Behandelter Abschnitt Mal 1,2-5
Die Undankbarkeit Israels
„Ich habe euch geliebt, spricht der Herr; aber ihr sprecht: ‚Worin hast du uns geliebt?‘ - War nicht Esau der Bruder Jakobs?, spricht der Herr. Und ich habe Jakob geliebt, Esau aber habe ich gehasst“ (Mal 1,2-3).
Sicherlich war der Vorzug, den der Herr Jakob und seinem Samen gab, ganz und gar kostenlos; auf dieser Gnade und nicht auf den Verdiensten des Volkes beruhte dieser Bund. Sie hätten für die geringsten Segnungen dankbar sein sollen, die ihnen aufgrund dieser Gunst zuteilwurden. Der Herr war für sie immer derselbe, wie Er es für ihre Väter gewesen war. Als Beweis dafür, neben vielen anderen Beweisen für seine fortwährende Güte, Geduld, Fürsorge und Treue zu ihnen, hätten sie Judäa nur mit Idumäa (dem Land Edom, d. h. den Nachkommen Esaus) vergleichen müssen. Das Land Edom war verwüstet worden, „seine Berge“ waren „zur Wüste gemacht und sein Erbteil für die Schakale“ (1,3). Der Herr sagt zu dessen Bewohnern: „Sie werden bauen, ich aber werde niederreißen; und man wird sie nennen ‚Gebiet der Gottlosigkeit‘ und ‚das Volk, dem der Herr in Ewigkeiten zürnt‘“ (1,4). So erhob sich Edom nie aus seinen Trümmern, während die Kinder Juda in ihr Land zurückgebracht wurden, ihre Stadt wieder aufgebaut, ihr zerstörter Tempel wieder errichtet und ihre Anbetung wiederhergestellt wurde: das ist es, was die Augen Israels hätten sehen müssen, das ist es, was ihre Herzen hätten verstehen müssen. Dafür hätten sie Gott loben und mit einer Ihm würdigen Lebensweise danken müssen. Aber leider wurden ihre Augen schnell blind dafür; ihr von Stolz erfülltes Herz führte sie bald zu jener Unabhängigkeit, die für Menschen, die die Güte Gottes missachten, so natürlich ist. So wurde der Ungehorsam, der nur die Folge der Unabhängigkeit ist, zum Kennzeichen all ihrer Taten, selbst bei denen, die behaupteten, den Herrn anzubeten.