und Epheser 4,8-13. In der ersten Stelle finden wir die Grundlage alles wahren Dienstes in der Versammlung Gottes, nämlich die göttliche Anordnung: „Gott hat die Glieder gesetzt“ (Kap. 12,18), dann den Beweggrund zu diesem Dienst: „Liebe“ (Kap.13), und endlich den Zweck: „damit die Versammlung erbaut werde“ (14,5). Aus Epheser 4,12.13 ersehen wir die Quelle alles Dienstes; den auferstandenen und aufgefahrenen Herrn, die Absicht: „zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes“, die Dauer: „bis wir alle hingelangen . . . zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus“. Mit einem Wort, der Dienst in all seinen Einzelheiten ist eine ausschließlich göttliche Einrichtung. Er ist nicht von Menschen, noch durch Menschen, sondern von Gott. Der Meister muss in jedem Fall die Gefäße füllen und ausrüsten. Die Behauptung, dass jedermann ein Recht habe, in der Versammlung Gottes zu dienen, entbehrt jeder Grundlage in der Schrift. Eine solche Freiheit des Menschen ist den Gedanken Gottes zuwider. Freiheit des Heiligen Geistes, zu gebrauchen, wen Er will, das ist es, was uns im Neuen Testament gelehrt wird. Möchten wir das lernen.↩︎