Behandelter Abschnitt 3Mo 11,3
Tiere, die wiederkäuen und gespaltene Hufe haben
Was zunächst das Vieh betrifft, so waren zwei Dinge notwendig, um es als rein betrachten zu dürfen: Es musste gespaltene Hufe haben und wiederkäuen. „Alles, was gespaltene Hufe hat, und zwar ganz gespaltene Hufe, und was wiederkäut unter den Tieren, das sollt ihr essen“ (V. 3). Während nun aber diese beiden Merkmale bezüglich der Reinheit oder Unreinheit eines Tieres für die Unterweisung eines Israeliten genügend waren, ohne dass er sich darum zu kümmern brauchte, warum diese Merkmale gegeben wurden, ist es dem Christen erlaubt, nach der geistlichen Wahrheit zu forschen, die diesen gesetzlichen Bestimmungen zugrunde liegt.
Was bedeuten denn jene beiden Kennzeichen eines reinen Tieres? Das Wiederkäuen drückt den natürlichen Prozess des inneren Verdauens der genossenen Speise aus, während die gespaltenen Hufe für den äußeren Wandel charakteristisch sind. Zwischen beiden Dingen besteht in dem Leben des Christen bekanntlich eine enge Verbindung. Wer sich auf den grünen Weiden des Wortes Gottes nährt und das Genossene innerlich verdaut, wer ein ruhiges Nachsinnen mit einer sorgfältigen Prüfung unter Gebet und Flehen vereinigt, wird ohne Zweifel jenen Charakter des äußeren Wandels offenbaren, der zum Preis dessen ist, der uns aus Gnaden sein Wort gegeben hat, um unsere Gewohnheiten zu bilden und unser Verhalten zu beherrschen.
Es ist keine Frage, dass viele, die die Bibel lesen, das Wort nicht verdauen. Man kann nämlich Kapitel nach Kapitel und Buch auf Buch lesen und dennoch nicht eine Zeile davon verdauen. Man kann die Bibel aus stumpfer und nutzloser Gewohnheit lesen und, aus Mangel an wiederkäuender Kraft, an Verdauungsorganen, keinen Vorteil daraus ziehen. Das auf der Weide grasende Vieh kann uns in dieser Hinsicht eine heilsame Lehre geben. Zuerst nimmt es emsig das erfrischende Futter zu sich und dann legt es sich ruhig nieder, um das Genossene wiederzukäuen. Ein schönes Bild von einem Christen, der sich von dem köstlichen Inhalt des Wortes Gottes nährt und ihn dann innerlich verdaut! Möchte dies doch mehr unter uns gefunden werden! Wäre es mehr unsere Gewohnheit, uns mit dem Wort als der nötigen Speise unserer Seelen zu beschäftigen, so würden wir uns sicher in einem weit kräftigeren und gesunderen Zustand befinden. Hüten wir uns, die Bibel zu lesen als eine kalte Pflicht oder als ein Stück religiöser Gewohnheit.
Dieselbe Vorsicht ist auch in Bezug auf die Verkündigung des Wortes nötig. Möchten doch alle, die die Schrift anderen auslegen, zunächst sich selbst von ihr nähren und sie gründlich verdauen! Möchten sie sie im Verborgenen lesen und wiederkäuen, und zwar nicht für andere, sondern für sich selbst! Es ist eine armselige Sache, beständig anderen Speise bringen zu wollen und selbst vor Hunger umzukommen. Andererseits mögen diejenigen, die der öffentlichen Verkündigung des Wortes beiwohnen, darauf achten, dass sie es nicht mechanisch, bloß aus religiöser Gewohnheit tun, sondern vielmehr mit dem ernsten Verlangen, das, was sie hören, auch in sich aufzunehmen, zu bewahren und zu verdauen. Dann wird sowohl bei dem, der das Wort bringt als bei dem, der es hört, das geistliche Leben genährt und gepflegt, und der Weg wird zur Ehre Christi gereichen.