Behandelter Abschnitt 5Mo 2
In diesem Kapitel erinnert der Gesetzgeber die Israeliten daran, wie sie ihre beschwerliche Reise antraten. Aber welch wunderbare Gnade! Der Herr ging mit ihnen. Und natürlich wandten sich die Gläubigen genauso um wie die Ungläubigen. Wie gut ist der Herr! Dies wird nun entwickelt. Moses sagt: „und wir wandten uns um“, nicht nur „ihr“. „Und wir wandten uns und brachen auf in die Wüste, den Weg zum Schilfmeer, wie der Herr zu mir geredet hatte; und wir umzogen das Gebirge Seir viele Tage. Und der Herr redete zu mir und sprach: Lange genug habt ihr dieses Gebirge umzogen; wendet euch nach Norden. Und gebiete dem Volk und sprich: Ihr werdet nun durch das Gebiet eurer Brüder, der Kinder Esau, ziehen, die in Seir wohnen, und sie werden sich vor euch fürchten. Aber hütet euch sehr! Lasst euch nicht in Streit mit ihnen ein, denn ich werde euch von ihrem Land auch nicht den Tritt einer Fußsohle geben; denn das Gebirge Seir habe ich Esau als Besitztum gegeben“ (V. 1–5). So lehrte der Herr sie von Anfang an, dass sie nicht zu einer wahllosen Eroberung herausgerufen wurden. Es war nicht in seinem Sinn, den Menschen sein Gesetz oder das Schwert anzubieten. Sie durften sich kein Land nach eigenem Gutdünken aneignen. Der Herr gab ihnen nicht das Recht, andere zu erschlagen, zu verbrennen oder zu plündern, wie es ihnen beliebte. Es ging einfach darum, sich Gott unterzuordnen und Ihm zu gehorchen, der von Anfang an einen Plan für die Nationen um Israel als ihren Mittelpunkt hatte. „Als der Höchste den Nationen das Erbe austeilte, als er voneinander schied die Menschenkinder, da stellte er die Grenzen der Völker fest nach der Zahl der Kinder Israel“ (5Mo 32,8).
Es ist hier wieder das gleiche Prinzip wie anderswo. Der Mensch darf sich nicht anmaßen, zu wählen. Israel wurde in allem aufgerufen, sich dem Herrn anzuvertrauen und zu gehorchen. Gibt es etwas so Heilsames? Ich bin überzeugt, dass vor allem der Christ, der eine noch engere Beziehung zu Gott hat, der allerletzte Mensch ist, der eine Wahl aus Eigenwillen treffen sollte. Wie groß ist der Segen eines Menschen, wenn er wie Christus in Abhängigkeit von Gott wandelt, der Ihn nicht nur befragt, wenn er gezwungen wird, sondern der bereit ist, sich zu entscheiden, und der sicher ist, dass Er durch seinen Geist und durch das geschriebene Wort jeden Schritt des Weges leitet, wenn jemand sich selbst beurteilt. Der Herr wird den rechten Weg mit einer Einfachheit geben. Diese Einfachheit ist unvergleichlich besser als alle Weisheit, die die Welt bieten könnte, wenn man in Unabhängigkeit versuchen würde, für sich selbst zu entscheiden!
Dies scheint mir in der Frage des Landes Edom die Erprobung zu sein. Es bestand kein Zweifel, dass Esau sich so schlecht verhalten hatte, dass die Kinder Israels dies nicht vergessen konnten. Wir wissen, wie sich diese Traditionen unter den Menschen halten, besonders im Osten. Aber nein, Gott wollte nicht, dass sie sich einmischten. „Denn ich werde euch von ihrem Land auch nicht den Tritt einer Fußsohle geben“ (V. 5). Der Herr war genau dort am meisten vorsichtig, wo Er am wenigsten Mitgefühl hatte. Die Tatsache, dass Esau stolz war und Israel verachtete, gab ihnen keinen Freibrief, ihr Land zu nehmen; „denn das Gebirge Seir habe ich Esau als Besitztum gegeben“ (V. 5). Gott hält immer an seinen eigenen Prinzipien fest, und er lehrt uns, sie bei anderen zu respektieren. „Speise sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, dass ihr esst, und auch Wasser sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, dass ihr trinkt. Denn der Herr, dein Gott, hat dich gesegnet in allem Werk deiner Hand. Er kannte dein Wandern durch diese große Wüste: Diese vierzig Jahre ist der Herr, dein Gott, mit dir gewesen; es hat dir an nichts gefehlt“ (V. 6.7).
Warum sollten sie begehren? Sie müssen lernen, nichts zu suchen, was Gott ihnen nicht geben würde. Das ist der Punkt: Gottes Willen zu tun. Der Herr hatte Israel gesegnet und wollte, dass sie zufrieden und dankbar waren, anstatt die Güter ihres Nachbarn zu begehren. Er war es auch, der Esau den Berg gegeben hatte: Das war genug. Und Israel beugte sich dem Willen seines Gottes. „Und wir zogen weiter, an unseren Brüdern, den Kindern Esau, vorüber, die in Seir wohnen, vom Weg der Ebene, von Elat und von Ezjon-Geber her; und wir wandten uns und zogen den Weg in die Wüste von Moab“ (V. 8).
Dann wird ein weiteres Beispiel genannt. Sollten sie Hand an die Moabiter legen, die nicht so nah mit ihnen verwandt waren wie die Edomiter? Nicht so. „Befeinde Moab nicht und lass dich nicht in Streit mit ihnen ein, denn ich werde dir von seinem Land kein Besitztum geben; denn Ar habe ich den Kindern Lot als Besitztum gegeben“ (V. 9). Wir sehen also, dass die zweite Ermahnung eine Lehre über andere Menschen enthält, so wie die erste die Gefahr ihres Ungehorsams war. Was wir hier finden, ist eine Warnung, nicht dem Blick der Augen oder der Gewalt der Hände nachzugeben und sich vor einem begehrlichen Geist zu hüten, der das, was Gott anderen zugeteilt hatte, geringschätzt. Es ist immer die gleiche Pflicht der Unterwerfung unter Gottes Willen. Das erste Kapitel nimmt sie für sich selbst in Anspruch; das zweite Kapitel stellt sie in Gegenwart anderer Menschen auf die Probe. Es änderte nichts an ihrer Pflicht, wenn die Vorgeschichte Moabs und Ammons, ebenso wie die Esaus, alles andere als gut war. Wir kennen das ungöttliche Wesen Esaus. Wir kennen die ernsten Umstände Moabs und Ammons, was ihren Ursprung betrifft; trotz alledem würde Gott seinem Volk nicht erlauben, sich mit etwas zu beschäftigen, was nicht zu Ihm selbst passte, wie schwach es auch war und durch Israel repräsentiert wurde. Dies ist der klare Kern des Buches. Es ist das gebührende Verhalten eines Volkes, das eine Beziehung zum Herrn hat; nicht mehr das Schaffen vorbildlicher Einrichtungen, sondern die Entwicklung der moralischen Wege, die dem Volk entsprechen, mit dem der Herr auf der Erde eine Beziehung und Umgang hatte. Die große Pflicht und Festigkeit bestehen darin, immer auf sein Wort zu hören und Ihn nicht nur für den eigenen Weg, sondern auch in Bezug auf andere zu befragen. Das gleiche Prinzip wird auf allen Seiten beständig verfolgt.
Danach wurden sie durch einen weiteren Fall von Nachsicht versucht: „Und es geschah, als sämtliche Kriegsleute aus der Mitte des Volkes weggestorben waren, da redete der Herr zu mir und sprach: Du wirst heute die Grenze von Moab, von Ar, überschreiten, und wirst in die Nähe der Kinder Ammon kommen; du sollst sie nicht befeinden und dich nicht in Streit mit ihnen einlassen“ (V. 16–19). Aber die gleiche Pflicht bleibt für sie bestehen. Daraus sehen wir, dass es bloße Unwissenheit ist, anzunehmen, dass es in dem Buch keine göttliche Ordnung gibt; und dies ist, denke ich, im fünften Buch Mose, wenn möglich, deutlicher zu erkennen als in den vorhergehenden Büchern. Wir können alle eine passende Anordnung verstehen, wo es Vorbilder gibt, die alle in einer aufeinanderfolgenden Weise angeordnet sind; aber hier in diesen moralischen Ermahnungen ist es, wenn auch auf eine andere Weise, genauso sinnvoll. Auch in diesem Fall haben wir die Tatsache, dass es in den vorangegangenen Tagen viele Kämpfe gegeben hatte. Die Kinder Moabs hatten ihre Kriege gehabt. Gab es da irgendeinen Grund, dass die Kinder Israels jetzt mit ihnen Krieg führen sollten? Und was die Kinder Ammons betrifft, so hatten auch sie ähnliche Erfahrungen gemacht. In früheren Zeiten hatten dort Riesen gewohnt, und die Ammoniter nannten sie Samsummim. Sie waren „ein großes und zahlreiches und hochgewachsenes Volk, wie die Enakim; und der Herr vertilgte sie vor ihnen, und sie vertrieben sie und wohnten an ihrer statt“ (V. 21). Aber das war kein Grund, warum sie erwarten sollten, dass der Herr jetzt die Ammoniter vernichten würde. Beides waren starke Anreize, sich nicht vor den kanaanitischen Völkern zu fürchten, die zur Ausrottung bestimmt waren.
So wurde ein ausgeprägter Sinn für Disziplin im Volk aufrechterhalten, und vor allem die Abhängigkeit von dem und das Vertrauen auf den Herrn. Sie sollten sich einfach nicht von dem leiten lassen, was der Herr in seiner Vorsehung mit Ammon, Moab oder Esau getan hatte, sondern von seinem Willen in Bezug auf sie selbst. Das war für Israel eine Lektion von größter Wichtigkeit. Mögen wir sie selbst nicht vergessen! Die Gunst des Bundes würde sicherlich genauso viel für Israel tun, wie die Vorsehung für Moab und Ammon getan hatte!
All dies geht einer weiteren Lektion voraus. Es ist gut, hier anzumerken, dass Vers 24 genau parallel zu Vers 13 ist; dass es nicht Mose in Vers 13 ist, sondern der Herr, der in beiden Fällen „macht euch auf“ und so weiter befiehlt; und dass die Verse 10‒12 eine Klammer mit lehrreicher Vorgeschichte zum moralischen Gewinn sind, wie die Verse 20‒23. „Macht euch auf, brecht auf und zieht über den Bach Arnon“ (V. 24a). Nun kommt eine weitere Verheißung: „Siehe, ich habe Sihon, den König von Hesbon, den Amoriter, und sein Land in deine Hand gegeben“ (V. 24b). Hier werden sie also zum Handeln aufgefordert. Es fällt auf, dass es in diesem Kapitel zunächst nicht um Aktivität, sondern um Unterwerfung geht. Es mag für Israel anstrengend genug sein und war es zweifellos auch, die Unfreundlichkeit der Edomiter, Ammoniter und Moabiter gelassen hinzunehmen; aber ganz gleich, welche Provokation es gab, ganz gleich, wie sehr sie von ihnen beleidigt wurden (und das wurden sie), Israel darf die Hand nicht gegen seine Brüder erheben; denn der Herr erinnert sie an den Zusammenhang und gibt diesen Völkern den engsten Namen, der möglich ist ‒ ihre Brüder. Edomiter oder Moabiter oder Ammoniter, gefühllos und geneigt, Israel zu verletzen, dennoch würde Gott sein Volk dazu erziehen, sich an die natürliche Verbundenheit zu erinnern: Wenn Schläge kamen, würde Gott den Übeltäter nicht vergessen. Bis dahin sollten sie sich nicht bei ihren Verwandten einmischen, auch wenn sie eifersüchtig und unfreundlich waren.
Aber Israel wird zum Handeln aufgerufen: „Macht euch auf, brecht auf und zieht über den Bach Arnon. Siehe, ich habe Sihon, den König von Hesbon, den Amoriter, und sein Land in deine Hand gegeben; beginne, nimm in Besitz und bekriege ihn! An diesem Tag will ich beginnen, deinen Schrecken und deine Furcht auf die Völker unter dem ganzen Himmel zu legen, die die Kunde von dir hören und vor dir zittern und beben werden. Und ich sandte Boten aus der Wüste Kedemot zu Sihon, dem König von Hesbon, mit Worten des Friedens“ (V. 24–26). Ist das nicht sehr bemerkenswert? Welch ein Unterschied zwischen Gottes Verhalten gegenüber seinem Volk und dem Verderben, das der Mensch bewirkt! Wenn wir zum Beispiel die Art und Weise vergleichen, in der Mose unter der Leitung Gottes die Israeliten führen sollte, und die Art und Weise, in der Mohammed das Wort zu einer Fabel für ehrgeizige Ziele und die Zulassung menschlicher Begierden und Leidenschaften pervertierte, wer sieht da nicht den Unterschied? In dem einen Fall gab es die gründliche Sichtung und Prüfung seitens Gott ‒ bei wem am meisten? Mit den Feinden? Überhaupt nicht, sondern mit seinem eigenen Volk. Im Umgang mit ihm legte Er einen höheren Standard und gebrauchte weitaus mehr Strenge. Es gab eine unvergleichlich größere Strenge des Gerichts bei den Kindern Israels als bei allen ihren Feinden zusammen. Man beachte die Tatsache, die uns hier vor Augen geführt wird: Nicht ein einziger Mann aus der Gemeinde des Herrn, die Ägypten verließ, zog in das Heilige Land ein, außer zwei Personen, die sich von Anfang an durch den Glauben mit der Herrlichkeit des Herrn identifizierten. Wo sonst findet man eine solch eifrige Sorgfalt wie diese? Es ist zugegeben, dass sie nicht alle auf dieselbe Weise umkamen, aber sie fielen alle in der Wüste. Was auch immer die Schläge waren, die auf Sihon oder auf Og oder auf irgendeinen der anderen fielen; was auch immer die Wege Gottes mit Moab und Ammon danach oder sogar mit Ägypten waren, nie wurde eine solch schonungslose Strenge gesehen wie bei Israel.
Wenn der Mensch eine Gesellschaft aufbaut, wenn er eine Religion oder ein anderes System gründet, wie ganz anders ist dann sein Vorgehen! Welch geringe Zensuren, wenn überhaupt, welche offenkundige Bevorzugung der eigenen Partei, wo sie am meisten Tadel und Zurechtweisung oder vielleicht noch strengere Maßnahmen verdient! Auf der anderen Seite gibt es keine Barmherzigkeit, sondern unbarmherzige Strenge, die immer denen auferlegt wird, die sich wieder verbrüdern, ganz zu schweigen von der unaufhörlichen Feindschaft gegenüber denen, die verdammen und sich widersetzen. Aber im Fall Israels erzwang Gott eine weitaus gründlichere Disziplin auf allen ihren Wegen. Gegenüber den Völkern draußen wurde kein Zwang ausgeübt. In besonderen Fällen nahm das Gericht in vollem Umfang seinen Lauf. War so etwas auch dort die Regel, wo der Mensch die Bibel für seine eigenen Zwecke in Anspruch nahm? Bei Mohammed war es anders. Er mochte anderen kein so freizügiges Zugeständnis gewähren, wie er es sich selbst zugestand. Ich will nicht näher darauf eingehen. Wir alle wissen, dass es für den unglücklichen, eigensinnigen Menschen natürlich ist. Aber es gab nie ein System, das dem bösen Herzen des Menschen mehr entgegenkam und es in seiner Gewalttätigkeit gegen andere und in seinen verdorbenen Begierden für sich selbst befriedigte, als diese furchtbare Hochstapelei. Während es sogar in Gottes Umgang mit einer Nation nach dem Fleisch (und das ist die Wahrheit in Bezug auf Israel hier) eine bewundernswerte Kontrolle des Menschen und ein Zeugnis der göttlichen Regierung gab, obwohl das Gesetz nichts zur Vollkommenheit brachte. Christus war noch nicht offenbart, sondern der Mensch unter der Prüfung des Gesetzes und seiner Verordnungen und Beschränkungen, behandelt als in der Welt lebend und im Hinblick auf dieses gegenwärtige Leben unterwiesen. Doch trotz alledem, obwohl es nur die Darstellung der Regierung Gottes mit einer Nation war (nicht vollständig wie bei Christus, sondern provisorisch durch Mose), gibt es keinen Bruchteil davon, der nicht, wenn er offen untersucht wird, die Güte und die Heiligkeit Gottes beweist, so sehr wie er auch auf der anderen Seite die Widerspenstigkeit des Menschen, des auserwählten Menschen, sogar des Volkes Gottes, illustriert.
Schauen wir uns in diesem Fall die Grundsätze der Zucht des Herrn an. Hat Er Israel dazu ermächtigt, Sihon mit Rachedrohungen zu zwingen oder durch Schmeicheleien zu gewinnen? Hat Er ihm das Buch des Gesetzes mit der einen Hand und das Schwert mit der anderen angeboten? Nichts dergleichen. Sieh, wie der Herr selbst diese Feinde Israels behandelt hat. „Lass mich durch dein Land ziehen! Nur auf der Straße will ich gehen, ich will weder nach rechts noch nach links abbiegen; Speise sollst du mir für Geld verkaufen, dass ich esse, und Wasser sollst du mir für Geld geben, dass ich trinke. Nur mit meinen Füßen will ich durchziehen“ (V. 27.28). Doch es heißt: „Aber Sihon, der König von Hesbon, wollte uns nicht bei sich durchziehen lassen; denn der Herr, dein Gott, hatte seinen Geist verhärtet und sein Herz verstockt, damit er ihn in deine Hand gäbe, wie es an diesem Tag ist. Und der Herr sprach zu mir: Siehe, ich habe begonnen, Sihon und sein Land vor dir hinzugeben; beginne, nimm in Besitz, damit du sein Land besitzest. Und Sihon zog aus, uns entgegen, er und sein ganzes Volk, zum Kampf nach Jahaz. Aber der Herr, unser Gott, gab ihn vor uns hin; und wir schlugen ihn und seine Söhne und sein ganzes Volk“ (V. 30–33). Israel blieb auf dem Weg des Rechts und der Höflichkeit. Sihon stürzte sich auf sie zu seinem eigenen Verderben; und nur so schlug und enteignete Israel den König von Hesbon.