Rückblick auf die Reise von Kades-Barnea bis zum Jordan
Rückkehr zur Wüste
„Und wir wandten uns und brachen auf in die Wüste, den Weg zum Schilfmeer, wie der Herr zu mir geredet hatte; und wir umzogen das Gebirge Seir viele Tage“ (V. 1). In dem kleinen Wort „wir“ kommt sehr schön zum Ausdruck, wie Mose sich ganz mit dem Volk einsmacht. Sowohl Mose, als auch Kaleb und Josua mussten zusammen mit der ungläubigen Gemeinde in die Wüste zurückkehren. Das mag unserem natürlichen Urteil hart erscheinen, aber sicher war es so gut. Beugen wir uns unter den Willen Gottes, so folgen daraus große Segnungen, auch wenn wir nicht immer wissen, warum Gott so handelt. Wir hören kein unzufriedenes Wort dieser Diener Gottes, dass auch sie vierzig Jahre in die Wüste zurückkehren mussten, obwohl sie den Glauben hatten, in das Land einzuziehen. Sie kehrten ebenfalls zurück. Sie konnten das, ohne zu klagen, weil der Herr ebenfalls zurückkehrte und sich der Wüste zuwandte.
Gehorsam dem Willen Gottes
Wenn wir uns unter die Hand Gottes beugen, gewinnen wir mit Gewissheit aus Übungen einen großen Segen. Wir nehmen dann wirklich das Joch Christi auf. Das ist das wahre Geheimnis der Ruhe (vgl. Mt 11,28-30).
Worin bestand dieses Joch? In der unbedingten und vollständigen Unterwerfung unter den Willen des Vaters. Diese Unterwerfung sehen wir in dem ganzen Leben unseres Herrn und Heilandes. Er konnte sagen: „Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir“ (Lk 10,21). Es war sein einziges Anliegen, das Wohlgefallen seines Vaters zu besitzen. Sein Zeugnis wurde zwar verworfen, Er schien umsonst zu arbeiten und „vergeblich und für nichts seine Kraft zu verzehren“ (Jes 49,4), dennoch sagte Er: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde“ (Lk 10,21). Was dem Vater wohlgefiel, das gefiel auch ihm. Er hatte keinen Gedanken oder Wunsch, der nicht vollkommen mit dem Willen des Vaters übereinstimmte. Daher erfreute Er sich als Mensch beständig einer vollkommenen Ruhe. Er ruhte in den Ratschlüssen und Vorsätzen Gottes: Ein ungestörter Friede erfüllte ihn vom Beginn seines Weges bis zu seinem Ende.
Das war das Joch Christi, und Er lädt uns ein, es auf uns zu nehmen, damit wir Ruhe finden für unsere Seelen. Lasst uns die Worte beachten: „Ihr werdet Ruhe finden.“ Wir dürfen die Ruhe, die Er gibt, nicht verwechseln mit der Ruhe, die wir finden. Wenn ein schuldbewusster Sünder in schlichtem Glauben zu Jesu kommt, so gibt Er ihm Ruhe, die gegründet ist auf die Überzeugung, dass der Herr Jesus alles, was nötig war, getan hat. Er hat die Sünden für immer weggetan, eine vollkommene Gerechtigkeit hergestellt und uns zugerechnet. Er hat Gott verherrlicht, Satan zum Schweigen gebracht und das Gewissen beruhigt.
Das ist die Ruhe, die Jesus uns gibt, wenn wir zu ihm kommen. Aber dann erleben wir die wechselnden Szenen und Umstände des täglichen Lebens. Da gibt es Versuchungen, Schwierigkeiten, Übungen, Kämpfe, getäuschte Erwartungen und Widerwärtigkeiten aller Art. Zwar können alle diese Dinge die Ruhe, die Jesus gibt, nicht stören, wohl aber können sie die Ruhe beeinträchtigen, die wir suchen. Sie beunruhigen nicht das Gewissen, wohl aber das Herz. Sie können uns ruhelos, verdrießlich und ungeduldig machen. Ich beabsichtige zum Beispiel, irgendwo das Evangelium zu verkünden. Ich habe mich bereits dort angemeldet und werde erwartet. Plötzlich werde ich krank und muss zu Hause bleiben. Das beunruhigt zwar mein Gewissen nicht, kann aber sehr wohl mein Herz beunruhigen. Ich bin enttäuscht und weiß nicht, was ich tun soll und werde vielleicht ganz verdrießlich.
Wie kann ich nun einen solchen Zustand überwinden? Wie kommen Herz und Gemüt zur Ruhe? Was brauche ich in diesem Zustand? Ich muss Ruhe finden. Doch ich kann sie nur finden, indem ich mich darein schicke und das Joch Christi auf mich nehme, das Joch, das Er selbst als Mensch getragen hat, das Joch der vollständigen Unterwerfung unter den Willen des Vaters. Es geht darum, bedingungslos aus der Tiefe meines Herzens sagen zu können: „Dein Wille, o Herr, geschehe!“ Ich benötige ein Empfinden für seine unendliche Liebe und seine unergründliche Weisheit, die in allem, was Er tut, zutage tritt. Dann wünsche ich nicht mehr, die Umstände zu ändern, selbst wenn es in meiner Macht läge.
Die Ruhe des Herzens in allen Lagen und Umständen des Lebens erfahre ich also, wenn ich Gott für alles Geschehen danken kann, sei es auch meinen eigenen Plänen noch so entgegengesetzt. Dieses Geheimnis der Ruhe beschränkt sich nicht auf die Anerkennung der Wahrheit, dass, „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind“ (Röm 8,28), sondern setzt die Überzeugung voraus, dass alles, was Gott tut, und so, wie Er es tut, am besten für mich ist. Ich ruhe völlig in der Liebe, Weisheit und Treue Jesu, der es übernommen hat, für alles, was mich in Zeit und Ewigkeit betrifft, Sorge zu tragen. Wir wissen, dass die Liebe für einen geliebten Menschen nur das Beste zu tun sucht. Was muss es sein, wenn Gott sein Bestes für uns tut! Welches Kind Gottes könnte unzufrieden sein mit dem Besten Gottes?
Abschließend zu diesem Thema möchte ich noch bemerken, dass Gläubige dreierlei verschiedene Haltungen im Blick auf die Handlungsweise Gottes einnehmen können: Unterwerfung, Ergebung oder Freudigkeit. Wenn der eigene Wille zu Ende gekommen ist, so zeigt sich Unterwerfung. Ist der Verstand erleuchtet über Gottes Absichten, so zeigt sich Ergebung. Und ist im Herzen des Gläubigen wirkliche Zuneigung zu Gott selbst, so ist echte Freude vorhanden. Daher lesen wir in Lukas 10,21: „In derselben Stunde frohlockte er (Jesus) im Geist und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, dass du dies vor Weisen und Verständigen verborgen und es Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, denn so war es wohlgefällig vor dir.“ Unser Herr fand seine Wonne in dem ganzen Willen Gottes. Es war seine Speise und sein Trank, den Willen Gottes um jeden Preis zu tun. Im Dienst oder im Leiden, im Leben oder im Sterben leitete ihn kein anderer Beweggrund als der Wille des Vaters. Er konnte sagen: „Ich tue allezeit das ihm Wohlgefällige“ (Joh 8,29).