Behandelter Abschnitt 4. Mose 19,11-19
Das Wasser der Reinigung
Wir kommen jetzt zu der Verordnung über die Anwendung der Asche. „Wer einen Toten berührt, irgendeine Leiche eines Menschen, der wird sieben Tage unrein sein. Dieser soll sich am dritten Tag damit entsündigen, und am siebten Tag wird er rein sein; und wenn er sich nicht am dritten Tag entsündigt, so wird er am siebten Tag nicht rein sein. Jeder, der einen Toten berührt, die Leiche eines Menschen, der gestorben ist, und sich nicht entsündigt, hat die Wohnung des Herrn verunreinigt; und diese Seele soll ausgerottet werden aus Israel. Weil das Wasser der Reinigung nicht auf ihn gesprengt wurde, ist er unrein; seine Unreinheit ist noch an ihm“ (V. 11–13).
Es ist eine ernste Sache, mit Gott in Verbindung zu stehen, mit ihm täglich in einer verunreinigten Welt den Weg zu gehen. Er kann in denen, mit welchen Er in seiner Gnade den Weg geht und in denen Er wohnt, keine Unreinheit dulden. Er kann verzeihen und die Sünde auslöschen; Er kann heilen, reinigen und wiederherstellen. Aber Er kann das ungerichtete Böse nicht gutheißen oder es bei seinem Volk dulden. Täte Er es, dann würde Er damit seinen Namen und seine Natur verleugnen. Diese Wahrheit ist sehr ernst und zugleich sehr segensreich. Es ist unsere Freude, es mit einem Gott zu tun zu haben, dessen Gegenwart Heiligkeit verlangt und zusichert.
Wir gehen durch eine Welt, in der wir von verunreinigenden Einflüssen umgeben sind. Es ist wahr, heutzutage verunreinigt man sich nicht, indem man „eine Leiche, ein Gebein oder ein Grab“ anrührt. Aber diese Dinge waren, wie wir wissen, Gegenbilder von moralischen und geistlichen Dingen, mit denen in Berührung zu kommen wir täglich und stündlich in Gefahr stehen. Deshalb brauchen wir bei allen unseren Gewohnheiten und Verbindungen eine heilige Wachsamkeit. Sonst werden wir verunreinigt und unterbrechen unsere Gemeinschaft mit Gott. Er muss uns in einem Zustand haben, der seiner würdig ist. „Seid heilig, denn ich bin heilig.“
Was aber hat zu geschehen, wenn wirklich eine Verunreinigung da ist? Wie soll sie weggetan werden? Hören wir die Antwort in der biblischen Sprache von 4. Mose 19: „Und man soll für den Unreinen vom Staub des zur Entsündigung Verbrannten nehmen und lebendiges Wasser darauf tun in ein Gefäß; und ein reiner Mann soll Ysop nehmen und ihn in das Wasser tauchen und soll auf das Zelt und auf alle Geräte und auf die Personen sprengen, die dort sind, und auf den, der das Gebein oder den Erschlagenen oder den Gestorbenen oder das Grab berührt hat. Und zwar soll der Reine auf den Unreinen sprengen am dritten Tag und am siebten Tag und ihn am siebten Tag entsündigen; und er soll seine Kleider waschen und sich im Wasser baden, und am Abend wird er rein sein“ (V. 17–19).
Es fällt auf, dass im 12. und 18. Vers eine zweifache Handlung vorgestellt wird: Es gibt eine Handlung am dritten Tag und eine Handlung am siebten Tag. Beide waren nötig, um die Unreinheit wegzutun, die durch die Berührung mit den oben bezeichneten verschiedenen Formen des Todes entstanden war. Doch was bedeutete diese doppelte Handlung, und was entspricht ihr in unserer eigenen geistlichen Geschichte? Ich meine, dies: Wenn wir aus Mangel an Wachsamkeit und geistlicher Energie Unreines anrühren und verunreinigt werden, so ist es möglich, dass wir uns dessen gar nicht bewusst sind; Gott aber weiß alles, was geschehen ist. Er sorgt für uns und sieht auf uns, nicht als ein zorniger Richter oder strenger Beurteiler, sondern als ein liebender Vater, der uns die Verunreinigung nie zurechnen wird, weil sie längst dem zugerechnet worden ist, der an unserer Stelle starb. Aber dennoch wird Er sie uns tief und eindringlich fühlen lassen. Er wird das Unreine treulich tadeln, und Er kann es umso kräftiger tun, weil Er es uns niemals zurechnen wird.
Der Heilige Geist bringt uns unsere Sünde in Erinnerung, und das verursacht einen tiefen Schmerz des Herzens. Dieser Schmerz, diese Trauer, kann eine Zeit lang anhalten. Sie kann Augenblicke, Tage, Monate und selbst Jahre lang dauern. Ich habe einen jungen Christen gekannt, der drei Jahre lang unglücklich war, weil er mit einigen weltlichen Freunden einen Ausflug gemacht hatte. Dieses Überzeugen durch den Heiligen Geist ist, wie ich meine, durch die Handlung am dritten Tag angedeutet. Zuerst bringt Er uns die Sünde ins Bewusstsein. Dann wendet Er – durch das geschriebene Wort – den Wert des Todes Christi auf unsere Seelen an als das Mittel, das der Befleckung, die wir so leichthin begingen, bereits entsprochen hat. Das entspricht der Handlung am siebten Tag. Es nimmt die Befleckung weg und stellt unsere Gemeinschaft wieder her.
Die Heiligkeit und die Gnade Gottes
Bedenken wir gut, dass wir auf keine andere Weise von einer Verunreinigung gereinigt werden können! Wir mögen versuchen, die Sache zu vergessen, die Wunde oberflächlich zu heilen, uns wenig aus ihr zu machen oder es der Zeit zu überlassen, die Sache in unserem Gedächtnis zu verwischen. Aber das alles wird nicht nur nichts helfen; sondern es ist auch sehr gefährlich. Nur weniges ist unheilvoller als das Spielen mit dem Gewissen oder den Forderungen der Heiligkeit. Und es ist auch genauso töricht, wie es gefährlich ist; denn Gott hat in seiner Gnade dafür gesorgt, dass die Verunreinigung beseitigt werden kann, die seine Heiligkeit aufgedeckt und verurteilt hat: Die Verunreinigung muss unbedingt weggetan werden, sonst ist Gemeinschaft mit ihm unmöglich. „Wenn ich dich nicht wasche, hast du kein Teil mit mir“ (Joh 13,8). Die Unterbrechung der Gemeinschaft eines Gläubigen entspricht der Ausrottung eines Gliedes aus der Gemeinde Israels.
Der Christ kann nie von Christus abgeschnitten werden; aber seine Gemeinschaft wird durch einen einzigen sündigen Gedanken unterbrochen. Dieser sündige Gedanke muss gerichtet und bekannt werden und die Befleckung durch ihn muss beseitigt sein, bevor die Gemeinschaft wiederhergestellt werden kann. Wir können sicher sein, dass wir unmöglich Gemeinschaft mit Gott haben und zugleich in der Sünde leben können. Das zu behaupten, wäre Lästerung des Namens und der Majestät Gottes. Nein, wir müssen ein reines Gewissen bewahren und der Heiligkeit Gottes Rechnung tragen, sonst werden wir sehr bald im Glauben Schiffbruch erleiden und völlig zusammenbrechen. Der Herr gebe uns, dass wir sorgfältig und vorsichtig und im Gebet unseren Weg gehen, bis wir den Leib der Sünde und des Todes abgelegt haben und an dem herrlichen Ort angelangt sind, wo man Sünde, Tod und Verunreinigung nicht mehr kennt!
Bei der Betrachtung der Verordnungen und Satzungen des levitischen Priestertums muss uns die eifersüchtige Sorgfalt auffallen, mit der der Gott Israels über seinem Volk wachte, damit es vor jedem verunreinigenden Einfluss bewahrt bliebe. Bei Tage und bei Nacht, mochten sie wachen oder schlafen, mochten sie daheim oder draußen, in der Familie oder in der Einsamkeit sein, überall wachte sein Auge über ihnen. Er wachte über ihrer Nahrung, ihrer Kleidung, ihren häuslichen Gewohnheiten und Einrichtungen. Er belehrte sie sorgfältig über das, was sie essen oder nicht essen, was sie tragen und nicht tragen durften. Er offenbarte ihnen sogar seine Gedanken darüber, wie sie diese oder jene Dinge anrühren und behandeln sollten. Kurz, Er umgab sie mit Schranken, die, wenn sie sie nur beachtet hätten, völlig hinreichend gewesen wären, dem ganzen Strom der Verunreinigung Widerstand zu leisten, dem sie auf allen Seiten ausgesetzt waren.
In alledem sehen wir deutlich die Heiligkeit Gottes, aber auch ebenso klar und bestimmt die Gnade Gottes. Während die göttliche Heiligkeit keine Verunreinigung an dem Volk dulden konnte, traf die göttliche Gnade reichliche Vorsorge zu ihrer Entfernung. Diese Vorsorge zeigt sich in unserem Kapitel unter zwei Formen: in dem Blut der Versöhnung und in dem Wasser der Trennung. Wunderbare Vorsorge! Würden wir nicht die reichen Vorkehrungen der göttlichen Gnade kennen, so würden uns die hohen Ansprüche der göttlichen Heiligkeit völlig überwältigen. Da wir aber der Gnade sicher sind, können wir uns von Herzen über die Heiligkeit freuen. Ein Israelit mochte schaudern, wenn er die Worte hörte: „Wer einen Toten anrührt, der wird sieben Tage unrein sein“, und: „Jeder, der einen Toten anrührt . . . und sich nicht entsündigt, hat die Wohnung des Herrn verunreinigt; und diese Seele soll ausgerottet werden aus Israel.“ Solche Worte konnten in der Tat sein Herz erschrecken und ihn ausrufen lassen: „Was soll ich tun? Unmöglich kann ich der Verunreinigung entgehen!“ Aber wie war es dann mit der Asche der roten Kuh? Was war es mit dem Wasser der Reinigung? Sie stellen das Gedächtnis an den Opfertod Christi vor, wie er durch die Kraft des Heiligen Geistes auf das Herz angewandt wird. „Dieser soll sich am dritten Tag damit entsündigen, und am siebten Tag wird er rein sein; und wenn er sich nicht entsündigt am dritten Tag, so wird er am siebten Tag nicht rein sein.“ Nur wenn man von den gnädigen Vorkehrungen Gottes Gebrauch machte, konnte die Verunreinigung entfernt werden.
Es handelte sich also nicht darum, ein neues Opfer darzubringen, und auch nicht um eine neue Anwendung des Blutes. Dies klar zu verstehen, ist besonders wichtig. Der Tod Christi kann nicht wiederholt werden. „Da wir wissen, dass Christus, aus den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über ihn. Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott“ (Röm 6,9.10). Durch Gottes Gnade stehen wir in dem vollen Verdienst und in dem Wert des Todes Christi. Aber wir sind auf allen Seiten von Versuchungen und Fallstricken umgeben; wir haben in uns böse Fähigkeiten und Neigungen; wir haben schließlich einen mächtigen Gegner, der immer bereitsteht, uns zu Fall zu bringen und von dem Weg der Wahrheit und Reinheit wegzubringen. Wir könnten deshalb keinen Schritt vorwärts kommen, wenn nicht Gott in seiner Gnade allem, was wir brauchen, entsprochen hätte durch den kostbaren Tod und durch die Sachwalterschaft unseres Herrn Jesus Christus.
Nicht nur hat das Blut Jesu Christi alle unsere Sünden abgewaschen und uns mit einem heiligen Gott versöhnt, sondern wir haben auch „einen Sachwalter bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten“ (1Joh 2,1). Jesus Christus lebt allezeit, um sich für uns zu verwenden, und Er vermag diejenigen völlig zu erretten, die durch ihn Gott nahen (vgl. Heb 7,25). Er ist immer in der Gegenwart Gottes für uns. Er vertritt uns dort und erhält uns auf dem göttlich vollkommenen Platz, auf den sein Versöhnungstod uns gebracht hat. Unsere Sache kann in den Händen eines solchen Sachwalters niemals verloren sein. Er müsste aufhören zu leben, bevor der schwächste seiner Heiligen umkommen könnte. Wir sind eins mit ihm, und Er ist es mit uns.