Verzicht auf persönliche Ehre
Aber es gab noch etwas anderes, was den Nasir kennzeichnete: Er sollte sein Haupt nicht scheren. „Alle Tage des Gelübdes seiner Absonderung soll kein Schermesser über sein Haupt gehen; bis die Tage erfüllt sind, die er sich für den Herrn absondert, soll er heilig sein; er soll das Haar seines Hauptes frei wachsen lassen“ (V. 5).
In 1. Korinther 11,14 erfahren wir, dass es für einen Mann eine Unehre ist, wenn er langes Haar trägt. „Lehrt euch nicht auch die Natur selbst, dass, wenn ein Mann langes Haar hat, es eine Unehre für ihn ist?“ Daraus lernen wir, dass zur Absonderung für Gott die Bereitschaft gehört, unsere natürliche Ehre oder Würde aufzugeben. Unser Herr tat es vollkommen. Er erniedrigte sich. Er entsagte seinen Rechten in allen Dingen. Er konnte sagen: „Ich bin ein Wurm und kein Mann“ (Ps 22,7). Er machte sich selbst zu nichts und nahm den letzten Platz ein. Er vernachlässigte sich selbst, während Er für andere sorgte.
Gerade dies aber tun wir so ungern. Wir stehen naturgemäß für unsere Ehre ein und suchen unsere Rechte geltend zu machen. Man hält solches Verhalten für männlich. Aber der vollkommene Mensch, Christus Jesus, handelte nicht so, und wenn wir Nasire zu sein wünschen, dann werden wir es auch nicht tun. Wir müssen der Würde der Natur entsagen und auf die Freuden der Erde verzichten, wenn wir in dieser Welt den Weg der völligen Absonderung für Gott gehen wollen.
Beachten wir auch hier wieder, dass es sich nicht um die Frage handelt, was recht oder unrecht ist. Für einen Menschen war es an sich recht, sich zu scheren oder Wein zu trinken; aber es war nicht recht, ja es war sogar ganz verkehrt, wenn ein Nasir es tat. Der Nasir war eben kein gewöhnlicher Mensch. Er war von allem, was üblich war, abgesondert, um einen besonderen Weg zu gehen, und er hätte diesen Weg verlassen, wenn er ein Schermesser gebraucht oder Wein angerührt hätte. Wenn darum jemand fragt: „Ist es nicht recht, die Freuden der Erde zu genießen und die Würde der Natur zu bewahren?“, dann ist die Antwort: „Es ist recht, falls wir wie alle anderen einfach als Menschen leben wollen; aber es ist ganz und gar verkehrt, wenn wir als Nasire zu leben wünschen.“
Das macht die Sache sehr einfach und antwortet auf tausend Einwände. Die Frage ist lediglich: „Was ist unser wirkliches Ziel?“ Möchten wir uns nur wie alle Menschen betragen, oder möchten wir als wirklicher Nasir leben? Nach der Sprache von 1. Korinther 3,3 sind die Ausdrücke: „nach Menschenweise wandeln“ und „fleischlich“ gleichbedeutend. Empfinden wir die Bedeutung, die Kraft einer solchen Schriftstelle, oder werden wir von dem Geist und den Grundsätzen einer Welt regiert, die ohne Gott und ohne Christus ist.
Wir sehen in 4. Mose 6, dass ein Nasir das Haupt seiner Weihe verunreinigte, wenn er Wein trank oder sein Haar schor. Das lehrt uns klar und deutlich, dass wir uns der Freuden der Erde enthalten und die Ehre und die Rechte der Natur verleugnen müssen, wenn unsere Seele einen Weg völliger Absonderung für Gott gehen will. Es kann nicht anders sein, weil Gott und Welt, Fleisch und Geist sich nie miteinander vereinigen können. Die Zeit wird kommen, wo es anders sein wird; aber jetzt müssen alle, die für Gott leben und im Geist wandeln wollen, von der Welt getrennt leben und „die Handlungen des Leibes töten“. Gott wolle uns in seiner großen Gnade befähigen, das zu tun!