Behandelter Abschnitt 1Mo 3,4
Die Autorität des Wortes Gottes
Nichts ist von größerem Interesse als die Art und Weise, wie das Wort und der erforderliche unbedingte Gehorsam gegen dieses Wort überall in den Büchern der Schrift in den Vordergrund gestellt werden. Wir sind dem Wort Gottes einfach darum Gehorsam schuldig, weil es sein Wort ist. Wir nehmen den Platz des Geschöpfes ein. Er ist der Schöpfer. Er kann deshalb mit Recht Gehorsam von uns fordern. Der Unglaube mag das einen „blinden“ Gehorsam nennen, aber der Christ nennt es einen „einsichtsvollen“ Gehorsam, weil er weiß, dass es das Wort Gottes ist, dem er gehorcht. Wenn ein Mensch das Wort Gottes nicht kennt, so kann mit Recht von ihm gesagt werden, dass er sich in Blindheit und Finsternis befindet, denn die einzige Quelle göttlichen Lichtes in dieser dunklen Welt ist das reine und ewige Wort Gottes.
Alles, was wir wissen müssen ist, dass Gott gesprochen hat. Dann wird der Gehorsam zur höchsten Art einsichtsvollen Handelns. Wenn die Seele sich zu Gott erhebt, hat sie die höchste Quelle der Autorität erreicht. Kein Mensch oder irgendeine menschliche Gesellschaft kann für ihr Wort Gehorsam fordern, weil es das ihrige ist. Wenn z. B. eine kirchliche Gemeinschaft Gehorsam gegen ihre Verordnungen und Satzungen fordert, so reißt sie dadurch das Vorrecht Gottes an sich, und alle, die ihnen Gehorsam leisten, berauben Gott seiner Rechte. Eine solche Gemeinschaft stellt sich zwischen Gott und das Gewissen, und wer kann dies ungestraft tun? Wenn Gott spricht, ist der Mensch verpflichtet zu gehorchen. Glückselig, wenn er es tut! Wehe ihm, wenn er es versäumt! Der Unglaube fragt, ob Gott überhaupt gesprochen hat, der Aberglaube stellt eine menschliche Autorität zwischen mein Gewissen und das, was Gott gesprochen hat - in beiden Fällen beraube ich mich des Wortes und, als natürliche Folge, des Segens des Gehorsams.
Keine Handlung des Gehorsams bleibt ungesegnet, aber sobald die Seele zögert, gewährt sie dem Feind einen Vorteil, den er ganz bestimmt benutzen wird, um sie weiter und weiter von Gott zu entfernen. Das vor uns liegende Kapitel liefert den Beweis dafür. Auf die Frage: „Hat Gott wirklich gesagt?“ folgte die Zusicherung: „Ihr werdet durchaus nicht sterben“ (V. 4). Das heißt also: Zuerst wurde infrage gestellt, dass Gott gesprochen hatte, und dann folgte offener Widerspruch gegen Gottes Wort. Diese ernste Tatsache zeigt, wie gefährlich es ist, eine Frage bezüglich der Fülle und Echtheit der Aussage Gottes im Herzen aufkommen zu lassen. Ein verfeinerter Rationalismus ist nahe verwandt mit dem offenen Unglauben, und der Unglaube, der das Wort Gottes zu beurteilen wagt, ist nicht weit entfernt vom Atheismus, der die Existenz Gottes leugnet. Eva wäre wohl kaum ruhig stehen geblieben, als die Schlange Gott widersprach, wenn sie nicht vorher der Gleichgültigkeit gegenüber seinem Wort Raum gegeben hätte. Ihr Unglaube machte schnelle Fortschritte, und sie ertrug den Widerspruch eines Geschöpfes gegen Gott aus dem einfachen Grund, weil sein Wort die Autorität über ihr Herz und Gewissen verloren hatte.
Das ist eine ernste Warnung für alle, die in Gefahr sind, von den Schlingen des Rationalismus umstrickt zu werden! Es gibt nirgends wahre Sicherheit, als nur in dem unerschütterlichen Glauben an die göttliche Eingebung und unumschränkte Autorität der ganzen Heiligen Schrift. „Und es gibt gar nichts Neues unter der Sonne“ (Pred 1,9). Das gleiche Böse, das heute in ganz Europa die Quellen aller religiösen Gedanken und Gefühle verdirbt, führte im Garten Eden das Herz Evas ins Verderben. Der erste Schritt auf ihrer abschüssigen Bahn war ihr Horchen auf die Frage: „Hat Gott wirklich gesagt?“ Und dann ging sie von Stufe zu Stufe weiter, bis sie sich endlich vor der Schlange niederbeugte und sie als ihren Gott und als die Quelle der Wahrheit anerkannte.
Ja, die Schlange verdrängte Gott, den Herrn, und die Lüge der Schlange trat an die Stelle der Wahrheit Gottes. So war es mit dem gefallenen Menschen, und so ist es mit den Nachkommen des gefallenen Menschen. In dem Herzen des nicht wiedergeborenen Menschen findet das Wort Gottes keinen Platz, wohl aber die Lüge der Schlange. Man braucht das menschliche Herz nur einer Probe zu unterwerfen, und man wird entdecken, dass es so ist. Daher hat das zu Nikodemus gesprochene Wort so große Bedeutung: „Ihr müsst von neuem geboren werden“ (Joh 3,7).