Behandelter Abschnitt 3. Mose 14,8-9
Sieben Tage außerhalb seines Zeltes
„Und der, der zu reinigen ist, soll seine Kleider waschen und all sein Haar scheren und sich im Wasser baden; und er ist rein. Und danach darf er ins Lager kommen, aber er soll sieben Tage außerhalb seines Zeltes bleiben“ (V. 8). Der für rein erklärte Aussätzige konnte jetzt beginnen, etwas zu tun, das er vorher nicht einmal versuchen durfte: Er konnte sich reinigen, seine Kleider waschen, sein Haar scheren und, nachdem dies geschehen war, seinen Platz im Lager einnehmen, den Platz der anerkannten, öffentlichen Gemeinschaft mit dem Gott Israels, dessen Gegenwart im Lager die Entfernung des Aussätzigen nötig gemacht hatte. Nachdem das Blut in seiner versöhnenden Kraft angewandt worden ist, tritt die Waschung mit Wasser in den Vordergrund als ein Symbol der Wirkung des Wortes auf den Charakter, die Gewohnheiten und Handlungen eines Menschen, so dass dieser dadurch nicht allein in den Augen Gottes, sondern auch in den Augen der Gemeinde befähigt wird, in der öffentlichen Versammlung seinen Platz einzunehmen.
Aber obwohl der Aussätzige jetzt mit Blut besprengt, mit Wasser gewaschen und somit zu einer Stellung in der öffentlichen Versammlung berechtigt war, wurde es ihm doch noch nicht gestattet, in sein eigenes Zelt, d. h. in den vollen Genuss jener verborgenen, persönlichen Vorrechte einzutreten, die seinem besonderen Platz im Lager zukamen. Mit anderen Worten: Obwohl er die Versöhnung durch das vergossene und gesprengte Blut kannte und das Wort als die Richtschnur anerkannte, nach der seine Person und alle seine Gewohnheiten gereinigt und ausgerichtet werden sollten, musste er doch noch, in der Kraft des Heiligen Geistes, in den vollen, bewussten Genuss, seines besonderen Platzes und seiner besonderen Vorrechte in Christus gebracht werden.
Wie oft wird diese Wahrheit übersehen! Es gibt viele, die das Blut Christi als die alleinige Grundlage der Vergebung und das Wort als das einzige Mittel anerkennen, durch das ihre Gewohnheiten, Handlungen und Verbindungen gereinigt und geregelt werden müssen, die aber dennoch weit davon entfernt sind, durch die Kraft des Heiligen Geistes die Kostbarkeit und Vortrefflichkeit des Herrn zu genießen. Sie stehen auf dem Platz einer tatsächlichen Verbindung mit Christus, aber nicht in der Kraft persönlicher Gemeinschaft. Es ist vollkommen wahr, dass alle Gläubigen in Christus sind und als solche berechtigt zum praktischen Genuss der erhabensten Wahrheiten. Auch besitzen sie den Heiligen Geist als die Kraft der Gemeinschaft. Aber so wahr dies alles ist, schließt es doch nicht die Beiseitesetzung alles dessen, was der Natur angehört, in sich ein, die zu einer wahren Gemeinschaft mit Christus in den verschiedenen Seiten seines Charakters und seines Werkes notwendig ist. Freilich wird dies erst am „achten Tag“ voll und ganz verstanden werden, an dem Tag der Auferstehungs- Herrlichkeit, wo wir erkennen werden, wie wir erkannt sind.
Dann wird in der Tat jeder für sich, dann werden alle miteinander in die volle Gemeinschaft mit Christus eintreten und alle die wunderbaren Seiten seiner Person und die herrlichen Züge seines Charakters erkennen, wie sie in den Versen 10–20 unseres Kapitels beschrieben sind. Das ist die Hoffnung, die vor uns liegt. Aber schon jetzt können wir in dem Maß, wie wir durch den Glauben und die Kraft des Heiligen Geistes den Tod Christi auf uns selbst, auf die Natur und alles, was zu ihr gehört, anwenden, in der persönlichen Gemeinschaft mit Christus, in ihm unsere Speise und unsere Wonne finden. „Und es soll geschehen, am siebten Tag soll er all sein Haar scheren, sein Haupt und seinen Bart und seine Augenbrauen; ja all sein Haar soll er scheren und seine Kleider waschen und sein Fleisch im Wasser baden; und er ist rein“ (V. 9).
Es ist klar, dass der Aussätzige am ersten Tag, nachdem das Blut in seiner siebenfältigen oder vollkommenen Kraft auf ihn gesprengt war, nach dem Urteil Gottes ebenso rein war wie am siebten Tag. Worin bestand nun der Unterschied? Nicht in seiner Stellung oder in seinem Zustand, sondern in seiner persönlichen Einsicht und Gemeinschaft. Am siebten Tag wurde er berufen, sich von allem zu trennen, was der Natur angehörte. Er sollte verstehen lernen, dass nicht nur der Aussatz der Natur, sondern auch jede Zierde der Natur, ja alles, was natürlich war, alles, was dem alten Zustand angehörte, beseitigt werden musste.
Die Lehre zu kennen, dass Gott meine Natur als tot betrachtet, ist etwas ganz anderes, als mich selbst für tot zu „halten“ (Röm 6,11), den alten Menschen mit seinen Handlungen praktisch auszuziehen und meine Glieder, die auf der Erde sind, zu töten (Kol 3,5). Dies ist es wahrscheinlich, woran viele Christen denken, wenn sie von einer fortschreitenden Heiligung sprechen. Ihre Meinung ist nicht gerade verkehrt, aber sie fassen die Sache nicht genau so auf, wie die Schrift es tut. Der Aussätzige wurde für rein erklärt, sobald das Blut auf ihn gesprengt war, und dennoch musste er sich selbst reinigen. Wie ist das zu verstehen? In dem ersten Fall war er vor Gott rein.
In dem zweiten musste er praktisch, nach seinem persönlichen Verständnis und in seinem ganzen Äußeren, rein sein. So ist es auch mit dem Gläubigen. Er ist, als eins mit Christus, „gewaschen, geheiligt und gerechtfertigt“, „begnadigt“ oder „angenehm gemacht“ und „vollendet“ (1Kor 6,11; Eph 1,6; Kol 2,10). Das ist seine unveränderliche Stellung, sein Zustand vor Gott. Er ist ebenso vollkommen geheiligt wie vollkommen gerechtfertigt, denn nach dem Urteil und der Entscheidung Gottes in dieser Sache ist Christus der Maßstab für beides. Das Ergreifen dieser Wahrheiten sowie deren Darstellung in den Gewohnheiten und Wegen eines Gläubigen ist jedoch eine ganz andere Sache. Daher lesen wir: „Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (2Kor 7,1).
Weil Christus uns durch sein kostbares Blut gereinigt hat, sind wir berufen, uns selbst zu reinigen, indem wir das Wort durch den Geist auf uns anwenden. „Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus Christus; nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und durch das Blut. Und der Geist ist es, der Zeugnis ablegt, weil der Geist die Wahrheit ist. Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen: der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig“ (1Joh 5,6-8). Hier haben wir die Versöhnung durch das Blut, die Reinigung durch das Wort und die Kraft durch den Geist, alles gegründet auf den Tod Christi und alles lebendig veranschaulicht in den Anordnungen über die Reinigung des Aussätzigen.