Hier folgt die Synopsis von JND, am Ende des Abschnittes beim Trennstrich folgt noch eine Vers für Vers Auslegung des Epheserbriefes von JND
___________________________________
Synopsis
Behandelter Abschnitt Eph 3,1-21
Dieses ganze Kapitel ist ein Zwischensatz. Es entwickelt „das Geheimnis“ und stellt zugleich in dem Gebet, mit dem es endet, die zweite Seite des Charakters Gottes dar, von der im Anfang des Briefes die Rede war, nämlich den Charakter Gottes als Vater unseres Herrn Jesus Christus. Auf diese Weise wird dieser Gegenstand hier eingeführt. Das 1. Kapitel teilt uns die Ratschlüsse Gottes mit, wie sie in sich selbst sind, und redet am Schluss davon, dass Gott Christum auferweckt und Ihn droben über alles gesetzt hat. Das 2. Kapitel beschreibt Sein Wirken, in dem Er andere mit Christo lebendig macht und die ganze Versammlung bildet, und zwar aus den in Christo Auferweckten, die durch die Gnade aus Juden und Heiden genommen werden. Wir haben so zunächst Gottes Gedanken und dann Sein Tun. Das 3. Kapitel handelt von der dem Paulus in dieser Hinsicht anvertrauten Verwaltung; es spricht besonders von der Einführung der Heiden auf demselben Boden, wie die Juden eingeführt sind. Letzteres war das ganz Neue in den Wegen Gottes.
Paulus war ein Gefangener, weil er den Nationen das Evangelium gepredigt hatte - ein Umstand, der den besonderen Charakter seines Dienstes sehr klar ans Licht stellte. Dieser Dienst wird hier, der Hauptsache nach, wie in Kolosser 1 dargestellt; nur wird der ganze Gegenstand im Kolosserbrief kürzer behandelt und der wesentliche Grundsatz und Charakter des Geheimnisses nach dem Platze, den es in den Ratschlüssen Gottes einnimmt, dem Zweck des Briefes entsprechend, nur von einer besonderen Seite aus betrachtet. Hier im Epheserbrief versichert uns der Apostel, dass er das Geheimnis durch eine besondere Offenbarung empfangen habe. Er hatte das den Ephesern, wenn auch kurz, so doch in Worten dargestellt, die geeignet waren, sein Verständnis in dem Geheimnis des Christus klar ans Licht zu stellen. Dieses Geheimnis war in vergangenen Zeiten nie kundgetan, aber jetzt den Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden. Der Leser wird bemerken, dass die Propheten, von denen hier die Rede ist, ganz augenscheinlich Propheten des Neuen Testaments sind, denn die Mitteilungen, die ihnen gemacht wurden, werden dem Maß des Lichtes gegenübergestellt, das in den früheren Zeitaltern gegeben war. Nun, das Geheimnis war in allen früheren Zeiten verborgen geblieben; es konnte ja auch nicht anders sein, denn wenn die Heiden mit den Juden auf gleichen Boden gestellt worden wären, so wäre dadurch das Judentum, so wie Gott Selbst es an geordnet hatte, zerstört worden. Gott hatte sorgfältig eine Zwischenwand der Umzäunung errichtet. Die Pflicht des Juden war, diese Umzäunung aufrecht zu halten; er sündigte, wenn er sie nicht genau beachtete. Das Geheimnis hat sie beseitigt. Die alttestamentlichen Propheten, auch Moses selbst, hatten zwar angekündigt, dass die Nationen sich eines Tages mit dem Volke Israel freuen würden; aber Israel blieb trotzdem ein abgesondertes Volk. dass die Nationen Miterben und Miteinverleibte sein sollten, unter Aufhebung jedes Unterschiedes, entsprach allerdings dem ewigen Vorsatz Gottes vor Grundlegung der Welt, aber es war völlig in Gott verborgen geblieben; es bildete keinen Teil der Geschichte der Welt oder der Wege Gottes mit ihr, noch der geoffenbarten Verheißung Gottes.
Es ist ein wunderbarer Vorsatz Gottes, der, indem Er Erlöste mit Christo im Himmel, wie einen Leib mit seinem Haupte, vereinigte, ihnen einen Platz im Himmel gab. Denn obwohl wir auf dieser Erde pilgern und die Behausung Gottes im Geiste auf dieser Erde bilden, ist dennoch in den Gedanken Gottes unser Platz im Himmel.
In dem kommenden Zeitalter werden die Nationen gesegnet werden; aber Israel wird, wie gesagt, ein besonderes und abgesondertes Volk bilden. In der Versammlung ist jeder irdische Unterschied beseitigt: wir sind alle eins in Christo, als auferweckt mit Ihm.
So wandte sich das Evangelium des Apostels an die Heiden, um ihnen diese gute Botschaft zu verkündigen nach der Gabe Gottes, die dem Paulus durch die Wirksamkeit Seiner Kraft verliehen worden war; er predigte ihnen nicht einfach einen Messias nach den den Vätern gegebenen Verheißungen, einen jüdischen Christus, sondern einen Christus, dessen Reichtum unausforschlich war. Niemand vermöchte die Erfüllung der Ratschlüsse und die Offenbarung der Natur Gottes bis zum Ende hin und in ihrer ganzen Entfaltung in Christo zu verfolgen. Es ist der unbegreifliche Reichtum eines Christus, in dem Gott Sich Selbst geoffenbart und in dem alle Gedanken Gottes erfüllt und entfaltet sind. Diese Vorsätze Gottes hinsichtlich eines Christus, der das Haupt Seines Leibes, der Versammlung, das Haupt über alles im Himmel und auf Erden ist, eines Christus, der Gott ist, geoffenbart im Fleische, waren jetzt kundgemacht und insoweit erfüllt, wie das Sammeln der Miterben zu einem Leibe ging. Saulus, der eingefleischte Feind Jesu, selbst wenn Er vom Himmel her durch den Heiligen Geist als Messias angekündigt wurde, und deshalb der schlechteste aller Menschen, wird durch die Gnade ein Paulus, das Werkzeug und der Zeuge dieser Gnade, um den Nationen solch unausforschliche Reichtümer zu verkündigen. Das war sein apostolischer Dienst im Blick auf die Nationen. Es gab noch einen anderen, nämlich: alle zu erleuchten hinsichtlich dieses Geheimnisses, das von Grundlegung der Welt her in Gott verborgen gewesen war. Das entspricht den beiden Teilen des Dienstes des Apostels, die sich in Kol 1,23-25 näher bezeichnet finden, so wie der 27. Vers in jenem Kapitel zu dem 17. in diesem passt. Gott, der alle Dinge erschaffen hat, hatte diesen Gedanken, diesen Vorsatz vor der Schöpfung, damit, wenn Er die ganze Schöpfung Seinem Mensch gewordenen und verherrlichten Sohne unterwerfen würde, dieser Sohn Mitgenossen in Seiner Herrlichkeit haben möchte, die Ihm gleich wären, Glieder Seines Leibes (geistlicher Weise), lebend von Seinem Leben.
Der Apostel verkündigte den Nationen die unausforschlichen Reichtümer des Christus, die ihnen an den Ratschlüssen Gottes in Gnade einen Anteil gaben. Er erleuchtete alle, nicht gerade betreffs des Geheimnisses, sondern der Verwaltung des Geheimnisses, das will sagen: nicht nur hinsichtlich des Ratschlusses Gottes selbst, sondern auch der Ausführung dieses Ratschlusses in der Zeit durch die Zusammenbringung der Versammlung unter Christo, ihrem Haupte. Er, der alles erschaffen hatte, um Seine Herrlichkeit darin zu entfalten, hatte dieses Geheimnis in Sich Selbst aufbewahrt, damit die Verwaltung des Geheimnisses, das jetzt in der Errichtung der Versammlung (Gemeinde) auf der Erde seine Offenbarung gefunden hatte, zu ihrer Zeit das Mittel sei, um den erhabensten der erschaffenen Wesen die mannigfaltige Weisheit Gottes kundzutun. Die Engel hatten die Schöpfung vor ihren Augen entstehen und sich entwickeln sehen; sie hatten die Regierung Gottes, Seine Vorsehung, Seine Gerichte, Sein Eintreten in Güte und Liebe auf der Erde in Christo angeschaut. Hier aber war eine völlig neue Art von Weisheit, etwas ganz außerhalb der Welt Stehendes, das bisher im Herzen Gottes verschlossen, in Ihm verborgen geblieben war, so dass es keine Verheißung oder Prophezeiung darüber gab; der besondere Gegenstand Seines ewigen Vorsatzes, in einer eigenartigen Weise mit dem Einen verbunden, der der Mittelpunkt und die Fülle des Geheimnisses der Gottseligkeit ist - ein Etwas, das seinen besonderen Platz in der Vereinigung mit Christo hatte und das, obwohl auf Erden geoffenbart und mit Christo zum Haupt der Schöpfung gesetzt, eigentlich keinen Teil derselben bildete. Es war ein neuer Teil derselben, eine neue Schöpfung, eine besondere Offenbarung der Weisheit Gottes ein Teil Seiner Gedanken, der bis dahin in dem Geheimnis Seiner Ratschlüsse aufbewahrt gewesen war, dessen gegenwärtige Verwaltung auf Erden, durch die Arbeit des Apostels, die Weisheit Gottes verkündigte nach Seinem bestimmten Vorsatz, dem ewigen Plan, den Er in Christo Jesu entworfen hatte. „In welchem“, fügt der Apostel hinzu, „wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an ihn“; es ist gemäß dieser neuen Beziehung, in die Gott uns gebracht hat, dass wir Ihm nahen. Jene Heidenchristen sollten daher nicht mutlos werden durch die Einkerkerung des Mannes, der ihnen das wunderbare Geheimnis verkündigt hatte; denn die Leiden des Apostels waren der Beweis und die Folge der herrlichen Stellung, die Gott ihnen geschenkt hatte, und worauf die Juden so eifersüchtig waren.
Diese Offenbarung der Wege Gottes stellt uns nicht, wie das erste Kapitel, Christum als Mensch vor, von Gott aus den Toten auferweckt, damit auch wir auferweckt werden möchten, um mit Ihm teilzuhaben, und damit auf diese Weise die Verwaltung der Ratschlüsse Gottes erfüllt würde. Sie stellt Ihn vielmehr vor unsere Blicke als den Mittelpunkt aller Wege Gottes, als den Sohn des Vaters, den Erben aller Dinge, als den Schöpfer-Sohn und den Mittelpunkt aller Ratschlüsse Gottes. Jetzt ist es der Vater unseres Herrn Jesus Christus, an welchen der Apostel sich wendet, wie es im ersten Kapitel der Gott unseres Herrn Jesus Christus war. Jede Familie (nicht „die ganze Familie“) reiht sich unter diesen Namen: „Vater unseres Herrn Jesus Christus.“ Unter dem Namen Jehova gibt es nur die Juden. „Nur euch habe ich von allen Geschlechtern der Erde erkannt“, hatte Jehova zu den Juden gesagt (Amos 3,2), „darum werde ich alle eure Missetaten an euch heimsuchen“; aber unter den Namen „Vater Jesu Christi“ reihen sich alle Familien: die Versammlung, Engel, Juden, Heiden. Alle Wege Gottes in dem, was Er zu Seiner Verherrlichung angeordnet hatte, wurden gleichsam unter diesen Namen zusammengebracht und standen zu demselben in Beziehung; und das, was der Apostel für die Heiligen, an die er schrieb, erbat, war, dass sie völlig zu erfassen vermöchten die ganze Tragweite dieser Ratschlüsse und die Liebe Christi, die für ihre Herzen den sicheren Mittelpunkt bildete.
Dieserhalb bittet der Apostel für die Heiligen, dass sie mit Kraft gestärkt werden möchten durch den Geist des Vaters unseres Herrn Jesus Christus, und dass der Christus, der der Mittelpunkt aller dieser Dinge in den Ratschlüssen des Vaters ist, auch in ihren Herzen wohnen und so der geistliche Einsicht verleihende Mittelpunkt all ihrer Erkenntnis und ihrer Liebe sein möchte - ein Mittelpunkt, der keinen die Aussicht begrenzenden Horizont fand; diese verlor sich vielmehr in der Unendlichkeit, welche Gott allein ausfüllte: Länge, Breite, Höhe und Tiefe12. Aber dieser Mittelpunkt, Christus, gab den Heiligen zugleich einen sicheren Platz, einen unbeweglichen und wohlbekannten Ruhepunkt in
Seiner Liebe, die ebenso unendlich war, wie die unermessliche Größe der Herrlichkeit Gottes in ihrer Entfaltung um Ihn her. „dass der Christus“, sagt der Apostel, „in euren Herzen wohne.“ So erfüllt Er, der alles mit Seiner Herrlichkeit erfüllt, Selbst das Herz, und zwar mit einer Liebe, die mächtiger ist als all die Herrlichkeit, deren Mittelpunkt Er ist. Er ist für uns die Kraft, die uns befähigt, in Frieden und Liebe alles, was Er getan hat, die Weisheit Seiner Wege und die gesamte Herrlichkeit, deren Mittelpunkt Er ist, zu betrachten.
Ich wiederhole: Er, der alle Dinge erfüllt, erfüllt vor allem unsere Herzen. Gott stärkt uns nach dem Reichtum jener Herrlichkeit, die Er, als Christo von Rechts wegen zugehörend, vor unseren staunenden Blicken entfaltet. Er kräftigt uns dadurch, dass der Christus mit der zärtlichsten Liebe in uns wohnt; und Er ist die Stärke unserer Herzen. Als solche, die gewurzelt und gegründet sind in Liebe, und die so, als den ersten Kreis ihrer Zuneigungen und Gedanken, diejenigen umfassen, die in demselben Verhältnis zu Christo stehen, d. h. alle Heiligen, die Gegenstände Seiner Liebe - als solche, die mit Ihm erfüllt sind und die sich im Mittelpunkt all Seiner Zuneigungen befinden und mit Seinen Gedanken übereinstimmen, versenken wir uns in den ganzen Umfang der Herrlichkeit Gottes; denn es ist die Herrlichkeit Dessen, den wir lieben. Und wo ist ihre Grenze? Sie hat keine: es ist die Fülle Gottes. Wir finden sie in dieser Offenbarung Seiner Selbst. In Christo offenbart Er Sich in all Seiner Herrlichkeit; denn Christus ist Gott über alles, gepriesen in Ewigkeit.
Indem wir aber nun in der Liebe bleiben, bleiben wir in Gott, und Gott in uns, und zwar in Verbindung mit der Entfaltung Seiner Herrlichkeit, wie Er sie in allem, was Er um Sich her gebildet hat, offenbart, um Sich Selbst darin darzustellen; damit Christus (und zwar Christus in der Versammlung, Seinem Leibe) der Mittelpunkt von allem diesem sei, und damit das Ganze die Offenbarung Gottes Selbst in Seiner ganzen Herrlichkeit bilde. Wir sind erfüllt zu der ganzen Fülle Gottes; und zu diesem Zweck wohnt Er in der Versammlung und wirkt in uns durch Seinen Geist. Daher ist der Wunsch und das Gebet des Apostels, dass „Ihm die Herrlichkeit sei in der Versammlung in Christo Jesu, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen“. Und lasst uns beachten, dass es sich bei diesem Wunsche um die Verherrlichung Dessen handelt, wovon der Apostel gesprochen hat. Es ist nicht, wie in Kap. 1 anschaulich, d. h. dass die Heiligen das erkennen möchten, was gewisslich wahr ist, sondern in ihnen: dass es wahr für sie sein möchte, indem sie durch Seinen Geist mit Kraft gestärkt werden. Es ist sehr schön zu sehen, wie der Apostel, nachdem er uns in die Unendlichkeit der Herrlichkeit Gottes eingeführt hat, uns zu einem bekannten Mittelpunkt in Christo zurückführt: „zu erkennen die Liebe des Christus“; aber nicht etwa um uns zu verkürzen. Diese Liebe ist, obwohl wir mit ihr vertraut sind, mehr eigentlich göttlich als die Herrlichkeit; sie übersteigt die Erkenntnis.
Beachten wir hier auch, dass der Apostel jetzt nicht bittet, Gott möge durch eine Kraft handeln, die, wie man es oft ausdrückt, für uns wirkt, sondern durch eine Kraft, die in uns wirkt13. „Er vermag über alles hinaus zu tun, über die Maßen mehr, als was wir erbitten oder erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt.“ Welch ein Teil für uns! Welch ein Platz ist uns in Christo gegeben!
12 Christus ist der Mittelpunkt der ganzen Entfaltung der göttlichen Herrlichkeit; aber als solcher wohnt Er in unseren Herzen, um uns sozusagen in diesen Mittelpunkt zu stellen und uns von da aus all die entfaltete Herrlichkeit erblicken zu lassen. Hierin könnten wir uns verlieren; doch der Apostel führt uns zu der wohlbekannten Liebe des Christus zurück, indes nicht als zu etwas Engerem, Begrenzterem, denn Er ist Gott, und diese Liebe übersteigt die Erkenntnis, so dass wir erfüllt werden zu der ganzen Fülle Gottes.↩︎
13 Hierdurch unterscheidet sich das Gebet im ersten Kapitel völlig von dem im dritten. Dort handelt es sich um Berufung und das Erbe in dem gewissen Vorsatz Gottes, und der Apostel bittet, dass die Heiligen diese Dinge kennen möchten, sowie die Kraft, die sie dahin brachte. Hier handelt es sich um das, was in uns ist, und er bittet, dass es wirklich da sein möge, und zwar als eine gegenwärtige Kraft in der Versammlung.↩︎
Vers für Vers Auslegung von JND
Behandelter Abschnitt Eph 3,1-6
Der Apostel hatte in den vorherigen Kapiteln die Hoffnung der Herrlichkeit und die Einheit des Leibes Christi dargelegt. Er hatte die Gabe des Heiligen Geistes als das Siegel und Unterpfand der Herrlichkeit vorgestellt, den Geist als den Mittelpunkt der Einheit; und während wir auf diese Herrlichkeit warten, ist die Kirche nicht nur Miterbe dieser Herrlichkeit in Hoffnung, sondern auch die Behausung Gottes durch den Heiligen Geist in der gegenwärtigen Zeit. Paulus zeigte uns in diesen beiden Kapiteln zuerst unsere gemeinsame Herrlichkeit mit Christus und später die Kirche, die Braut Christi und Behausung Gottes durch den Geist.
Jetzt sagt er, indem er die Nichtjuden in die Einheit des Leibes einführt: „Ich, Paulus, der Gefangene Christi Jesu für euch, die Nationen.“ Alles, was von Vers 1 bis zum Ende des Kapitels folgt, ist eine Einschaltung, wie wir aus dem 1. Vers von Kapitel 4 erkennen, wo wir lesen: „Ich, der Gefangene im Herrn.“ Was am Anfang von Kapitel 4 geschrieben ist, steht in Verbindung mit dem Ende von Kapitel 2, wo wir gesehen haben, daß wir die Behausung Gottes, die Wohnung Gottes, sind. Das ist die Berufung von der gesagt wird: „Ich ermahne euch, . . . daß ihr würdig wandelt der Berufung, mit welcher ihr berufen worden seid.“ In einer solchen Stellung sind wir immer demütig. Das befähigt uns, würdig der geoffenbarten Berufung zu wandeln. Zu Beginn des Kapitels können wir Zweierlei bemerken, nämlich die persönliche Demut, die uns veranlaßt, in Einheit zu wandeln, und die individuellen Gaben. Da ist ein Leib und ein Geist. Nur die Gaben sind in einem jeden Glied des Leibes unterschiedlich. Kapitel 3 entfaltet ausführlich die Wahrheit, daß der Heilige Geist in Seiner Behausung, der Kirche, wohnt.
Paulus schreibt: „Ich, Paulus, der Gefangene . . . für euch, die Nationen usw.“ Die Folge davon ist, daß Paulus hinfort in Hinsicht auf die Kirche die Juden nicht über die Nichtjuden stellt. Durch die Böswilligkeit dieses Volkes wurde er ein Gefangener wegen seiner Liebe zu den Nichtjuden. Jetzt liefert Paulus sein Zeugnis dazu. „Daß die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber seiner Verheißung in Christo Jesu durch das Evangelium.“ Es ist erstaunlich, wie träge die Christen darin sind, die Weite der Ratschlüsse Gottes zu verstehen; denn Paulus war gezwungen, sich selbst bei den „Ephesern“, welche gewiß eine gesegnete Versammlung waren, zu fragen, ob sie ein Verständnis der Wege Gottes mit ihm, Paulus, besaßen. „Wenn ihr anders gehört habt.“
Im allgemeinen sind wir genötigt, uns viel mehr mit den Einzelheiten des christlichen Lebens zu beschäftigen als mit den großen Grundsätzen dieses Lebens. Gott ist langmütig. Doch es ist traurig, daß der Zustand der Kirche so ist, wie er ist. Wegen des Mangels an Geistlichkeit kann der Heilige Geist nicht vorangehen, um die Reichtümer der Gedanken Jesu zu entfalten. Dann ist Er gezwungen, sich mit dem Wandel zu beschäftigen, damit das Evangelium nicht verunehrt wird. Das Verständnis der Ratschlüsse Gottes hängt von der Treue im Wandel ab. Was für eine Folge wird ein treuer Wandel haben? - Er wird sich im Kampf mit allem befinden, insbesondere mit allem, was das Judentum vertritt! Unmöglich kann bei dem gegenwärtigen Stand der Welt ein treuer Gläubiger ohne Widerspruch bleiben; und die Tatsache, daß jemand mehr Licht hat, ruft sogar unter Christen Widerstand hervor. Davon ist Paulus ein treffendes Beispiel.
Der Apostel wiederholt häufig, daß die Kirche im Alten Testament nicht geoffenbart worden ist. Sicherlich bestätigen die Propheten des Alten Testaments die gesegnete Stellung der Kirche, insofern als diese Wahrheit darauf beruht, daß Gott den Segen sogar auf die Nationen ausbreitet. Von diesem Segen hatten sie (die Propheten) gezeugt. (Psalm 18,49; 5. Mose 32,43; Psalm 117). Dort sind es die Nationen, welche mit Gottes Volk zusammen frohlocken. Aber von dem, was die Kirche ausmacht, wird nirgendwo gesprochen. Im Kolosserbrief wird von Christus gesagt: „Christus . . . , die Hoffnung der Herrlichkeit.“ (Kolosser 1,27). Der Christus, den die Juden erwarteten, sollte ein persönlich anwesender Christus sein - ein Christus, Der Herrlichkeit mit Sich bringen würde. (Das wird auch am Ende statt finden). Somit war ein Christus, der in der Herrlichkeit nur eine Hoffnung war, unverständlich. Das war ein Geheimnis, von dem die Propheten niemals ein Wort geschrieben hatten. Sie hatten von einem Christus gesprochen, der dies oder das ausführen würde, aber niemals von einem Christus in uns als Hoffnung der Herrlichkeit für die Kirche. Christus, so wie Er in uns ist, stellt den praktischen und wirklichen Gesichtspunkt des Geheimnisses dar.
In Römer 16,25-26 lehrt der Apostel dieselbe Wahrheit, daß die Kirche ein Geheimnis war, das vor dem Tod Christi niemand kannte.2 Der Gedanke von einer Kirche stand immer vor Gott; aber das war verborgen. Paulus stützt sich in seinen Mitteilungen an die Nichtjuden auf das, was die Propheten hinsichtlich der Gnade Gottes an die Heiden geschrieben hatten und zitiert diese Propheten. (Römer 15,9-12). Es steht fest, daß die Verheißung eines Christus, der abgelehnt werden würde, eindeutig in den Propheten geschrieben steht. Wir wissen jedoch, daß dieses für die Juden ein Rätsel war. „Wir haben aus dem Gesetz gehört, daß der Christus bleibe in Ewigkeit.“ (Johannes 12,34). Der Gedanke, daß der Christus andere Glieder haben sollte, und zwar sogar aus den Heiden, war noch unbegreiflicher. Die Kirche ist mit Christus vereinigt; und falls wir die Kirche im Alten Testament finden wollen, müssen wir Christus Selbst suchen und sie in Ihm sehen. Blicke zum Beispiel auf Jesaja 50,8-9 - „Nahe ist, der mich rechtfertigt: Wer will mit mir rechten? laßt uns zusammen hintreten! Wer hat eine Rechtssache wider mich? er trete her zu mir! Siehe, der Herr, Jehova, wird mir helfen: wer ist es, der mich für schuldig erklären könnte?“ - und Römer 8,33!
Diese Aufforderung an die ganze Welt (denn Gott ist es, der uns rechtfertigt), welche in Jesaja von Christus ausgerufen wird, bezieht der Römerbrief auf die Kirche. Gott sieht ausschließlich Christus; und diese Wahrheit wird auf uns angewandt, weil wir mit Christus vereinigt sind. Wir sind in dem Geliebten angenommen. Die Idee von einem Volk, das mittelst eines geistlichen Lebens mit Christus eins ist, oder vielmehr eines Volkes, das in einem Geist mit Christus verbunden ist, Der sowohl in Ihm als auch in Ihnen wohnt, wurde im Alten Testament niemals berührt. Christus nahm damals noch nicht die Stellung als Haupt des Leibes ein; und folglich wurde auch der Heilige Geist noch nicht in dieser Weise mitgeteilt.
Die Apostel und Propheten, die Grundlage, auf welche die Kirche aufgebaut wird, sind nicht die Propheten des Altertums; denn wir sehen hier, daß die Wahrheiten jetzt diesen Propheten, von denen gesprochen wird, offenbar gemacht werden und nicht den Propheten vergangener Zeiten. Folglich sind es die Propheten des Neuen Testaments. In 1. Petrus 1,12 steht geschrieben, daß die Propheten alter Zeit wußten, daß die von ihnen mitgeteilten Wahrheiten nicht für sie selbst waren; und Vers 6 unseres Kapitels erklärt uns dieses Geheimnis, nämlich daß die Nichtjuden Miterben sind. Er verkündet uns die gute Botschaft, daß die Zwischenwand der Umzäunung durch den Tod Christi niedergerissen wurde, daß alles verschwunden ist, was einen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden machte, und daß Juden und Nichtjuden in Christus eins geworden sind. Wir sehen die Schwierigkeit, die der Apostel Petrus hatte, um diese Wahrheit zu erfassen (zum Beispiel bei Kornelius). Paulus war gezwungen, ihm in Antiochien ins Angesicht zu widerstehen. (Galater 2,11 ff.). Die antiken Juden hatten große Schwierigkeiten bei der Anerkennung dieser herrlichen Wahrheit und der Einheit der Kirche.
2 Ich bezweifle nicht, daß es sich in diesem Abschnitt bei den „prophetischen Schriften“ um die des Neuen Testaments handelt. Doch der Apostel benutzt ständig die Schriften des Alten Testaments, um zu zeigen, wie die Gnade sich auf die Nationen ausdehnt. (J. N. D.).↩︎