Behandelter Abschnitt 3. Mose 4,1-35
Das Sündopfer
Die Beziehung des Volkes zu Gott und das persönliche Gewissen
Wir verlassen nun die Opfer „lieblichen Geruchs“ und kommen zu den „Opfern für die Sünde“. Wir finden sie in zwei Klassen eingeteilt, nämlich in Sündopfer und Schuldopfer.
Vom Sündopfer gab es drei oder, wenn man will, vier Arten:
1. das Opfer für den gesalbten Priester
2. für die ganze Versammlung
3. für einen Fürsten und
4. für jemand vom Volk des Landes
Die beiden Ersteren unterschieden sich bezüglich ihrer Gebräuche und Zeremonien nicht voneinander (vgl. V. 3–12 mit V. 13–21). Das Ergebnis war dasselbe, ob der Stellvertreter der Gemeinde oder die Gemeinde selbst gesündigt hatte. In diesem Fall wurden drei Dinge davon berührt: die Wohnstätte Gottes in der Versammlung, die Anbetung der Versammlung und das persönliche Gewissen, und da für diese drei das Blut so grundlegend wichtig war, finden wir in diesen beiden Arten des Sündopfers drei Verrichtungen mittels des Blutes.
Zunächst wurde es „siebenmal vor dem Herrn gesprengt gegen den Vorhang des Heiligtums hin“ (V. 6). Dadurch wurde die Verbindung des Herrn mit dem Volk und sein Wohnen in seiner Mitte sichergestellt. Dann lesen wir: „Und der Priester tue von dem Blut an die Hörner des Altars des wohlriechenden Räucherwerks, der im Zelt der Zusammenkunft ist, vor dem Herrn.“ Dies sicherte die Anbetung der Versammlung. Dadurch, dass das Blut auf den „goldenen Altar“ gebracht wurde, blieb die wahre Grundlage der Anbetung aufrechterhalten, so dass die Flamme des Weihrauchs und dessen Wohlgeruch beständig emporsteigen konnten. Endlich musste der Priester „alles Blut des Stieres an den Fuß des Brandopferaltars gießen, der am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft ist“ (V. 7). Hierdurch wurde den Bedürfnissen des persönlichen Gewissens völlig entsprochen, denn der eherne Altar war die Stätte des persönlichen Hinzunahens, der Ort, wo Gott dem Sünder begegnete.
In den beiden übrigen Arten des Sündopfers für einen „Fürsten“ und für „jemand vom Volk des Landes“ handelte es sich nur um das persönliche Gewissen, und darum wurde mit dem Blut nur eine Handlung vollzogen. Der Priester musste es „an den Fuß des Brandopferaltars gießen“ (vgl. V. 7 mit V. 25.30). In diesem allem zeigt sich eine göttliche Genauigkeit.
Der Unterschied zwischen dem Opfer für einen „Fürsten“ und dem für „jemand vom Volk des Landes“ bestand darin, dass für Ersteren „ein Ziegenbock ohne Fehl“ und für Letzteren „eine Ziege ohne Fehl“ geschlachtet werden musste. Die Sünde eines Fürsten übte natürlich einen größeren Einfluss aus als die einer gewöhnlichen Person, und darum war eine kräftigere Anwendung des Wertes des Blutes erforderlich.
Im 5. Kapitel finden wir sogar Fälle, wie z. B. unbedachtsames Schwören oder das Anrühren von Unreinem, die eine noch geringere Anwendung des Sündopfers erlaubten. Hier war selbst „ein Zehntel Epha Feinmehl zum Sündopfer“ (V. 11) genügend, um Sühnung zu tun. Doch wie groß der Unterschied zwischen einer durch den Ziegenbock des Fürsten und einer durch die Handvoll Feinmehl des armen Mannes dargestellten Versöhnung auch sein mochte, so heißt es doch in beiden Fällen: „Und es wird ihm vergeben werden.“ Kapitel 5,1–13 gehört eigentlich zu Kapitel 4 und stellt mit ihm die Lehre des Sündopfers in allen seinen Teilen dar, von dem jungen Stier bis zur Hand voll Feinmehl. Zu Beginn jeder Opferklasse finden wir die Worte: „Und der Herr redete zu Mose.“ Sie finden sich zu Beginn der Opfer des lieblichen Geruchs (Kap. 1,1), dann zu Beginn des Sündopfers (Kap. 4,1), ferner zu Beginn des Schuldopfers für Versündigungen „an den heiligen Dingen des Herrn“ (Kap. 5,15) und endlich zu Beginn des Schuldopfers für ein an dem Nächsten begangenes Unrecht. Diese Einteilung ist wunderschön einfach und erleichtert sehr das Verständnis der verschiedenen Opferklassen. Die verschiedenen Grade in jeder Klasse – sei es ein junger Farre, ein Ziegenbock, eine Ziege, eine Taube, oder eine Handvoll Feinmehl – scheinen ebenso viele verschiedene Anwendungen derselben großen Wahrheit zu sein.
Die Wirkung der persönlichen Sünde ging nicht über den Bereich des persönlichen Gewissens hinaus. Die Sünde „eines Fürsten“ oder von „jemanden vom Volk des Landes“ konnte in ihrem Einfluss weder den „Räucheraltar“, den Ort der priesterlichen Anbetung, noch den Vorhang „des Heiligtums“, die heilige Grenze der Wohnstätte Gottes in der Mitte seines Volkes, berühren. Das ist beachtenswert. An der Stätte der priesterlichen Anbetung oder, mit anderen Worten, in der Versammlung sollte niemals von persönlichen Sünden oder Fehltritten die Rede sein. Diese Dinge müssen beim persönlichen Hinzunahen in Ordnung gebracht werden. Viele irren in dieser Beziehung. Sie erscheinen in der Versammlung oder an der Stätte der priesterlichen Anbetung mit einem befleckten Gewissen und ziehen so die ganze Versammlung herab und hindern ihre Anbetung. Wenn wir fehlen, was ja leider so vielfältig geschieht, dann lasst uns im Verborgenen mit unseren Fehlern zu Gott kommen, damit die wahre Anbetung und die wahre Stellung der Versammlung stets lebendig und klar vor der Seele stehen.